Tichys Einblick
Schöne Bilder auf Steuerzahlerkosten

„Minister Eitel“ – 400.000 Euro für den Fotografen von Robert Habeck

Wirtschaftsminister Robert Habeck sucht einen neuen Fotografen – für 400.000 Euro mit vier Jahren Vertragslaufzeit. Er ist nicht der einzige, der Steuergeld für schöne Bilder ausgibt. Schon unter Merkel grassierte ein ähnlicher Missstand bei der Bezahlung für „Edelbilder“.

IMAGO / Fotostand

Löcher in den Strümpfen waren gestern: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sucht einen neuen Fotografen. Habeck, der früher mit seinem bodenständigen Image kokettierte, wenn er Wäsche auf dem Boden bügelte, handelt dabei wohl offenbar nach dem Motto „nicht kleckern, sondern klotzen“. Die Rahmenvereinbarung sieht bis zu vier Jahre Vertragslaufzeit mit einer Vergütung von 400.000 Euro vor – so berichtet die BILD-Zeitung. Die nennt ihn dafür prompt „Minister Eitel“.

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Das Bundeswirtschaftsministerium wiegelt ab: Es habe schon früher (2015 bis 2018) einen solchen Vertrag gegeben. Damals waren die SPD-Minister Sigmar Gabriel (2013–2017) und Brigitte Zypries (2017–2018) im Amt. Offenbar erscheint die Summe den Verantwortlichen angemessen. Dabei rechnet die BILD vor: Auch das Entwicklungsministerium von Svenja Schulze (SPD) agiert in ähnlichen Sphären (390.000 Euro in vier Jahren – meist nicht ausgeschöpft). Dass es auch anders geht, zeigt Bauministerin Klara Geywitz (SPD).

Zur Begründung heißt es aus dem Ministerium: Die Bundesregierung habe den Auftrag, „die Bürgerinnen und Bürger transparent über ihre Arbeit und Termine zu informieren“. Die Auftragsbeschreibung des Jobs auf Steuerzahlerkosten sieht fotografische Ministerbegleitungen „sowohl bei Auslandsreisen, Inlandsreisen, aber auch bei Terminen in Berlin“ vor. Ein Service, den unabhängige Fotografen auch so erledigen. Die Foto-Datenbanken, auf die Journalisten bei ihrer alltäglichen Arbeit zurückgreifen, bieten alltäglich Hunderte aktuelle Bilder der Angehörigen der Bundesregierung. Berlin wird längst von einem Heer professioneller Pressefotografen begleitet, das stets mitzieht, wenn Minister reisen. Ein „Hof-Fotograf“ ist also überflüssig.

Aber natürlich haben diese unabhängigen Dienstleister – nur wenige Pressefotografen sind bei Redaktionen fest angestellt – nicht unbedingt ein Interesse daran, die Objekte ihrer Berichterstattung in einem vorteilhaften Licht erscheinen zu lassen. Darum hatte zum Beispiel Angela Merkel für sich persönlich und andere Minister und öffentlich auftretende Mitarbeiter der Ministerien die Fotografin Laurence Chaperon angestellt. Die hat es tatsächlich oft geschafft, die Kanzlerin sehr vorteilhaft abzubilden. In der Merkel-affinen Presse wurden Chaperons Bilder bald zu Kult-Objekten. Chaperon hat zum Merkel-Kult, der gerade zu ihrem Abtritt nochmal aufflammte, viel beigetragen.

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Eine in der Presse oft genannte Deutung des Werkes von Chaperon war und ist, dass sie angeblich „hinter die Kulissen der Macht“ schauen lasse. Tatsächlich haben wohl wenige Personen in der Merkel-Ära so sehr dazu beigetragen, eine verklärende Kulisse der Merkel-Macht zu inszenieren, wie Chaperon. Sie stellte ihre unbestreitbare künstlerische Fähigkeit in Merkels Dienste – gegen Bezahlung. In Reportagen über Chaperon war dann von der „Kunst, die Kanzlerin zu fotografieren“, die Rede, während die Tatsache, dass die Kanzlerin dafür in sehr vielen Fällen die Steuerzahler bezahlen ließ, kaum erwähnt wurde. Kaum jemand im politischen Berlin hat an dieser steuerfinanzierten Bild-Propaganda je Anstoß genommen. Insofern dürfte diese Erfahrung auch für Habeck vielleicht nicht ganz unwesentlich dazu beigetragen haben, dass er sich nun auch einen eigenen Haus- und Hof-Fotagrafen zulegen möchte.

Zum Erfolg des Chaperon-Merkel-Deals, der, wie gesagt, auch zahllose andere Mitglieder und hunderte Mitarbeiter der Bundesregierung betraf, gehörte allerdings auch, dass der Wechsel Chaperons von der journalistischen Fotografin zur Auftragsfotografin der Kanzlerin und der Bundesregierung nie thematisiert wurde – und vor allem nicht, wie viel Steuerzahlergeld die Bundesregierung unter Merkel sich das kosten ließ. Das ist bei Habecks Fotografen-Suche nun immerhin anders.

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