Tichys Einblick
Heizungsdiktat nicht vor der Sommerpause

Selbst im Parteienstaat geht die Habeck-Debatte weiter

Kubicki für Beruhigung der Habeck-Debatte ++ FDP will Überprüfung aller Graichen-Gesetze ++ Auch SPD begrüßt Abberufung des Staatssekretärs ++ FDP-Fraktion hat einen Katalog mit insgesamt 101 Fragen an Habeck zum Gebäudeenergiegesetz ++ Klöckner sieht „systematisches Problem“ im Wirtschaftsministerium

dts
FDP-Vize Kubicki will keine Aufklärung des Agora-NGO-Netzes, seine Fraktion aber die Überprüfung aller Graichen-Gesetze und der FDP-Generalsekretär eine Aufschiebung der Verabschiedung eines Heizungsgesetzes bis nach der Sommerpause. Kevin Kühnert (SPD) will auch in der Causa Habeck nichts mehr hören, Amira Mohamed Ali (Linke) hält einen Rücktritt Habecks für nicht mehr ausgeschlossen.

Und so liest sich das auszugsweise im Blätterwald:

Vize-FDP-Chef Wolfgang Kubicki dringt nach der Versetzung von Staatssekretär Patrick Graichen auf eine Beruhigung der Debatte. „Ich hoffe sehr, dass Robert Habeck mit seiner heutigen Pressekonferenz zum Rückzug Patrick Graichens wieder Ruhe ins Schiff bringen konnte“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgabe). „Denn klar ist: Die wichtigen parlamentarischen Diskussionen über die Energiewende sollten tunlichst nicht von unaufgeräumten Baustellen im Bundeswirtschaftsministerium gebremst werden … Deshalb wäre es mein großer Wunsch, dass Robert Habeck jetzt schnellstmöglich wieder befreit seinen Geschäften nachgehen kann.“

Die FDP fordert eine Überprüfung aller Gesetze, an denen Patrick Graichen als Staatssekretär mitgewirkt hat. „Die von Staatssekretär Graichen angestoßenen Gesetzesvorhaben sollten vom Wirtschaftsminister nun auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden, allen voran das Gebäudeenergiegesetz“, sagte der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Angesichts des Macht-Vakuums in der Führungsspitze des Ministeriums sollte Minister Habeck einen neuen, realistischen Zeitplan für eine auf der Basis des Koalitionsvertrags ausgearbeitete Version des Heizungsgesetzes vorschlagen“, so der FDP-Politiker weiter.

„Ich halte eine Verabschiedung vor der Sommerpause für ausgeschlossen“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Bild“ (Donnerstagausgabe). „Es ist nicht entscheidend, wann das GEG verabschiedet wird. Entscheidend ist, dass es ein gutes Gesetz wird, das niemanden überfordert und viele Technologien ermöglicht“, sagte Djir-Sarai: „Die FDP-Fraktion hat noch viele Fragen an Robert Habeck. Solange die nicht beantwortet sind, können die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen.“ Die FDP-Fraktion will einen Katalog mit insgesamt 101 Fragen an Habeck nächste Woche offiziell eingereichen.

„Wir haben Robert Habecks Personalentscheidung mit Respekt zur Kenntnis genommen“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert dem „Tagesspiegel“. Mit dem Schlussstrich des Ministers unter eine wochenlange Debatte über sein Haus verbinde man die Erwartung, „dass nun wieder Sachpolitik in den Mittelpunkt rückt“. Die Hoffnung der Opposition, die Debatte über die Klima- und Energiepolitik „nicht inhaltlich, sondern rein personalpolitisch“ führen zu können, habe sich „zerschlagen“, so Kühnert. „Es wird Zeit, dass wir wieder um die richtigen Wege ringen, gerechten Klimaschutz zu organisieren.“

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, sieht die Entlassung von Staatssekretär Patrick Graichen als Ausdruck tiefgehender Defizite im Wirtschaftsministerium. „Das ist ein systematisches Problem aufgrund der engen Verflechtungen von grünen Regierungsmitgliedern, Klimaaktivisten, Lobbyverbänden und Instituten“, sagte die CDU-Politikerin und ehemalige Landwirtschaftsministerin dem „Spiegel“. Diese Vorgänge müssten nun weiter aufgearbeitet werden, damit „nicht das komplette Vertrauen in politische Vorgänge und Entscheidungen schwindet“.

„Dass Herr Graichen nicht zu halten ist, war spätestens nach der Sondersitzung vergangenen Mittwoch offensichtlich“, so Klöckner. Der Minister habe nun selbst zugegeben, dass die „Compliance-Brandmauer in seinem Ministerium Risse hat und weitere Verstöße offengelegt“. Als Ministeriumsspitze trage Habeck die Organisationsverantwortung für sein Haus. „Fehler werden gemacht, aber derartige vorsätzliche Verstöße gegen Regeln sind kein Lapsus.“

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hält Habeck nach der Versetzung seines Staatssekretärs Patrick Graichen in den Ruhestand für schwer beschädigt und einen Rücktritt Habecks für nicht mehr ausgeschlossen. „Je nachdem, was jetzt noch zu Tage gefördert wird, muss auch sein Verbleib im Amt zur Disposition gestellt werden“, sagte Mohamed Ali der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe). „Die Aufklärung muss weitergehen. Die Bürger haben ein Recht auf vollständige Klarheit darüber, welche persönlichen Verbindungen es in den Entscheidungsgremien dieser Bundesregierung noch gibt und welche finanziellen Interessen bedient wurden und werden“, sagte die Linken-Politikerin.

Dass Habeck selbst mit dem Agora-Club weitermachen will und wahrscheinlich ohne denselben weder kann noch darf, beschreibt Marco Gallina hier sicher nicht das letzte Mal:

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