Tichys Einblick
"Neutralität"

Europäischer Gerichtshof erlaubt Kopftuchverbot für Angestellte

Das Verbot des muslimischen Kopftuchs für Angestellte könne durch das Bedürfnis des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden, entschied der EuGH.

Während sich Unternehmen wie Adidas beispielsweise mit Schwimm-Hidschabs und Werbetexten wie: „Das Design schützt dich vor der Sonne“ um eine klare Positionierung drücken und die Problematik um den religiös-politischen Hintergrund  von Kopftüchern ignorieren, zogen zwei Frauen in Deutschland vor Gericht, denen das Tragen von Kopftüchern an ihrem Arbeitsplatz untersagt wurde.

Zuletzt schon einmal im Februar 2021 bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das von einem deutschen Gericht entschiedene Verbot des Tragens eines Kopftuches für eine muslimische Lehrerin an einer deutsche Schule. Der EuGH kam damals zu dem Schluss, dass das Verbot, jegliche politische, religiöse oder weltanschauliche Zeichen sichtbar am Arbeitsplatz zu tragen, „keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung von Arbeitnehmern“ darstelle, wie Tagesschau.de berichtet.

Jetzt bestätigte der Gerichtshof erneut das Kopftuchverbot am Arbeitsplatz: So könne das Verbot durch das Bedürfnis des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden entschied der EuGH am heutigen Donnerstag.

Von den beiden Frauen, die eine Gerichtsentscheidung suchten, arbeitet eine in einer überkonfessionellen Hamburger Kita und die andere bei der Drogeriemarktkette Müller in München.

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Die Mitarbeiterin der Kita war bereits mehrfach abgemahnt worden und klagte vor dem Arbeitsgericht in HH gegen entsprechende Einträge in ihre Personalakte. Das Gericht entschied aber nicht selbst, sondern rief schon – so lange liegt der Fall bereits vor – im November 2018 den Europäischen Gerichtshof an und bat um Auslegung von EU-Recht.

Jetzt stärkte das EuGH die Rechte von Arbeitgebern. Der NDR berichtet aktuell, die Kita hätte der Mitarbeiterin zunächst gekündigt, als diese aus dem Elternschutz mit Kopftuch zurückkehrte, musste die Kündigung aber zurücknehmen, da die Mitarbeiterin erneut schwanger wurde.

Der EuGH ließ den deutschen Gerichten, die jetzt auf Grundlage seiner Entscheidung wieder übernehmen müssen, allerdings einiges an Spielraum. Demnach dürfen diese durchaus den nationalen Gegebenheiten Rechnung tragen:
Insbesondere sei dies der Fall, wenn es in Bezug auf den Schutz der Religionsfreiheit günstigere nationale Vorschriften gebe.“

Die Frage bleibt also, inwieweit das Tragen des Kopftuches oder anderer Verhüllungen bis zur Vollverschleierung im Straßenbild nicht schon längst zum Alltag gehören und sich damit der Alltag der Menschen noch weiter von ihrer Lebenssituation im Beruf unterscheidet. Die Debatte im Nachbarland Frankreich ist da schon viel weiter. Hier wird der öffentliche Raum mit einbezogen.