Tichys Einblick
Interview

Hans Michelbach (CSU) zur Grundrente ohne Prüfung: „Ich kann nur davor warnen“

Im Streit um die Grundrente ohne Prüfung will die Kanzlerin der SPD nachgeben. Der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach hält im TE-Interview dagegen: die SPD-Vorschläge führten am Ende zu „Geld für Nicht-Arbeit“

Hans Michelbach, 70, Bundestagsabgeordneter aus Franken und Unternehmer, ist stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und Obmann im Finanzausschuss

imago Images/photothek

TE: Der Streit um die Grundrente könnte, je nachdem, wie er ausgeht, zum Ende der Koalition in Berlin führen – oder die Unionsfraktion spalten. Warum wurde die Grundrente nicht schon längst beschlossen? Sie steht doch im Koalitionsvertrag.

Hans Michelbach: Die Grundrente könnte auch schon längst im Gesetzblatt stehen, wenn sie so beschlossen würde wie im Koalitionsvertrag vereinbart – nämlich mit einer Prüfung der Bedürftigkeit. Die Unionsfraktion wendet sich nicht gegen die Grundrente, sondern dagegen, einfach sehr viel Geld zu verteilen, ohne zu prüfen, ob jemand finanziell bedürftig ist. Eine Spaltung der Unionsfraktion vermag ich nicht zu erkennen.

Die SPD sieht gerade den Verzicht auf diese Prüfung als soziale Wohltat.

Das Gegenteil ist der Fall. Eine Grundrente, wie sie sich die SPD vorstellt, würde bedeuten, dass jemand mit niedriger Sozialrente, aber stattlichem Vermögen einen kräftigen Aufschlag auf die Rente bekäme. Finanziert würde das alles von den heute ohnehin schon stark belasteten Steuer- und Beitragszahlern. Das wäre alles andere als sozial. Wir brauchen auch Respekt vor der Leistung der Steuerzahler, die die Grundrente finanzieren müssen.

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Es gibt bereits einen ausgehandelten Koalitionsvertrag, der von der SPD in diesem Punkt in Frage gestellt wird. Und in dem sind Grundrente und Grundsicherung festgeschrieben. Bei der Grundsicherung ist eine Bedürftigkeitsprüfung vorgesehen, die auch von der SPD nicht in Frage gestellt wird. Meiner Meinung nach wäre es schlicht verfassungswidrig, wenn diejenigen, die Grundsicherung beantragen, ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen müssen – nicht nur Einkommen, sondern auch Vermögen – die Antragsteller auf Grundrente aber nicht.

Wir wollen denjenigen helfen, die bisher nach 35 Arbeitsjahren nur eine geringe Rente bekommen. Aber eben nur denjenigen, die diesen Zuschlag auf die Rente tatsächlich nötig haben.

Nun hat die Kanzlerin signalisiert, dass sie trotzdem der SPD-Forderung nachgeben will. Wie geht es nun weiter – und wie wird sich die Unionsfraktion verhalten?

Das ist die große Frage. Die Position der Unionsfraktion ist noch nicht ausdiskutiert. Wir befassen uns noch einmal in der nächsten Fraktionssitzung mit dem Thema.

Und Sie selbst als Obmann im Finanzausschuss bleiben trotz der Kompromisssuche der Koalitions-Führungen bei Ihrer Forderung nach einer Bedarfsprüfung?

Ich bleibe dabei, es so zu machen, wie wir es im Koalitionsvertrag verabredet haben. Ich kann nur davor warnen, davon abzuweichen. Als Nächstes sähen wir uns mit der Forderung konfrontiert, auch bei der Grundsicherung die Bedürfnisprüfung zurückzufahren. Am Ende landen wir dann beim bedingungslosen Grundeinkommen – als Geld für Nicht-Arbeit.

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