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Corona-Update zum 10. August: Steigende Fallzahlen

Die Zahl der Covid-19 Fälle in Deutschland steigt seit einigen Tagen wieder an. Grund dafür sind vor allem Urlaubsrückkehrer.

imago images / Ralph Peters

Die Zahl der bekannten Corona-Fälle in Deutschland steigt wieder. Zur Zeit sind 9.800 aktuelle Covid-19 Fälle bekannt. Fast 9.200 Menschen sind im Zusammenhang mit der Krankheit gestorben – die Mortalitätsrate in Deutschland beträgt 4,3 Prozent. Zum vergangenen Sonntag, dem 9. August, wurden 555 neue Fälle gemeldet. In den Tagen zuvor lag die Zahl der neu gemeldeten Fälle allerdings über Tausend – doch sonntags werden meistens deutlich weniger Fälle gemeldet als an den Tagen zuvor oder danach. Dieses Muster der Sonntags-Rückgänge lässt sich auch in der unten abgebildeten Graphik erkennen. Auch ist die Reproduktionszahl wieder über dem kritischen Wert von 1,0 – die Zahl der Infizierten und noch nicht Genesenen steigt also wieder. Anders als noch im Juni liegt das auch nicht daran, dass im Umfeld der Schlachthäuser von Tönnies ein Corona-Hotspot entdeckt wurde und mit großflächigen Testungen viele Corona-Infizierte entdeckt wurden, sondern dass die Zahl der Infizierten deutschlandweit wieder ansteigt.

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Die Reproduktionszahl beschreibt, wie viele andere Personen eine Corona-infizierte Person im Durchschnitt ansteckt. Ist die Reproduktionszahl kleiner als eins, so sinkt die Zahl der Infizierten. Ist sie jedoch größer als eins, steigt die Zahl der Infizierten schnell an.

Neugemeldete Fälle, Quelle: Europäisches Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten. Reproduktionszahl, Quellen: Robert Koch-Institut Nowcast, Robert Koch-Institut täglicher Situationsbericht

Dabei liegt hier keineswegs ein rein statistischer Effekt vor. Obwohl die Zahl der durchgeführten Corona-Tests in Deutschland weiter steigt, steigt auch der Anteil der positiven Testergebnisse relativ zu den insgesamt durchgeführten Tests wieder an. Den Schluss legt jedenfalls eine am 5. August veröffentlichte Statistik des Robert Koch-Instituts nahe.

Quelle: Robert Koch-Institut täglicher Situationsbericht vom 5. August 2020.

Bis letzte Woche galten als Haupttreiber der Infektionszahlen lokale Ausbrüche. In der vergangenen Woche waren dabei besonders ein Wiederaufflammen der Infektionen im Umfeld der Schlachthäuser der Firma Tönnies und Ausbrüche in Saisonarbeiter-Unterkünften und einer Konservenfabrik im Kreis Dingolfing-Landau (Bayern) und unter den Mitarbeitern einer Werft in Hamburg zu beobachten. Mittlerweile nennt das RKI allerdings Urlaubsrückkehrer als größte Quelle von Neuinfektionen. Dies ist in der Hinsicht positiv, dass mit einem Abflauen der Urlaubssaison auch die Fallzahlen wieder sinken sollten – vorausgesetzt die Pandemie kann bis dahin unter Kontrolle gehalten werden.

Quelle: Robert Koch-Institut täglciher Situationsbericht vom 9. August 2020

Der steile Anstieg der Fallzahlen in Hamburg in den letzten Tagen ist laut RKI sowohl auf einen Corona-Ausbruch in einer Werft, als auch auf Urlaubsrückkehrer zurückzuführen. Dabei drängt sich schon die Frage auf, was die Hamburger in ihrem Urlaub anders machen als der Rest der Republik, denn zum Anfang der Pandemie in Deutschland war es ebenfalls die Hansestadt, die an stärksten betroffen war: Vor allem aufgrund von Urlaubsrückkehrern aus dem österreichischen Wintersportort Ischgl. Doch auch andernorts, so zum Beispiel im hessischen Offenbach, im Landkreis Düren (NRW) und im Rheingau-Taunus-Kreis (Hessen) ist es zu Krankheitsausbrüchen im Zusammenhang mit Reiserückkehrern gekommen.

Wie schon im Frühjahr haben die ostdeutschen Bundesländer (mit Ausnahme von Berlin) relativ geringe Raten der Ansteckung. Dies liegt vermutlich auch an der relativ dünneren Besiedlung, den kleineren (und weniger engen) Städten und der geringeren Mobilität der Bevölkerung.

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Im sogenannten DIVI-Intensivregister melden Krankenhäuser ihre Intensivpatienten-Kapazität. Diese Meldungen waren zum Anfang freiwillig, sind seit Mitte April allerdings verpflichtend. Ziel ist es, im Blick zu behalten, in welchen Regionen die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenze kommen und in welchen Regionen Kapazitäten frei sind, um gegebenenfalls Patienten verlegen zu können. Es kann zu gewissen Unschärfen kommen (zum Beispiel durch Meldeverzug), doch es lassen sich allgemeine Trends herauslesen. So sind zur Zeit gut 30.150 betreibbare Intensivbetten gemeldet. Davon sind 20.700 (68 Prozent) belegt, 9.500 (32 Prozent) sind frei. In der Regel sind allerdings gut 80 Prozent der Intensivbetten belegt – die Krankenhäuser halten also nach wie vor Kapazitäten für Corona-Patienten frei. Zur Zeit befinden sich, laut DIVI-Register, 228 Corona-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. Davon werden 131 beatmet. Trotz der steigenden Fallzahlen, ist eine Überlastung des Gesundheitssystems also noch keine unmittelbare Gefahr. Außerdem können durch Verschieben nicht dringender Eingriffe – wie schon im März und April geschehen – große Teile der Intensivkapazität frei gemacht werden.

Insgesamt ist die Lage zur Zeit also ruhig, doch steigende Fallzahlen sorgen für Beunruhigung bei Beobachtern der Situation.

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