Tichys Einblick
Keine Demonstration auf der Theresienwiese

Gruber macht den Rückzug

Überraschend hat Monika Gruber die Großdemonstration in München gegen die grüne Politik abgesagt. Der Kompromiss beim Heizungsgesetz stelle sie zufrieden. Das ist eine aus mehreren Gründen verwunderliche Ankündigung.

IMAGO / Smith
Die angekündigte Demonstration auf der Münchener Theresienwiese fällt aus. Dort wollte die Kabarettistin Monika Gruber den Protest gegen das anberaumte Heizungsgesetz der Ampel-Koalition anführen. Das Ziel: 100.000 Demonstranten. Nach den 13.000 Demonstranten in Erding eine ambitionierte Zahl. Aber die Stimmung im Land, so zeigte das Erdinger Ereignis, stand auf Grubers Seite. Der Genuss eines Erdingers hätte in den kommenden Tagen ein subversives Zeichen werden können, das Sympathie mit der neuen Demonstrationswelle ausdrückte.

Doch der mögliche Widerstand gegen die grüne Ideologie kollabiert schneller als vermutet. Gruber gab über eine Mitteilung an die tz an: der neue Kompromiss der Bundesregierung beim Heizungsgesetz sei dafür verantwortlich. Das verwundert aus mehreren Gründen. Denn ein Entwurf ist kein Gesetz und auch dieser Entwurf noch vage; und selbst wenn es um den Entwurf geht, dann ist fraglich, ob die geringfügigen Änderungen tatsächlich ausreichen, um die Demonstranten von Erding plötzlich zufriedenzustimmen.

Was jedoch am schwersten ins Gewicht fällt: Erding war kein bloßer Protest gegen ein Gesetz. Vielmehr war das Heizungsgesetz lediglich ein Anlass für eine deutliche Artikulierung des Unmuts über die „Gesamtsituation“, heißt das komplette Programm der Ampel-Regierung, das unter dem Slogan der „Transformation“ firmiert. Auch Gruber selbst hat in ihrer Rede nicht allein gegen die Wärmepumpenpflicht gewettert, sondern den Bogen viel allgemeiner gefasst. Es ging nicht um die Heizung, sondern die Ideologie dahinter.

Dasselbe gilt für den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Nicht nur Reizthemen wie Fleischkonsum und Gender standen auf dem Programm. Wer öffentlich davon spricht, sich die „Demokratie zurückholen“ zu wollen oder schweigende Mehrheiten bemüht, der zielt mit Sicherheit nicht nur auf einen einzelnen Gesetzesentwurf aus dem Hause Graichen-Habeck ab. Die Botschaft aus Erding lautete: die Regierung hat den Kontakt zur Erde verloren.

Was in Erding drohte, das war demnach gefährlicher als eine einzelne Demonstration gegen ein Heizungsgesetz. Es bündelte sich dort zum ersten Mal nach Corona der Unmut der Bürger in einer ernstzunehmenden Stärke. Insbesondere Markus Söder versuchte, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen und diese für sich zu gewinnen. Das Manöver scheiterte kolossal. Und dennoch: weil etablierte Parteienvertreter und der bayerische Ministerpräsident anwesend waren, konnte das Narrativ eines rechten Randes – trotz aller Diffamierungsbemühungen – nicht greifen. Und das alles diesmal nicht im Osten, sondern im Westen des Landes. Mit Gruber hatte der Protest ein politisch neutrales Gesicht.

Nun erklärt die Galionsfigur die Bewegung für erledigt, bevor sie wirklich begonnen hat. Vielleicht wurden CSU und FDP die Veranstaltung am Ende selbst unheimlich, weil sie die Zügel trotz Grubers Intervention verloren hatten. Für Söder war die Veranstaltung eine Düpierung. Möglich, dass er auf der Theresienwiese nicht mehr auftreten wollte, um der Bewegung die dringend benötigte Legitimation zu entziehen und sie zu einer Veranstaltung des rechten Randes oder – noch schlimmer! – der AfD zu degradieren. Aiwanger hat sich bisher nicht mehr geäußert, obwohl er der politische Profiteur von Erding war.

Grubers Rückzug kam nicht nur überraschend, sondern auch schnell. Mit den Anfeindungen im Zuge von Erding ging sie bisher gelassen um. Und da sie keine Verbindlichkeiten beim Bayerischen Rundfunk mehr besitzt, müsste sie auch darauf keine Rücksicht mehr nehmen. Zugleich gab es nicht nur aus den Sozialen Medien und der linken Politik, sondern auch von Berufskollegen Kritik. Kabarettist Christian Springer sprach von einem „unglaublichen Vorgang“, einem Kampf um „ultrarechte Stimmen“. Kollege Till Hoffmann nannte die kommende Veranstaltung auf der Theresienwiese eine „Geisterbahn“.

Überraschend: Bruno Jonas, der nicht aus dem konservativen Lager stammt, hatte vor Tagen seine Unterstützung zugesagt. Gruber habe „aus der Mitte der Gesellschaft“ diese Veranstaltung auf die Beine gestellt und sich als Bürgerin dieses Landes oppositionell Gehör verschafft. Dafür gebühre ihr allergrößter Respekt. „Wenn Gruber auf die Theresienwiese kommt, dann werde ich auf der Bühne an ihrer Seite stehen“, kündigte er an. Jonas hatte schon 2019 die eigene Szene kritisiert: „Wer den linken Laufstall überschreitet, wird als Abtrünniger behandelt. Das politische Kabarett ist nach und nach auf Linie gebracht worden.“

Die Einlassung zeigt, dass es nicht nur im gemeinen Volk, sondern auch medialen wie politischen Vertretern durchaus einen fruchtbaren Humus für eine solche Bewegung gäbe – weil die Grünen dieses Mal über das Ziel hinausgeschossen sind, und ihnen zum ersten Mal breiter Widerstand entgegentreten könnte. Doch das ist offenbar nicht gewollt. Es soll beim Narrativ einer Einzelaktion bleiben. Stattdessen haben nun SPD und Grüne zu einer „Demonstration der Vernünftigen“ aufgerufen. Eine Demonstration derjenigen, die nichts dagegen haben, aufgrund linker Ideologien die Enteignung des Bürgers voranzutreiben, während Inflation und Preissteigerung den Geldbeutel belasten. Bleibt mit Spannung zu erwarten, ob die guten Bürger Bayerns die 13.000 Bürger von Erding aufbringen.

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