Tichys Einblick
Schönbohm-Affäre

Faeser-Skandal eskaliert: Untersuchungsausschuss fällig – oder Rücktritt

Innenministerin Nancy Faeser schwänzt zweimal die Sondersitzung im Innenausschuss, kündigt ein weiteres Schwänzen an, hat aber Zeit für ein „Bild“-Interview. Grund genug, dass die Opposition die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses beantragt. Besser noch: Faeser nimmt freiwillig den Hut.

IMAGO / Metodi Popow
Bereits am Dienstag, 5. September, hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Sitzung des Innenausschusses geschwänzt. Es sollte dort um die Absetzung und Zwangsversetzung von Cyber-Abwehrchef Arne Schönbohm im Oktober 2022 gehen. Faeser hätte zu dem Verdacht Rede und Antwort stehen müssen, sie habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um ihr Agieren zu rechtfertigen. Aus gesundheitlichen Gründen, ließ Faeser ihr Fernbleiben begründen, wiewohl sie zur gleichen Zeit Wahlkampf in Hessen machte.

CDU und CSU hatten daraufhin eine erneute Sitzung gefordert, um die Befragung nachzuholen. Die Ampel-Koalition lehnte dies zunächst ab. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags ist eine Einberufung zum nächstmöglichen Zeitpunkt allerdings verpflichtend, „wenn es eine Fraktion im Ausschuss oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses unter Angabe der Tagesordnung verlangt“. Eine erneute Sitzung wurde für den Donnerstagvormittag, 7. September, angesetzt. Faeser schwänzte wieder. Begründung: Sie müsse sich auf die Haushaltsberatungen konzentrieren.

Am Nachmittag des 7. September ließ sich Faeser innerhalb ihrer 10-Minuten-Haushaltsrede vor dem Bundestagsplenum für 100 Sekunden dennoch über die Causa „Schönbohm“ aus. Mit inszenierter Empörung wandte sie sich gegen den Verdacht, sie habe zur Rechtfertigung der Strafversetzung womöglich den Verfassungsschutz instrumentalisiert. Nach der Methode „Haltet den Dieb!“ warf Faeser den CDU/CSU-Abgeordneten vor, sie „mit Dreck zu bewerfen“. Entsprechende Äußerungen ihrer politischen Gegner seien „völliger Unsinn“. Sie habe, so Faeser vollmundig, die Cyber-Abwehr vielmehr gestärkt. Mit Claudia Plattner stehe nun eine international renommierte Expertin an der BSI-Spitze. Eine Nachfrage der Union während ihrer Rede ließ sie nicht zu.

Schnoddrige Missachtung des Parlaments

Am 27. September übrigens soll es in der Sache nochmal eine Befragung im Bundestag geben. Faeser hat auch diesen Termin schon mal abgesagt. Begründung: „Ich werde an dem Tag die Regierungsbefragung übernehmen und erst anschließend zum Rat der Innenministerinnen und Innenminister nach Brüssel reisen“ (siehe nachfolgendes BILD-Interview).

Am Abend des 7. September toppte Faeser ihre schnoddrige Missachtung des Parlaments, hier des Innenausschusses, indem sie „BILD“ zum Skandal um die Strafversetzung von Arne Schönbohm ein Interview gab.

Auch hier nur Nebelkerzen und Blabla in Endlosschleife. Faeser wörtlich:

„Es ging um das Vertrauen in das BSI und seine Leitung. Wir brauchten angesichts der heutigen Bedrohungslagen die größtmögliche Expertise an der Spitze unserer Cybersicherheitsbehörde BSI – und volles Vertrauen. Ich habe das BSI neu aufgestellt und gestärkt.“

„Wie immer bei Personal-Angelegenheiten kann ich mich zu Einzelheiten nicht äußern. Entscheidend ist: Das Vertrauen in die Amtsführung war nicht mehr gegeben.“

„Die Vorwürfe sind haltlos. Die disziplinarrechtliche Prüfung, um die er (Arne Schönbohm – Red.) selbst gebeten hat, ist ordnungsgemäß und gründlich gelaufen.“

„Bei einer Vorprüfung, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, werden alle belastenden und entlastenden Umstände sorgfältig geprüft. Um diese Prüfung hatte Herr Schönbohm selbst gebeten. Dafür wird auch nach vorhandenen Erkenntnissen der Behörden gefragt.“

Wir wiederholen Faesers Satz: „Dafür wird auch nach vorhandenen Erkenntnissen der Behörden gefragt.“ Hat sich Faeser hier verplappert und den Vorwurf einer Instrumentalisierung etwa des Verfassungsschutzes ungewollt doch bestätigt?

Was jetzt fällig ist

Dass SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert seine Genossin Faeser verteidigt, gehört zu seinem Job. Der dpa sagte er: „Angesichts der schrillen CDU-Angriffe auf Innenministerin Nancy Faeser wird klar: Das konservative Lager wird vor der Hessen-Wahl nervös.“ Aber es ist schon lustig, wenn das der Generalsekretär einer Partei sagt, die bei den hessischen Landtagswahlen vom 8. Oktober voraussichtlich mit nur 18 Prozent rechnen kann. Ein Pfeifen im Keller eben!

Das Mindeste, was jetzt passieren muss, ist erstens, dass Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (ebenfalls SPD) Faeser für ihr wiederholtes Fernbleiben von einer Sondersitzung des Innenausschusses rügt.

Und zweitens sind Faesers eigenmächtiges Schwänzen und ihr selbstherrliches Verschleierungsgehabe Grund genug, dass die Opposition die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses beantragt. CDU/CSU können das aus eigener Kraft. Denn für die Einrichtung eines solchen Ausschusses bedarf es nur der Stimmen eines Viertels der Abgeordneten. Ein Viertel von 736 Bundestagsabgeordneten sind 184. CDU/CSU haben zusammen 197 Abgeordnete.

In einem solchen Untersuchungsausschuss müssen dann auch die Chefs der „Dienste“ (Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst) und des Bundeskriminalamtes Rede und Antwort stehen zur Frage, ob Faeser diese Ämter wegen Schönbohm hat abgreifen lassen. Das ist rechtsstaatlich dringend notwendig, damit nicht weiter der Verdacht im Raum steht, eine Innenministerin habe sich der ihr unterstellten Behörden in einer Art und Weise bedient, die an unselige „Stasi“-Zeiten erinnert.

Besser noch: Faeser nimmt freiwillig den Hut. Sie würde dem Land, dem Parlamentarismus und dem Rechtsstaat, den sie eigentlich zu schützen hat, damit endlich einen Dienst erweisen. Aufgearbeitet aber gehört dieser Skandal auch dann!


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