Tichys Einblick
Wir sind wieder wer:

Die deutsche Weltregentin Ursula von der Leyen

Die Präsidentin der Europäischen Kommission wird nach ihrer jüngsten Rede von der "Zeit" zur Weltenlenkerin und „Kämpferin für das Zeitalter der Vernunft“ verklärt. Für die Bürger der Mitgliedstaaten gibt es aber keinen Grund zur Freude.

imago Images

Wer hätte das gedacht, dass die Zeit, der man wohl keine besondere Liebe zum Vaterland oder keine besondere Neigung zur Nation nachsagen kann, die für offene Grenzen, für den Klimaschutz, die ungebremste Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme – und was der rotgrüne Zeitgeist sonst noch so alles hergibt – Partei ergreift, plötzlich emphatisch über die Rede Ursula von der Leyens zur Lage der EU ausruft: „Eine Deutsche als Weltregentin – diese Aufführung war eine echte Brüsseler Premiere.“

Seien wir also erfreut und entspannt, es ist wieder einmal so weit, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll. Weil die „d e u t s c h e  Weltregentin“ keine Parteien und keine Staaten mehr kennt, macht sich die Zeit so winzig klein, Ursula von der Leyen bereits in den wolkigen Höhen des amerikanischen und des chinesischen Präsidenten, als das neue Triumvirat, das die Welt beherrscht, zu erblicken. Russland besitzt für die Zeit so gar keine Bedeutung mehr, so dass Putin nicht mehr genannt werden muss.

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Schließlich wollte sich Ursula von der Leyen in ihrer Rede auf Augenhöhe mit den beiden Imperienlenkern Donald Trump und Xi Jingping befinden oder befand sich tatsächlich dort – darüber allerdings grübelt die Zeit derzeit noch nach. Und überhaupt ist der Zeit für die herkuleische Dame keine Dimension zu groß und auch kein Lob zu hoch, denn die deutsche Kommissionspräsidentin wollte das „vernunftspolitische Vakuum füllen, das Trump im Westen hinterlassen hat“, wie der Gewährsmann des Zeit-Panegyrikers, Dominique Moisi, schwelgte. Frieden scheint zumindest nicht zu den „vernunftspolitischen Grundsätzen“ der Zeit und ihres Gewährsmannes zu zählen, denn in der Frage des Friedensprozesses im Nahen Osten ist Donald Trump weiter als seiner Vorgänger im Amt gekommen, von der EU als quantité négligeable muss man da erst gar nicht reden.

Wichtig allerdings zu wissen, dass die Zeit hingegen nicht am Friedensprozess den Grad der Vernunft misst, sondern an der Menge der Tränen, die während von der Leyens Rede geflossen sind, denn selbst die Mailänder Professorin für Finanzwissenschaft, Elena Carletti, hat vor Ergriffenheit während der Rede der Kommissionspräsidentin „stellenweise geweint“.

Die Tränen indes der Dame, die in vielen Aufsichtsräten sitzt, darf man eventuell auch als Freudentränen interpretieren. Denn von der Leyens Programm dient vor allem der Finanzwirtschaft, dem Finanzkapital. Nicht jedoch den Bürgern der Staaten Europas, auch nicht den mittelständischen Industrien nutzt von der Leyens Schuldenprogramm, sondern den Hedgefonds und Investment-Banken. Dass von der Leyen in dieser Hinsicht gut beraten wird, hat sie schon im Bundesverteidigungsministerium bewiesen – mit den bekannten Folgen für die Bundeswehr. Nach von der Leyens Amtszeit ist Deutschland eigentlich nicht mehr verteidigungsbereit.

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Dass sie die Sonder-Rechte von Migranten und der „LGBT-Szene“ stärken will, ist eigentlich kein Geschenk für die Grünen, sondern entspricht der „Teile-und-herrsche-Technik“, mit der durch eine fragwürdige Auslegung der Menschenrechte die Bürgerrechte ausgehebelt werden.

Eines hat die „deutsche Weltregentin“ zumindest begriffen: Das Maß der Macht der EU-Administration entspricht im Gegenzug der Ohnmacht der nationalen Regierungen und der nationalen Parlamente. Heißt in EU-Sprache: Je mehr die nationalen Regierungen und Parlamente an „Kompetenzen“ nach Brüssel abgeben, desto mächtiger wird die Kommission. Mit der Einrichtung der Schuldenunion werden die demokratischen Rechte der Bürger entscheidend eingeschränkt, denn ihre Parlamente verlieren das Königsrecht, nämlich das Haushaltsrecht. Mit der Einführung einer eigens von der EU zu erhebenden Steuer werden die Bürger ausgeplündert von einem Apparat, der keiner demokratischen Kontrolle unterliegt und im Übrigen auch keine demokratische Legitimation besitzt.

Eine „Kämpferin für das Zeitalter der Vernunft“ ist Ursula von der Leyen nur dann, wenn man unter Vernunft die Herrschaft und Profitsicherung der Finanzwirtschaft versteht. Denn wie empfahl vor zehn Jahren schon Gordan Gekko in dem Spielfilm „Wall Street. Geld schläft nicht“: „Grün“ ist die neue Blase, wer Profit machen will, muss da einsteigen. Und wie die Immobilienblase 2008 platzte und die Weltfinanzkrise auslöste, wird auch die grüne Blase platzen, nur viel, viel lauter. Es steht zu befürchten, dass es einen echten „deutschen“ Knall geben wird.

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