Tichys Einblick
CDU-Basis orientiert sich neu

Hans-Georg Maaßen will für den Bundestag kandidieren

Der frühere Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz wird voraussichtlich in einem Süd-Thüringschen Wahlkreis für ein Direktmandat der CDU kandidieren.

imago/IPON

Nach Informationen von TE haben mehrere Vorsitzende der CDU-Kreisverbände in Südthüringen beschlossen, Hans-Georg Maaßen die Direkt- Kandidatur bei der Bundestagswahl im Wahlkreis 196 für die CDU anzutragen. Hans-Georg Maaßen sagte: „Ich habe meine Bereitschaft dazu erklärt.“

Wegen Wahrheit gefeuert

Hans-Georg Maaßen war als Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz entlassen worden, weil er der Bundeskanzlerin öffentlich widersprochen hatte, nachdem sie von einer „Hetzjagd auf Ausländer in Chemnitz“ fabulierte. Anlass war der Tod des Chemnitzer Bürgers Daniel Hillig, der von einem syrischen und einem irakischen Flüchtling mit sechs Messerstichen tödlich verletzt worden war. Die Staatsanwalt eröffnete daraufhin ein Totschlagsverfahren. In den Tagen nach der Tat kam es zu Demonstrationen und Gedenkfeiern für den Ermordeten, die von der Bundesregierung als ausländerfeindlich diskreditiert wurden.

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So hat am 27. August 2018  Regierungssprecher Steffen Seibert Demonstrationen kommentiert: „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin“. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte am Folgetag in einem aus Südafrika übermittelten Interview: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun“. Dabei stützte sie sich auf ein 19-sekündiges Video, das eine Gruppe namens „Antifa Zeckenbiss“ verbreitet hatte.

Maaßen erklärte dagegen, dem Verfassungsschutz lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“. Auch lägen keine Belege für die Authentizität eines im Internet verbreiteten Videos vor, das eine solche mutmaßliche Jagd zeige.

„Hase, Du bleibst hier“

TE fand damals nach monatelangen Recherchen die Urheber dieses Videos, und enthüllt die Hintergründe. Aufgenommen wurde die Sequenz, weil eine Frau auf einem der Schweigemärsche nach dem provozierenden Auftritt von zwei Männern mit Migrationshintergrund unweit des Tatorts ihre Handy-Kamera anschaltete. Das Video dokumentiert jedoch keine Hetzjagd oder gar „Menschenjagd.“

Wahrheit findet ihren Weg manchmal spät
Das Chemnitz-Video: "Hase" spricht
Vielmehr zeigt es provozierende „Flüchtlinge“. Kathrin B., die das Video aufgezeichnet hat: »Sie waren aggressiv auf uns zugekommen und hatten uns angepöbelt und wohl auch, aber eben schwer verständlich, ‚Verpisst euch‘ gerufen. So haben wir das in Erinnerung.«

»Dann kam es zu einem körperlichen Kontakt mit den beiden, wobei einem unserer Freunde der Inhalt eines Bierbechers über seine Kleidung und wohl auch ins Gesicht geschüttet wurde.« Weil Kathrin B. erschrocken »jetzt kracht’s aber« gedacht hatte, habe sie die Handy-Kamera angeschaltet.

Kathrin B. befürchtete, dass auch ihr Ehemann Thomas B. in Richtung der aggressiv auftretenden Migranten losstarten würde und rief ihm auf dem Video deutlich vernehmbar zu: »Hase, Du bleibst hier!« Dieses Video wurde offenkundig von der Antifa entwendet und mit anderer Intention verbreitet.

Maaßens Darstellung war damit bestätigt. Sie passte aber offenkundig nicht in das von der Bundeskanzlerin gewollte Narrativ angeblicher „Ausländerfeindlichkeit“. Im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung sollte Maaßen zunächst von Innenminister Horst Seehofer zum Staatssekretär wegbefördert werden. Nach Protesten des Koalitionspartners SPD wurde Maaßen jedoch in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Das konservative Thüringen

Der Wahlkreis, in dem Maaßen möglicherweise antritt, gilt als besonders konservativ und umfaßt mit Rhön und Rennsteig noch christlich-konservativ geprägte Landstriche. Bislang wurde der Wahlkreis von Mark Hauptmann vertreten.

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Bei der Bundestagswahl 2017 erhielt Hauptmann im inzwischen umstrukturierten Bundestagswahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg die meisten Erststimmen (33,6 % – vor AfD, Linke und SPD) und zog in den 19. Deutschen Bundestag ein. Vier Jahre vorher gewann Hauptmann den Wahlkreis mit 42,0 % der Stimmen.  Am 25. März 2021 teilte die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft mit, dass sie gegen Hauptmann im Zusammenhang mit Maskengeschäften ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern eingeleitet hat. Nach massiven Bedrohungen seiner Familie und seines Unternehmen legte Hauptmann das Mandat nieder. Ihm wird außerdem vorgeworfen, dass er sich regelmäßig für die Belange des von China massiv bedrohten Taiwans und des politisch umstrittenen Aserbaidschans einsetzte und dass diese Länder sowie Vietnam Werbeanzeigen in dem von ihm herausgegebenen CDU-Lokalblatt Südthüringen Kurier geschaltet hatten.
Delegierte gegen Bundes-CDU

Über die endgültige Kandidatur entscheidet die Delegiertenkonferenz der CDU in diesem Wahlkreis. Nachdem sich die Vorsitzenden der Kreisverbände für Maaßen ausgesprochen haben, kann mit der Zustimmung der Basis gerechnet werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bundes-CDU massiven Einfluß nehmen wird, um Maaßen zu verhindern.

Die Kandidatur von Maaßen zeigt, dass die CDU sich im Umbruch befindet und die unteren Parteigliederungen gegen den Kurs der Bundes-CDU zu rebellieren beginnen. Viele Politiker der CDU fordern, der bisherigen inhaltliche Annäherung an die Grünen durch die Betonung der eigenen Inhalte und Wertvorstellung zu entgegnen. Die Kandidatur von  Maaßen wäre nach der Vorgeschichte ein Schlag ins Gesicht für Merkel.

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