Tichys Einblick
Berliner FDP-Politiker Marcel Luthe

Corona-Schadensersatzanspruch in Berlin könnte bald verfallen

Der Berliner Abgeordnete Marcel Luthe wirft dem Senat Irreführung vor: Er suggeriere, dass nur wenige einen Anspruch auf Schadenersatz wegen der Corona-Maßnahmen geltend machen können. Das sei aber falsch

Bild: FDP

Der Berliner FDP-Abgeordnete Marcel Luthe wirft der rot-rot-grünen Regierung der Stadt vor, die von Corona-Maßnahmen betroffenen Selbstständigen und Unternehmer über ihre Möglichkeiten zu täuschen, Entschädigungen zu erhalten.

„Die Finanzverwaltung führt die Bürger bewusst in die Irre“, so Luthe. Die entsprechende Mitteilung im Internet, so der FDP-Politiker, suggeriere, dass beispielsweise Ladeninhaber und Gastronomen, die ihr Geschäft aufgrund der allgemeinen Anordnungen des Landes geschlossen hatten, keinen Anspruch auf Entschädigung nach Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes haben – sondern nur diejenigen, für die eine Geschäftsschließung ausdrücklich individuell angeordnet wurde.

Tatsächlich heißt es auf der Internetseite der Finanzverwaltung:

„Aufgrund der aktuellen Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin hat der Senat von Berlin erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus angeordnet. Diese Maßnahmen (z. B. Betriebsschließungen und Veranstaltungsverbote) begründen in der Regel keinen Entschädigungsanspruch nach den §§ 56 ff. IfSG.
Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz können erwerbstätige Personen erhalten, die wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne oder einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können und dadurch einen Verdienstausfall erleiden.“

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Das, so Luthe, sei aber falsch: „Grundsätzlich hat jeder Anspruch auf Entschädigung, wenn er Vermögenseinbußen durch eine staatliche Maßnahme erleidet, solange er nicht selbst Ursache der Störung ist.“ Die meisten Unternehmer hätten in Berlin wie überall in Deutschland ihre Geschäfte aber nicht wegen einer individuellen Anordnung geschlossen, sondern wegen der allgemeinen Verordnung des Landes.

„Wenn die Verwaltung sich jetzt auf den Standpunkt stellt: ‚ihr habt das freiwillig getan, also bekommt ihr nichts’“, dann sei das irreführend. Offenbar hoffe die Verwaltung, dadurch viele Betroffene von Anträgen abzuhalten, und Zahlungen zu vermeiden.

Die Gefahr für viele Unternehmer liege darin, so der Abgeordnete, dass ein Anspruch auf Schadensersatz allerdings spätestens drei Monate nach dem ersten Eingriff gestellt werden muss. „Für Berlin wäre das für viele Hoteliers und Gastronomen die Absage der Internationalen Tourismusbörse Ende Februar“, so Luthe. Er rät: „Jeder Betroffene sollte unbedingt einen Antrag stellen. Sonst kann es passieren, dass sich die Ansprüche später vor Gericht als grundsätzlich begründet herausstellen – sie aber trotzdem leer ausgehen, weil sie die Antragsfrist versäumt haben.“

Einen grundsätzlichen Anspruch auf Entschädigung für staatliche Corona-Maßnahmen sehen viele Juristen. Er ist im Infektionsschutzgesetz ausdrücklich geregelt.

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