Tichys Einblick

Demo-Verbot aufgehoben: Ohrfeige vom Gericht für Innensenator Geisel

Das Verwaltungsgericht Berlin hebt das Verbot des Innensenators auf. Selten hat sich ein Politiker mit seinem Versuch, ein elementares Grundrecht auszusetzen, derart blamiert.

Um 14:30 trat Stephan Groscuth vor die Presse und erläuterte die Entscheidung der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Dr. Peters. Das Gericht habe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gesehen. Dem Gericht lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Veranstalter nicht ernsthaft an der Einhaltung des Hygienekonzepts interessiert seien. Von dem Verhalten auf der Demo am 1. August könnte nicht auf die morgige Demo geschlossen werden.

Das Gericht beschloss Auflagen für die morgige Demo, die aber keine Maskenpflicht beinhalten. Eine solche ist in der Öffentlichkeit im Freien auch in den Berliner Hygieneverordnungen nicht vorgesehen. War der Gerichtsentscheid schon eine Ohrfeige, dann diese Bemerkung die Zweite: Offensichtlich kennt Andreas Geisel, Innensenator der SPD (früher SED) die Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin nicht. Bei Verstoß gegen diese Auflagen (u.a. der Mindestabstand) ist es im Ermessen der Polizei, diese Demonstration aufzulösen.

Auf Nachfrage von TE, ab wann denn ausreichende Verstöße vorlägen, da es ja selbstredend ist, dass bei einer derart großen Veranstaltung vereinzelte Verstöße vorkommen, erklärte der Pressesprecher, dass das Gericht dazu keine Vorgaben machen könne. Theoretisch wäre aber auch bei kleinen Verstößen eine Auflösung möglich. Er betonte die Wichtigkeit der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit und dass bloße Ordnungswidrigkeiten nicht ohne weiteres das Gewicht erreichen würden, das eine Auflösung rechtfertigen könne. Am Ende liegt auch das aber im Ermessen der Polizei.

Bisher liege dem Gericht außerdem keine Beschwerde des Senats vor, die das Urteil anficht. Theoretisch wäre aber auch ein weiteres Urteil des Oberverwaltungsgerichts bis morgen möglich.

Viele Pressevertreter vor Ort konnten ihren Missmut über die Entscheidung nicht verbergen und sich die Häme bezüglich der morgigen Demo nicht verkneifen. Nachfragen bezogen sich auf die nicht angeordnete Maskenpflicht bei der Demo.
Die Rechtslage bei einer Demo ist allerdings die gleiche wie die bei der soeben im Freien stattfindenden Presseerklärung. Weder trugen die Mehrzahl der Journalisten Masken, noch wurde ein Mindestabstand eingehalten. Der Pressesprecher selbst setzte sich seine Maske erst und ausdrücklich zur Verkündung auf. 

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