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Diskriminierung bei der Wohnungssuche?

Wenn nun mittlerweile drei von vier Migranten einen einladenden Bescheid bei der Wohnungssuche bekommen, blicken wir offensichtlich auf eine positive Entwicklung. Und nicht auf das, wovon manche Journalisten schreiben.

BERLIN - JUNE 19: National flags including those of nations participating in the World Cup 2006, hang from the side of an apartment building June 19, 2006 in Berlin, Germany. Flags and other soccer images are comon fixtures throughout the country as Germany is hosting the World Cup. (Photo by Sean Gallup/Getty Images)

@ Sean Gallup/Getty Images

Wo soll das eigentlich hinführen? Soll man demnächst als beispielsweise Teilnehmer eines Online-Dating-Portals gezwungen werden, sich mit jemandem zu treffen, der den persönlichen Kriterien nicht vollumfänglich entspricht, nur um diesen so Abgelehnten nicht zu diskriminieren? Was kommt dann als nächstes? Staatlich verordneter Verkehr? Interimszwangsprostitution als letztes Mittel der Wahl hin zu einem Integrationserfolg? Lebensborn andersherum?

Entschuldigen Sie den kalten Zynismus, aber wer gerade die Hatz des SPIEGEL im Verbund mit dem öffentlich-rechtlichen Bayrischen Rundfunk gegen deutsche Vermieter mitverfolgt hat, der kommt schon ins Grübeln. Sogenannte „Datenjournalisten“, das sind Kollegen, die vornehmlich im Digitalen recherchieren, wollen herausgefunden haben: Deutsche Vermieter diskriminieren Zeitgenossen, die „Ismail Hamed, Aylin Demirci oder Mikolaj Janowski“ heißen „nur aufgrund ihres Namens“.

Nun ist so ein Name nicht ganz unwichtig, immerhin ist er erstes Identifikationsmerkmal, wenn man jemanden kennenlernt, aber nicht persönlich. So bedeutend, dass Millionen Nutzer der sozialen Netze lieber Pseudonyme gewählt haben, um mit ihrem „Realname“ im Verborgenen zu bleiben.

Bei der Anmietung einer Wohnung funktioniert das freilich nicht. Da ist Tacheles angesagt. Und da werden Bewerber mit Namen, die auf einen türkischen oder arabischen, südländischen oder osteuropäischen Migrationshintergrund hinweisen, in jedem vierten Fall, in dem ein deutscher Interessent eine positive Rückmeldung auf seine Anfrage erhält, übergangen. Was aber ist daran aufsehenerregend? Zunächst einmal doch eine positive Meldung, denn noch vor Jahrzehnten bewarben Vermieter Ihre Wohnungen mit dem Zusatz: „Nur für Deutsche“ oder „Keine Ausländer“.

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Wenn nun mittlerweile drei von vier Migranten einen einladenden Bescheid bekommen, blicken wir offensichtlich auf eine positive Entwicklung. Das ändert freilich nichts an den eigentlichen Bedenken der Vermieter. Kurz gesagt: So eine Hausgemeinschaft ist ein fragiles Zusammensein. Der Streit über den Gartenzaun hinweg scheint sogar eine urdeutsche Erfindung, bissig geführt, aber in der Regel im Rahmen zivilisatorischer Verhaltensweisen. Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber zwar Diskriminierung bei der Auswahl der Mieter nach Ethnie, Religion usw. untersagt, aber eine Ausnahme macht, wenn der Hausbesitzer selbst im Hause wohnt oder ein Anverwandter. Dann darf er sogar von Rechts wegen Bewerber enger ausgrenzen. Weil es ihn persönlich betrifft.

Nun kann doch ernsthaft niemand bestreiten, dass es Parallelgesellschaften gibt und dass man beispielsweise Muslime oft an ihrem arabisch oder türkisch klingenden Namen identifizieren kann. Nicht jeder Muslim ist nun automatisch Teilnehmer einer Parallelgesellschaft. Oder doch, wenn über 60 Prozent der Muslime die Scharia im Zweifel über das Grundgesetz stellen würden? In der dritten Generation soll der Anteil sogar noch gestiegen sein. Erfreulicherweise, sogar noch für diese Klientel, ist es heute deutlich einfacher, eine Wohnung zu finden als noch vor Jahrzehnten.

Und um noch mal auf das Dating-Portal zurückzukommen. Oder machen wir es am Beispiel Prostitution fest: Es wird ja viel gesprochen über die rechtliche Diskriminierung von Prostituierten. Hat schon mal jemand über die Diskriminierung ihrer Kunden gesprochen, wenn Huren ihre Dienstleistungen ausdrücklich nur Deutschen anbieten? Denn auch die soll es geben. Will der Staat da auch eingreifen? Sicher nicht. Er kann wohl verbieten, dass die Dienstleistung werblich nur Deutschen angeboten wird, aber an der Schotte ist zumindest bisher endgültig Schluss. Dann gilt ein „Nein“ selbst dann noch, wenn es beispielsweise ausschließlich arabisch aussehenden Männern gegenüber ausgesprochen wird.

Nun ist eine Hausvermietung etwas anderes als die Vermietung des Körpers. Aber wer will kontrollieren, wann jemand diskriminiert wird? Es wird ähnlich sein, wie in jedem mittelständischen Betrieb, wo der Chef einstellt, von wem er sich das Beste erhofft. Hier spielen Erfahrung und Bauchgefühl ähnlich bedeutende Rollen. Schwer vorstellbar, seinen Job einzuklagen, seine Wohnung oder gar die Stunde mit der Prostituierten. Verhalten prägt Entgegenkommen. Und negiert im positiven Falle Ressentiments.

Nicht angekommen
Das Gemeinsame ist weit mehr als nur die gemeinsame Sprache
Kommen wir zu einer Kollegin, die zwar gemäß Studie dem Namen nach ebenfalls Probleme bei der Vermietung einer Wohnung bekommen könnte, aber als prominente SPON-Kolumnistin Margarete Stokowski bereits besser gestellt sein sollte bei der Wohnungssuche, als der eine oder andere ihrer polnisch-stämmigen deutschen Landsleute. Möglicherweise besser als ich mit meinen vier Kindern und zwei Hunden. Beides wahrscheinlich bedeutend größere Hinderungsgründe als nur ein arabisch oder polnisch klingender Nachname. Kommt nun noch ein knapper Geldbeutel dank Freiberuflichkeit hinzu, wird es richtig eng wie kurz vor Obdachlosigkeit. Übrigens: die zentralen, sehr preiswerten Wohnungen städtischer und kirchlicher Träger – wer genau kriegt die derzeit? Richtig. Werden nur noch an Flüchtlinge vergeben, wie Berichte zeigen. Jetzt also Diskriminierung für alle, die schon länger hier sind? Das ist natürlich nicht soooo schlimm, zumindest, wenn man selber eine Wohnung hat.

Margarete Stokowski fühlt sich als Frau diskriminiert und auf ihr Äußeres reduziert. Aktuell hat sie mal wieder Sexismus in der Werbung mit einem Aufschrei belegt. „Horst besteht auf seinem Frischfleisch“. Also der Horst in Dir und mir lieber Geschlechtsgenosse Mann. In Berlin soll ein Verbot sexistischer Werbung eingeführt werden, was Frau Stokowski nach reiflicher Erörterung im Prinzip ganz OK findet. Sie findet, es sei doch nicht viel, was den Leuten da weggenommen wird im Fall eines Verbots. Es gäbe ja am Kiosk noch genug Auswahl: „Da arbeiten eifrige Redaktionen Woche für Woche an unser aller Verderben, und es sieht nicht aus, als planten sie, damit aufzuhören.“ Weg soll Werbung,  „direkt aus der Hölle (…) wie der Tierfutterlieferant, der eine Frau in Unterwäsche zeigt mit dem Spruch ‚Frischfleisch gibt’s bei uns'“.

Kann man so teilen. Und Margarete Stokowski ist in der Riege der SPON-Kolumnisten sicher das frischeste Talent mit der modernsten Sprache. Eine gute Schreibe. Aber sie liegt hier natürlich völlig daneben. Ausgerechnet ihr fehlt der gendergeübte Blick auf die Gesamtheit der Diskriminierungen. Dafür hätte sie nur mal einen Horst fragen müssen. Der hätte ihr dann erzählt, wie er es empfindet, wenn Männer in der Werbung neben der Frau immer den beschränkten Volldeppen geben müssen. Den grenzdebilen Feierabendtrinker und Spielsüchtigen, den Fußballidioten und Willenlosen, wenn nur ein knackiges weibliches Hinterteil seinen Weg kreuzt. Männer seien so? Ach geh, Margarete. Wenn Männer so viel Zeit vor dem Spiegel verbrächten wie Frauen, dann wären sie nicht bei diesen Mistjobs für Männer auf dem Bau oder bei der Müllabfuhr oder im Werk, sondern nur noch in ihren Wohnungen, so sie Müller, Meier, Schmidt heißen und auch eine bekommen haben.