Tichys Einblick
Immer mehr Risse im Gebälk

Habeck und Baerbock träumen beide vom Kanzlerstuhl

Habeck und Baerbock weiter im Land der Träume ++ Wasserstoff-Traumprojekt still und leise beerdigt ++ Verkündungstermin in Astrazeneca-Fall ++ Wahl von Pellegrini als Präsident der Slowakei stärkt Orbán ++

Das Unterhaltsamste zum Wochenbeginn: Die grünen Risse im Fundament des Wokismus sind unübersehbar, während Habeck und Baerbock ihren Ausflug ins Land der Träume unbeirrbar fortsetzen.

Im Verfahren gegen Astrazeneca am Oberlandesgericht Bamberg ist heute Verkündungstermin. Die Klägerin will Schadenersatz. Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen, daraufhin ging sie in Berufung. Der Zivilprozess dürfte zu den ersten gegen einen Corona-Impfstoffhersteller in Deutschland gehören. Das Gericht verkündet nun eine Entscheidung zu den Auskunftsansprüchen der Klägerin gegen Astrazeneca.

CDU und CSU dürften bei der EU-Wahl 2024 ihr Gesamtergebnis von 2019 mit 29 Prozent der Stimmen in etwa halten können. Zusammen 28 Mandate sagt eine Prognose des Pariser Marktforschers Ipsos, das wäre ein Sitz weniger als 2019. Auch die SPD soll ihren Sitzanteil halten mit 17 Prozent der Stimmen und 16 Mandaten. Grünen wie AfD gibt Ipsos je 16 Prozent und 15 Mandate. Die Grünen verlören damit sechs Sitze im Vergleich zur vorherigen EU-Wahl. Die AfD bekäme vier Abgeordnete mehr. Dem BSW werden 7 Prozent der Stimmen zugeschrieben, das wären sieben EU-Abgeordnete. Linke wie FDP kämen auf je 4 Prozent, müssten im Vergleich zu 2019 einen Sitz abgeben und hätten je vier Mandate. Die Freien Wähler stellten mit 3 Prozent drei Abgeordnete und somit einen mehr. Auch für andere Kleinparteien sind Mandate möglich, da für die EU-Wahl 2024 in Deutschland keine Sperrklausel greift. Insgesamt sitzen derzeit für die BRD 96 Mandatsträger im EU-Parlament. EU-weit werden 720 Abgeordnete bestimmt, 15 mehr als bei der Wahl 2019. Die Befragung wurde von Ipsos Mitte März für den Nachrichtensender Euronews durchgeführt. Die Wahlen finden EU-weit vom 6. bis 9. Juni statt. In Deutschland wird am 9. Juni gewählt.

In der Slowakei hat Peter Pellegrini die Wahl um die neue Präsidentschaft mit 53 Prozent in der Stichwahl gegen seinen Konkurrenten Ivan Korrock gewonnen. Während Korrockals prowestlich gilt, soll Pellegrini mit dem Kreml sympathisieren. Im Herbst wurde sein politisch Verbündeter Robert Fico als Ministerpräsident gewählt. Seitdem hat die Slowakei ihre Militärhilfe für die Ukraine eingestellt. Viktor Orbán nennt den knappen Sieg Pellegrinis einen „großen Sieg für die Befürworter des Friedens“.

Ein großes Habeck-Wasserstoff-Traumprojekt wurde offenbar stillschweigend beerdigt. Ein Konsortium mit Shell und Engie sollte eine große Anlage in Portugal bauen. Wie das Fachmagazin Hydrogen Insight jetzt berichtete, wurde das Vorhaben bereits im vergangenen Oktober aufgegeben. Es wird zwar immer noch als Vorzeigeprojekt auf einer Karte von Engie aufgelistet. Doch eine Pressesprecherin von Shell bestätigte jetzt: Zitat „Nach Abschluss einer Machbarkeitsstudie mit den Konsortialpartnern haben wir uns im vergangenen Jahr aus dem Projekt in Portugal zurückgezogen, weil wir zu dem Schluss kamen, dass es wirtschaftlich nicht tragfähig ist.“ Für das Projekt waren bereits mehrere Millionen Euro aus dem EU-Innovationsfonds bereitgestellt. Der Chef des Autokonzerns Stellantis, Carlos Tavares, betonte auf einer Online-Veranstaltung, die Kosten für „Wasserstoffmobilität“ seien doppelt so hoch wie für „Elektromobilität“. Vor etwa zwei Monaten hatte sein Unternehmen acht neue Brennstoffzellen-Vans auf den Markt gebracht. Wie Hydrogen Insight bereits im September letzten Jahres feststellte, wäre ein Toyota-Brennstoffzellenauto fast 14-mal teurer als ein vergleichbares Tesla-EV. Tavares fügte hinzu, dass Wasserstofffahrzeuge für „große Unternehmen“ geeignet sein könnten, aber nicht für „normale Bürger“.

In der Hauptstadt der grünen Träume Berlin hat sich die Ampel gerade auf die Finanzierung für den milliardenschweren Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes verständigt. Das Vorhaben könne nun in dieser Woche im Bundestag beraten und beschlossen werden, so die energiepolitischen Sprecher von SPD, Grüne und FDP. Anders als noch in der Vorlage von Klimaminister Habeck soll das 10.000-Kilometer-Netz jetzt nicht schon 2032, sondern bis spätestens 2037 stehen. Damit würden auch die Finanzierungslasten für die Betreiber gestreckt, betonte SPD-Expertin Nina Scheer. Zudem sollen im Pleitefall eines Betreibers nicht die anderen haften. „Wir haben erreicht, dass der Kernnetzaufbau privatwirtschaftlich erfolgt und schaffen nun attraktive Investitionsbedingungen für die Branche“, sagte der FDP-Experte Michael Kruse. Das Netz soll Industrie, Kraftwerke, Häfen und Speicher miteinander verbinden. Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNP) schätzen die Kosten auf knapp 20 Milliarden Euro.

Landwirtschaftsminister Özdemir dokumentierte seine Verbundenheit zur Natur in den sozialen Medien kniend vor Pflanzkübeln auf seinem Balkon mit Schürze und Handschuhen. Auf Instagram schreibt er, da besonderes Interesse für seine Balkonbepflanzung Tradition habe, sei das seine „botanische Kehrwoche“: „Mein Balkon wird so zu einem Buffet für Bienen und andere nützliche Insekten.“ Zu sehen ist in den Kübeln auf seinem Balkon Bambus. Der produziert weder Pollen noch Nektar, nutzt also Bienen – nichts. Das erinnert, wie vor einem Jahr das grüne ZDF Bienen als wichtige Bestäuber von Getreide anpries. Eine Animation des Senders zeigte in einer Dokumentation eine Biene auf einer reifen Getreideähre. An der ist gar nichts zu bestäuben, außerdem wissen Bauern, dass Getreide Selbstbestäuber ist. Irgendwie wird das nichts mit Grünen, Großstadt und den tieferen Geheimnissen von Natur und Landwirtschaft.

Nach dem Luftangriff auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in Damaskus mit mehreren Toten bereiten sich die USA offenbar aktiv auf einen „erheblichen“ Vergeltungsschlag des Irans vor. Laut US-Medien sind Ziel und Zeitpunkt der Attacke zwar noch unbekannt, aber Regierungsvertreter in Washington rechnen mit einem Angriff auf eine diplomatische Einrichtung Israels bis zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Israel teile diese Einschätzung. Beide Regierungen bereiteten sich intensiv auf einen iranischen Angriff vor, „der auf unterschiedliche Weise verlaufen könnte“. Sowohl Ziele der USA als auch Israels seien denkbar.

Markus Reisner, Oberst des Generalstabsdienstes des Österreichischen Bundesheers, war fast ein Jahrzehnt bei österreichischen Spezialkräften (Jagdkommando) tätig, zur aktuellen Lage im Ukrainekrieg: Russland versucht im Moment in seiner zweiten Winteroffensive, die Kräfte der ukrainischen Streitkräfte auf taktischer und operativer Ebene weiter abzunützen für Gewinne von günstigen Räumen zum Zweck eines Durchbruchs in die Tiefe, optimalerweise bis zum Dnepr. Hinzu träte die zweite russische Luftkampagne auf strategischer Ebene, die auf die kritische Infrastruktur der Ukraine ziele, mit deren Zerstörung der Kreml erreichen will, dass der militärisch-industrielle Komplex der Ukraine nicht mehr produzieren kann.

Eine Waffenruhe in Israel rücke näher, berichtet der ägyptische Fernsehsender Al-Kahera News. Delegationen der Hamas und von Katar hätten Kairo verlassen, sollen aber  innerhalb von zwei Tagen zurückkehren, um sich auf die Bedingungen des endgültigen Abkommens zu einigen. Die israelische und die US-Delegation wollen die ägyptische Hauptstadt ebenfalls vorerst verlassen, die Beratungen aber in den nächsten 48 Stunden fortsetzen. Eine offizielle Bestätigung der Fortschritte gab es zunächst nicht.

Treffen der Chefredakteure: Roland Tichy und Roger Köppel diskutieren über die Politik in Deutschland. Was hierzulande passiert, wird in der Schweiz später auch umgesetzt, analysiert Köppel.

Womit lassen Faeser-Scholz-Habeck-Baerbock dieser Tage von ihrem Versagen ablenken? Hier die nach oben offene Liste der Schlagzeilen:

  • Generalbundesanwalt plant Ermittlungsoffensive zur RAF
  • BSI warnt vor Cyberangriffen auf Schulen, Kitas und Landratsämter
  • Hofreiter bringt Streichung der EU-Mittel für Slowakei
  • Nouripour verteidigt Bezahlkarte für Flüchtlinge
  • Ethikrat-Vorsitzende drängt auf bessere Aufarbeitung der Pandemie