Tichys Einblick
Einrichtungsbezogene „Impfpflicht“

Gesundheitsämter drohen Impfunwilligen

Das Infektionsschutzgesetz spricht ausdrücklich von „Verordnungsermächtigung“ für einen Impf-, Genesenen- und Testnachweis bei Covid-19. Gesundheitsämter machen jedoch aus der Nachweispflicht eine Impfpflicht und drohen Betroffenen. Die Good Governance Gewerkschaft (GGG) geht rechtlich dagegen vor.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

„Die Leitung Ihres Arbeitgebers hat hier gemeldet, dass Sie eine Grundimmunisierung nicht nachgewiesen haben. Ich fordere Sie daher […] auf, innerhalb der nächsten Tage […] einen Nachweis über die erfolgte Erstimpfung hier vorzulegen.“

Es ist nur einer von vielen Fällen, die nach der sogenannten „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ auftreten: Gesundheitsämter, die Betroffene anschreiben und diese im drohenden Ton zur Impfung nachfordern. Doch auch, wenn Presse und Volksmund von einer „Impfpflicht“ sprechen: Das Infektionsschutzgesetz nennt ausdrücklich eine „Verordnungsermächtigung“ für einen Impf-, Genesenen- und Testnachweis bei Covid-19, keine Durchsetzung eines Impfzwangs.

Impfung sogar von Genesenen gefordert

Offenbar verwenden jedoch einige Ämter unter Ausnutzung ihrer Kompetenz solche Drohungen zur Einschüchterung und damit zur bewussten Gängelung – um die Betroffenen dann zur Impfung zu nötigen. Exemplarisch dafür ist der oben genannte Fall aus Holzminden. Es gibt der angeschriebenen Person gerade einmal zehn Tage Zeit, eine Erstimpfung nachzuweisen.

Dort heißt es weiter: „Des Weiteren ist innerhalb von 42 Tagen, nach erfolgter Erstimpfung, ein Nachweis über die Zweitimpfung hier einzureichen. Eine Fristverlängerung erfolgt, in beiden Fällen, nicht.“

Der Fall ist nicht nur deswegen auffällig, weil eine „Impfpflicht“ insinuiert wird, die es in dieser Form gar nicht gibt – sondern auch, weil die betroffene Person zu dem Zeitpunkt einen Nachweis hatte, von Corona genesen zu sein. Doch daran stört sich die Behörde nicht. Offenbar regiert die Lex Lauterbach: impfen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Gewerkschaft: „Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft“

Eine Organisation, die sich gegen solche Irreführungen stellt, ist die Good Governance Gewerkschaft (GGG). Diese reagierte prompt. Sie erstattete Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hildesheim gegen das verantwortliche Gesundheitsamt. Darin warf sie dem verantwortlichen Mitarbeiter vor:

„Vorliegend versucht der Verfasser dieser Schreiben die Empfänger zu einer Handlung, der Erstimpfung zu bewegen indem dieser eine – in Wirklichkeit gar nicht bestehende – gesetzliche Verpflichtung dazu behauptet […]. Der Verfasser wirkt so unter Ausnutzung seiner Amtsstellung auf die freie Willensbildung der Empfänger dieser Schreiben ein und kann bewirken, dass diese einen medizinischen Eingriff vornehmen lassen, den sie nach ihrem eigenen, freien Willen gar nicht vornehmen lassen wollen.“

Nach Ansicht der GGG käme damit eine „Körperverletzung im Amt in mittelbarer Täterschaft in Betracht“, gegebenenfalls auch eine „Rechtsbeugung“. Man bitte um eine grundsätzliche Prüfung, ob das Verhalten der verantwortlichen Amtsträger relevant sei, da ein „größerer Personenkreis“ solche Schreiben erhalten habe. Nach Angaben der Gewerkschaft lägen bereits sechs solcher Briefe aus Holzminden vor.

„Neue Qualität von Übergriffigkeit“

GGG-Vorstand Marcel Luthe erklärte, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. „Seit Mitte März haben wir Hunderte von Fällen betreut, bei denen Gesundheitsämter oder Arbeitgeber offenbar die Rechtslage verkennen, die sich aber meist schnell klären lassen“, sagte der Gewerkschaftsführer gegenüber TE. „Diese Schreiben stellen eine ganz neue Qualität von Übergriffigkeit dar, indem die Behörde nicht nur unpräzise daherschwurbelt, sondern der oder die Verfasser offenbar der Auffassung sind, mit ihrer persönlichen Meinung über dem Gesetz zu stehen.“

Nicht anders sei zu erklären, wie aus der Nachweis- eine Impfpflicht gemacht werde und ein Gesundheitsamt wesentliche Teile des Gesetzes weglasse. „Natürlich ist niemand zu einer Impfung verpflichtet, sondern muss nur eine Auskunft – nun gegenüber dem Gesundheitsamt erteilen. Und dies auch nur dann, wenn er tatsächlich der Norm des § 20a IfSG unterfällt“, sagt Luthe.

Jedes Mitglied könne sich im Zweifel an die Gewerkschaft wenden und erhalte Rechtsrat und Rechtsschutz. Man halte es für „zentral“, derartigen „behördlichen Fakenews“ entschieden zu widersprechen. „Wer Bürger derart manipulativ anschreibt, ist in einer Behörde falsch.“

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