Tichys Einblick
Zwei hauchdünne Vorsprünge

Democrats in Georgia überraschend vorne

Zwei Sitze stehen in Georgia zur Disposition, zwei Sitze, die bisher von Republikanern besetzt waren. Jetzt liegen die Democrats überall vorne und könnten damit Biden eine Kongressmehrheit beschaffen.

Der demokratische Kandidat in Georgia Raphael Warnock bei einem Wahlkampfauftritt

imago images / The Photo Access

Beide Senatskandidaten der Democrats liegen im US-Bundesstaat Georgia vor den republikanischen Amtsinhabern. Obwohl Umfragen im November noch zeigten, dass sich viele Wähler einen republikanischen Senat als Gegengewicht zu Biden wünschen, sieht es jetzt anders aus. Die Mobilisierung der Republicans fiel nun allerdings schwächer aus. Gerade die Vorwürfe Trumps, die November-Wahl in Georgia wäre sowieso gefälscht worden, dürften keinen Motivationsschub zum wählen gehen für die Republicans gebracht haben. Dabei waren die beiden Herausforderer der Democrats keine besonders starken Kandidaten. Warnock etwa, dem Gegenkandidat der Republikanerin Loeffler, wurde von seiner Exfrau vorgeworfen, er sei in einem Ehestreit über ihren Fuß gefahren. Auch alte Äußerungen über das US-Militär und anderes machten ihn zur Zielscheibe. Trotzdem sieht es aktuell so aus, als hätte nicht nur Warnock Loeffler besiegt, sondern auch als wäre der Democrat Ossoff auf dem Weg, sich gegen den Republican Purdue durchzusetzen, auch wenn das Rennen hier noch offen ist.

Was bedeutet ein Sieg der Democrats?

Gewinnen die beiden Democrats, steht es 50 zu 50 im Senat, und dann kann die neue Vizepräsidentin Kamala Harris die entscheidende Stimme zugunsten ihrer Partei abgeben. De facto würde das also eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme für die Partei von Joe Biden bedeuten. Dann kontrollieren die Democrats das Weiße Haus, beide Kammern des Kongresses, das Repräsentantenhaus und den Senat.

Radikale Vorhaben können die Republicans nun nicht mehr alleine stoppen. Gleichzeitig können sich die Democrats wegen der denkbar knappen Mehrheit keinen Abweichler erlauben. Viel wird jetzt also vom Abstimmungsverhalten der wenigen moderaten Democrats abhängen.

Grundsätzlich galt im Senat für die allermeisten Gesetze die Praxis des sogenannten Filibusters, die Androhung von Dauerreden durch die Minderheit. Damit konnte die Minderheitsfraktion praktisch alle Vorhaben der Mehrheit blockieren, solange diese nicht eine Mehrheit von 60 Stimmen zum Beenden der Debatte hatte. Der Filibuster ist einer der Gründe, weshalb etwa der von Trump gewünschte Mauerbau nicht durch den Kongress ging, obwohl die Republikaner die Mehrheit in beiden Kongresskammern hatten.

Mit Filibustern könnten die Republikaner weit mehr Widerstand leisten. Deshalb ist er ein Dorn im Auge vieler Democrats. Demgegenüber reichen den Republikanern zum Ablehnen von Anträgen schon 51 Sitze.

Es hängt also viel von demokratischen Senatoren wie Joe Manchin ab. Manchin ist der einzige staatsweit gewählte Democrat im tiefroten West Virginia, wo Donald Trump 2020 mehr als zwei Drittel der Stimmen holte. Er erklärte in der Vergangenheit zu linken Vorhaben: „Ich bin ein stolzer West Virginia Democrat. […] Wir haben keine verrückte sozialistische Agenda und wir glauben nicht daran, der Polizei Gelder zu entziehen.“ Außerdem versprach er in einem Interview mit dem Washington Examiner, „unter keinen Umständen“ für ein Ende des Filibuster zu stimmen, sollte es 50-50 im Senat stehen.

Bleiben die Democrats in Führung, dürfte also klar sein: die Entscheidung über wichtige Gesetze liegt nicht mehr bei den Republikanern, sondern den einzelnen moderaten Democrats. Und die sind am Ende des Tages trotzdem noch Democrats: Noch höhere Ausgaben, mehr Steuern für Unternehmen und Ähnlichem dürften auch die nicht abgeneigt sein. Bidens Nominierung für Gerichte werden wahrscheinlich auch relativ einfach im Senat durchgewunken werden. Wie radikal der Rest der Politik wird, das hängt vor allem daran, wie weit Democrats wie Manchin bereit sind zu gehen.

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