Tichys Einblick
Grünen-Kritiker soll vor Gericht

Wenn die Polizei grünenkritische Plakate runterreißt

Ein Unternehmer am Tegernsee soll wegen eines grünenkritischen Plakats 6.000 Euro zahlen. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art. Die Grenze des Sagbaren gilt dabei vor allem für die Kritiker der Habeck-Partei.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Anti-Grünen-Plakate sind ein Trend. In Düren etwa hing im Sommer 2023 an einer Firmenzentrale ein Foto von Außenministerin Annalena Baerbock und Robert Habeck, darunter der Spruch: „Wenn ein Clown in einen Palast einzieht, wird der Clown kein König, sondern der Palast wird zum Zirkus.“ Derselbe Unternehmer hatte beim Besuch von Olaf Scholz Bilder der Bundesregierung aufgehängt, wo diese als „die schlechte Regierung Europas“ bezeichnet wurde.

Ähnliches tat ein Immobilienunternehmer in Seligenstadt: Fünfmal hing ein Plakat, das sich gegen die Grünen richtete, auf seinem Grundstück. Fünfmal wurde es zerstört. Es zeigte sechs grüne Politiker, die als Sonnenblumen dargestellt und aus der Erde gerupft wurden. Dazu der Spruch: „Wir packen das Übel an der Wurzel.“ Der Streit um das Plakat eskalierte derart, dass die Kommunal-Grünen kurzerhand Vergleiche mit einer Hitlerrede herstellten, um das Spottplakat niederzumachen.

Ein neues Kapitel schlägt der Fall in Gmund am Tegernsee auf. Auch dort konnten Passanten wie Autofahrer aus der Ferne sehen, wie bedeutende Figuren aus den grünen Parteiriegen lächerlich gemacht wurden. Gleich zwei Plakate hängte ein Unternehmer dort auf – und während in Seligenstadt Unbekannte diese zerstörten, wurden sie hier offiziell von der Polizei entfernt.

Das erste Plakat zeigte Cem Özdemir, Ricarda Lang, Robert Habeck und Annalena Baerbock, vor einer Deutschlandfahne und Ruinen mit dem Spruch: „Wir machen alles platt“. Lang sitzt dazu auf einer Dampfwalze. Unten steht das Zitat von Robert Habeck „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen“.

Das zweite Plakat zeigt Robert Habeck mit dem (freien) Zitat: „Unternehmen gehen nicht insolvent, sondern hören nur auf zu produzieren.“ Dazu steht die Phrase: „Kann er überhaupt bis 3 zählen?“ Beide Banner hatte der Unternehmer bestellt, sie existieren auch in anderen Teilen Deutschlands.

In Bayern wurden dem Mann die Spottplakate jedoch zum Verhängnis. Bereits am 23. September 2023 beschlagnahmte die Polizei beide Banner. Die Staatsanwaltschaft beantragte Strafbefehl. Vorwurf: Verdacht der gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung. Das Amtsgericht Miesbach verdonnerte den Unternehmer zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro zu 40 Tagessätzen, wie der Cicero berichtet.

Doch der Grünenkritiker hat Einspruch erhoben. Sein Rechtsanwalt sieht gute Chancen. Die Plakate seien vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Am 21. März steht die Hauptverhandlung an.

Auch der Medienanwalt Ralf Höcker zeigt sich zuversichtlich. „Kritik an den Grünen soll jetzt strafbar sein. Wegen dieser rechtlich vollkommen zulässigen Plakate wurde ein Unternehmer erstinstanzlich wegen angeblicher Beleidigung verurteilt. Die Entscheidung ist ein Witz. In der zweiten Instanz wird das nicht halten“, prophezeit er auf X.

Der Prozess fällt nicht nur in eine Zeit, in der öffentliche, grünenkritische Banner immer häufiger werden – so hatte das beanstandete Plakat in Hanau keine Konsequenzen nach sich gezogen. Erst vor Kurzem hatten die Gerichte entschieden, dass etwa die Bezeichnung der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann als „Brechmittel“ zulässig sei. Andererseits wurde die deutsche Staatsanwaltschaft gegen den Blogger Hadmut Danisch aktiv, weil dieser Ricarda Lang als „dick“ bezeichnet hatte. Die Benennung des AfD-Politikers Björn Höcke als „Faschist“ oder „Nazi“ ließ ein Gericht dagegen gelten.

Dass dabei auch die Grünen selbst und ihre Anhänger nicht weniger zimperlich in den Ring gestiegen sind, steht dabei noch auf einem eigenen Blatt. Insbesondere in der letzten Woche verstiegen sich Politiker und Medien im Zuge der Correctiv-Affäre zu teils absurden Übertreibungen. Dagegen nimmt sich ein Plakat, das Robert Habecks eigene Worte nur gegen ihn selbst verwendet, deutlich harmloser aus – will man nicht Habecks eigene Worte als Beleidigung deuten.

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