Tichys Einblick
Haushaltsdebatte

Robert Habeck hat genug von Ampel, Grundgesetz und Realität

Robert Habeck fordert ein gigantisches „Sondervermögen“ für die Wirtschaft. Das wäre ein Bruch der Koalition und der Verfassung. Außerdem bringt es der Wirtschaft nichts – aber darf die Realität einen Visionär wie Habeck einengen?

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne), Deutscher Bundestag, Berlin, 01.02.2024

IMAGO / Political-Moments

Nach neuesten Gerüchten hat sich Thomas Haldenwang schon die Telefonnummer der Realität gesichert. Denn die stellt sich „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck in den Weg. Und wer sich in Deutschland einem Grünen in den Weg stellt, ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Allerdings sucht Haldenwangs Inlands-Geheimdienst noch jemanden, der die Sprache der Realität spricht.

Scherz beiseite: „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck hat im Bundestag ein „Sondervermögen“ vorgeschlagen, mit dem er Steuersenkungen für die Wirtschaft finanzieren will. Das soll zehnmal so groß wie das „Wirtschaftschancengesetz“ sein. Ach was, wenn Robert schon mal in Fahrt ist, kann es gleich 50-mal so groß sein. Das wären dann 350 Milliarden Euro. Ernsthaft. Das hat Robert Habeck tatsächlich gefordert. Im Parlament. Vor Zeugen. Darunter Protokollanten. Das ist keine ironische Zuspitzung, keine Glosse – das ist die Forderung des deutschen Vizekanzlers.

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Das Angebot eines „Sondervermögens“ von 70 bis 350 Milliarden Euro hat der Vizekanzler an die CDU und ihren Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz gerichtet. Wobei „Sondervermögen“ 1984-Sprech für neue Schulden bedeutet. Die sind allein beim Bund bereits auf 1,7 Billionen Euro gestiegen, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.

Wollen wir so tun, als könnte man den „Wirtschaftsminister“ ernst nehmen und der Bundestag würde ein solches Paket tatsächlich beschließen. Dann wäre das nichts weniger als ein glatter Verfassungsbruch. Einen, auf den das Bundesverfassungsgericht vor gerade mal sieben Wochen hingewiesen hat. Schulden an der im Grundgesetz stehenden Schuldenbremse vorbei aufzunehmen, um das Geld über die nächsten Jahre verteilt auszugeben, ist demnach nicht zulässig. Doch Robert Habeck ist ein Poet, ein Vordenker – ja: ein Visionär. Frechheit, von ihm zu verlangen, sich an ein sieben Wochen altes Urteil zu erinnern.

Wechsel in die Gegenwart. In der hat Robert Habeck vielleicht eine Mehrheit von 99,7 Prozent bei Tina Hassel und den anderen Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Doch bei den „Ratten“ und „Schmeißfliegen“, wie Bundespräsident und FDP-Spitzenkandidatin das Volk nennen, hat Habeck nicht einmal mit der SPD eine Mehrheit. Er braucht die FDP im Bundestag. Eine Zumutung für Robert „da Vinci“ Habeck.

Der Fraktionsvize der FDP, Lukas Köhler – eigentlich ein Agora-Kumpel Habecks – sagt: Der „Wirtschaftsminister“ habe recht, die Steuerbelastung für die Wirtschaft senken zu wollen. Aber neue Schulden hält Köhler für falsch. Bliebe die Union, die Habeck mit seinem Angebot eines „Sondervermögens“ umworben hat. Deren Vize Jens Spahn (CDU) fordert, bevor er der Union Gespräche anbiete, solle Habeck erst einmal für den Zusammenhalt in der Ampel sorgen – ja, was wird dem Mann denn noch alles zugemutet.

Bliebe noch die Realität – der Endgegner der Ampel. In dieser Realität haben die Regierungen, an denen Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister und als Kanzler beteiligt war, mehrfach auf große und auf Schulden basierte Pakete gesetzt: Corona-Soforthilfen, Entlastungspaket I, Sondervermögen Bundeswehr, Entlastungspaket II, Transformationsfonds, Entlastungspaket III, und last but not least: der Doppelwumms. Das Ergebnis all dieser die deutsche Wirtschaft anregenden Pakete: 2,4 Billionen Euro Staatsschulden und eine Wirtschaft, die schrumpft, während sie in allen anderen Industrienationen wächst. Aber dieses Mal würde es klappen, denn die Idee kommt von Robert Habeck – okay, Schluss an der Stelle. Wir hatten versprochen auf ironische Zuspitzungen zu verzichten.

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