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Es kommt zum Bündnis zwischen den Linken und der CDU in Thüringen

Vorwärts Genossen, wir müssen zurück. Oder präziser: Vorwärts Parteifreunde, wir müssen zu den Genossen zurück.

imago images / Jacob Schröter

Vor der Klausur der CDU-Spitze am Wochenende in Hamburg hat sich der Landesvorsitzende der CDU Thüringens, Mike Mohring, in einem Interview mit der Rheinischen Post geäußert. Darin erinnert er daran, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU zur Zusammenarbeit mit dem Linken und der AfD vor der Landtagswahl gefasst worden sei, um zu schlussfolgern: „Die Lage hat sich verändert. Wir haben in Thüringen eine zeitlich begrenzte Sondersituation.“

Also: Vorwärts Genossen, wir müssen zurück. Oder präziser: Vorwärts Parteifreunde, wir müssen zu den Genossen zurück.

Mohring begründet die Abkehr von dem Beschluss damit, dass die Bürger von der CDU Handlungsfähigkeit und keine Fundamentalopposition erwarten. Was die Bürger erwarten, werden Mike Mohring und die CDU spätestens bei der nächsten Landtagswahl, aber aller Voraussicht nach schon zur Bundestagswahl im Jahr 2021 erfahren. Die AfD wird dankend die von der CDU aufgegeben Oppositionsrolle übernehmen.

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Mohrings Argumentation hat allerdings einen beträchtlichen Haken. Wenn der Unvereinbarkeitsbeschluss als Konsequenz des Ergebnisses der Landtagswahl für Thüringen nicht mehr gilt, dann kann Mike Mohring statt zum Mehrheitsbeschaffer für Dunkelrotrotgrün sogar Ministerpräsident von Thüringen werden, nämlich in einer Schwarz-gelben von der AfD tolerierten Regierung. Wenn für eine Partei dieser Beschluss nicht mehr gelten soll, für die andere aber aufrechterhalten wird, dann ist das nur eines: Heuchelei. Der Unvereinbarkeitsbeschluss gilt oder er gilt nicht. Zumindest müsste Mike Mohring erläutern, warum er für die eine Partei aufgehoben wird, für die andere aber weiter besteht!

Fasst man den von Mohring skizzierten Weg der CDU Thüringens zusammen, dann besteht er darin, dass die ehemalige Blockpartei CDU mit den Nachfolgern der SED ein Bündnis eingeht, sich zum Mehrheitsbeschaffer macht und die Oppositionsrolle verweigert, wie es ihr auch am politischen Mut gebricht, die Regierung zu stellen. Wächst wieder zusammen, was einmal zusammen gehörte?

Der Landesvorsitzende der CDU empfiehlt dadurch, dass er die CDU-Fraktion zur Mehrheitsbeschafferin für Dunkelrotrotgrün erniedrigt, den Wählern der CDU bei der nächsten Wahl gleich die Linke, die SPD oder die Grünen zu wählen, denn einen Mehrheitsbeschaffer für eine linke Regierung benötigt niemand, den muss niemand wählen. Es geht auch direkt.

Welcher Wähler der CDU soll in den Bundesländern oder im Bund nach Mohrings Tabu-Bruch eigentlich der CDU noch glauben, dass sie nicht, weil sich die Lage verändert hat, mit den SED-Nachfolgern auch koalieren würde? Nach diesem Tabubruch kann die CDU nicht mehr glaubhaft machen, dass sie künftig in keine dunkelrotschwarze Regierungskoalition gehen würde.

Wenn sich Mike Mohring sorgt, dass die Gesellschaft auseinanderfällt, so leistet er einen Beitrag dazu, weil er sich weigert, die Wähler zu repräsentieren, die ihn gewählt haben und stattdessen mit denen paktierten will, die seine Wähler nicht gewählt haben und auch nicht wählen würden. Durch das angestrebte Bündnis mit den Linken bricht Mike Mohring ein Wahlversprechen. Man kann sich in der CDU Thüringens die Lage schön reden, schön wird sie dadurch aber nicht.

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