Tichys Einblick
Jagd auf "Rechte" beim Bäcker

Fahndungsaufrufe: „Rechte Intellektuelle“

„Rechte“ Intellektuelle werden gejagt. Die taz gab den Ton vor: Man solle sie jagen, bis sie sich „nicht mehr zum Bäcker trauen“. ZEIT und WELT sind mit dabei. Wahn und Witz vermischen sich - und das ist das Problem.

Die Zeit, Screenprint: Welt

Fahnungsplakate im Muster der früher bekannten Plakate des Bundeskriminalamts im Zuge der Suche nach RAF-Terroristen in der ZEIT. Aber diesmal sind es nicht Mörder, die gesucht werden, sondern Intellektuelle und Schriftsteller.

Bei der WELT macht sich als „Rechter“ verdächtig, wer wie Uwe Tellkamp die gängige Einwanderungspolitik kritisiert. Vorwurf laut Welt hier: „Im Herzen Pegidist“.
WELT macht aus einem Quote auf einer Podiumsdiskussion eine Art geistige Rasterfahndung, beispielsweise bei Monika Maron: „Verteidigt Uwe Tellkamp.“

Gefährdet ist jeder, der vom erwünschten Jubelkurs abweicht, Beispiel Simon Strauß. Über ihn heißt es: „Gefährlichster Satz: Die AfD ist die drittstärkste Partei Deutschlands geworden, 94 Sitze im Bundestag für eine rechtskonservative Gruppierung, die sich zuerst durch EU-Kritik profilierte, dann in internen Machtkämpfen aufrieb, aber stärker denn je zurückkehrte, weil keine andere Partei sich dazu aufraffen konnte, die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin vernünftig zu kritisieren.“ (in einem „FAZ“-Artikel)

Man merke: Auch Analysen schützen vor Verfolgung nicht.

Zur Entlastung für die Gejagten gibt es nur den Tod, wie etwa bei Martin Walser, der als „ungefährlich“ eingestuft wird, weil diese Gefährlichkeit „sinkt rapide bei einem Autor, der am 27. März 91 Jahre alt wird.“ 

Hat die WELT, wie sie anschließend behauptet hat, nur die peinliche taz persifliert, sowie die unsägliche Debatte um Uwe Tellkamp, der neue Sarrazin der Poesie?  Über den jeder mal schnell herfallen darf, der dessen „TURM“ nicht schafft, weil er mehr als eine Seite umfasst und sich stattdessen auf Zusammenfassungen Marke Huffpo verlassen muss? Witzig wäre es gewesen, wenn Günther Grass (verdammt, der war auch Nazi) oder ein anderer Säulenheiliger der Linken aufgetaucht wäre.

DIE ZEIT jedenfalls hat Täter der WELT ganz ernst und seriös auf einer Fahndungsliste wiederholt, was sie „eine Recherche“ nennt. Originell investigativ: DIE ZEIT führt als Vergehen auf, dass die Gejagten eine Erklärung aus nur zwei Sätzen unterschrieben haben: „Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.“ Waaahnsinn! Demonstrieren! Gegen die Kanzlerin? Und für ein Grundrecht? Das reicht jetzt. Echte Majestätsbeleidigung, die DIE ZEIT empört, der alten Tante klappert hörbar das Gebiss. Gegen die Kanzlerin demonstrieren! Ansonsten ist der Vorwurf der ZEIT: Die haben sich getroffen, schon mehrfach. Eine Zusammenrottung an verschiedenen Orten soll es gewesen sein. „Was bislang unbekannt war: Dieser Kreis der Unterzeichner ist sich bestens vertraut“. Großartige Rechercheleistung der ZEIT. Man spürt den heißen Atem des Stasi-Spitzels im Genick: Geheimnisvolles Treffen! Das verspricht eine fette Prämie dem, der es zuerst gemeldet hat. Vielleicht sollte sich Autor Martin Machowecz bei Vera Lengsfeld erkundigen. Sie wurde in der DDR vom eigenen Ehemann bespitzelt, und jetzt ist sie wieder Mitglied einer „Gruppe“? Manchmal wiederholt sich Geschichte, und sie wird nicht besser dabei. Lengsfeld mag es schaudern, wenn nicht gemeldete Zusammenkünfte für eine Fahndungsliste reichen.

Und so geht es weiter.

Wir haben bei TE gezögert, darüber zu schreiben, wir hielten den Beitrag bei WELT für Satire, einen vorgezogenen Aprilscherz. Aber sie meinen es ernst. Redakteurin Hannah Lühmann, eine der demütigen journalistischen Pilgerinnen zu warmer Pflaumenkuchen-Romantik auf Rittergut Schnellroda, die ihre mädchenhaft-merkwürdige Begeisterung für den Schwarzen Ritter nur schwer verbergen kann und ihre Gänsehaut angesichts einer imaginierten Reichsfrauenführerin wohlig pflegt wie eine Quarkmaske im Gesicht und Gurkenscheiben auf den Augen, schreibt auf Facebook: „Wir haben einen Schnellcheck entwickelt. Ihr könnt ihn unbedenklich anwenden, wenn Euch das nächste Mal ein Schriftsteller begegnet.“

Diese Sätze schmerzen. Hat sie den Witz ihrer Zeitung für bare Münze genommen? Dumm gelaufen, historisches Bewusstsein ist nicht mehr ausgeprägt. Es erinnert an Maos Revolutionsgarden, die Abweichlern spitze Papierhüte aufsetzten, ehe sie vernichtet wurden. Oder an die Kampagnen der DDR gegen Wolf Biermann und seine Ausbürgerung.

Aber davon haben Lühmann und die ihren keine Ahnung. Sie sind Kinder ohne reflektierte Bildung, aber mit heiligem Eifer und glühendem Ernst. Aber es war ja ein Witz, beeilt sich das Blatt nachzuliefern, nachdem Lühmann das eigene Blatt nicht verstanden hat. Es stimmt. Auch die ZEIT und die taz sind ein Witz.