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„Hochmoderner“ Schützen-Panzer PUMA bereits im Manöver ein Totalausfall

Über die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr lässt sich nur noch konstatieren: Es folgt eine Blamage auf die nächste. Die neueste: Von 18 hochmodernen Schützenpanzern PUMA ist kein einziger einsatzbereit. Dabei war der Panzer erst 2021 für gefechtstauglich erklärt worden. Die Probleme wurden schöngeredet.

Schützenpanzer Puma der Bundeswehr

IMAGO / Sven Eckelkamp
Man stelle sich vor: Die 10. Panzerdivision der Bundeswehr erprobt ohne außergewöhnliche oder gar kriegerische Beanspruchung bei einem Manöver auf Schießbahnen in der norddeutschen Tiefebene 18 Stück des neuen Schützenpanzers (SPz) PUMA. Und was ist das Ergebnis laut Brandbrief des kommandierenden Generalmajors Ruprecht von Butler an das Verteidigungsministerium? Von 18 hochmodernen Schützenpanzern war nach wenigen Tagen kein einziger mehr voll einsatzfähig. Das berichten der „Spiegel (Bezahlschranke) und die BILD-Zeitung.

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Besonders peinlich: Die 10. Panzerdivision mit Sitz des Stabes in Veitshöchheim (Bayern/Unterfranken) ist als „Speerspitze“ für die Schnelle Eingreiftruppe der Nato vorgesehen. Die Pannen betreffen nämlich Fahrzeuge in einer speziellen Konfiguration der Panzergrenadier-Brigade 37, die ab 2023 an der VJTV-Truppe (Very High Readiness Joint Task Force) der Nato beteiligt sein soll.

Laut Generalmajor von Butler ist vor allem die Elektronik des Hightech-Panzers anfällig, in einem Panzer habe es sogar einen schweren Kabelbrand im Fahrerraum gegeben. Die letzten beiden noch einsatzbereiten PUMA seien schließlich „nach anderthalb Stunden mit Turmdefekten“ auch noch ausgefallen. Die Art der Mängel, so der General weiter, seien der Truppe bereits bekannt gewesen, sie seien „allerdings noch nie in dieser Häufigkeit“ aufgetreten. Ein Schirrmeister (in der Regel im Rang eines Stabs- oder Oberstabsfeldwebels) wird vom General mit den Worten zitiert: Es sei davon auszugehen, dass die volle Einsatzbereitschaft der Kompanie erst wieder in drei bis vier Monaten hergestellt werden könne.

Will man die Wahrheit nicht wissen?

Der PUMA, der mit gut 400 Exemplaren den alten, seit 50 Jahren im Einsatz befindlichen Schützenpanzer MARDER ablösen soll, war 2021 offiziell für gefechtstauglich erklärt worden. Allerdings hatte der von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) entwickelte und produzierte PUMA bereits zuvor als „Pannenpanzer“ gegolten.

Aber man hat die Probleme schöngeredet. Im „Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2021“ hatte Generalinspekteur Zorn am 15. Dezember 2021 auf Seite 5 geschrieben:

„Die Einsatzbereitschaft des SPz PUMA konnte im Berichtszeitraum erneut gesteigert werden. Die Priorität unseres Handelns liegt nun beim schnellstmöglichen Herstellen der Einsatz- und Versorgungsreife dieses neuen und für das Heer entscheidenden Hauptwaffensystems. Dabei haben wir sichtbare Fortschritte erreicht. Die materielle Einsatzbereitschaft konnte mit durchschnittlich 65% (+11%) und in der Spitze sogar 75% (+15%) gegenüber dem vorangegangenen Berichtszeitraum deutlich gesteigert werden. Die zwischen der Industrie und der Bundeswehr fortgeschriebene Zielvereinbarung hat einen wesentlichen Anteil an dieser positiven Entwicklung und unterstreicht, dass eine enge, konstruktive und zielorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten der Schlüssel zum Erfolg sind. Im Februar 2021 konnte mit der erfolgreichen ‚Taktischen Untersuchung‘ die Gefechtstauglichkeit des SPz PUMA und damit dessen Eignung für den Einsatz im Rahmen der Eingreiftruppe der NATO für den Zeitraum 2022 bis 2024 nachgewiesen werden.“

Nun, Papier ist geduldig. Aber dass man sich so verschätzen kann, dürfte der Grund sein, dass es einen „Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“ auf Anordnung von Ministerin Lambrecht jetzt nicht mehr gibt. Jetzt gibt es öffentlich zugänglich nur noch den „Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums; Teil 1“ – soeben als 16. Bericht veröffentlicht. Teil 2 ist nur intern und für das Parlament verfügbar.

Das PUMA-Problem kommt allerdings auch in Teil 1 nur geschönt vor. Wir zitieren aus den Seiten 93 und 94 sieben Sätze (Stand: Dezember 2022!):

  • „Der SPz PUMA zeichnet sich durch deutliche Verbesserungen gegenüber dem bisherigen SPz hinsichtlich Schutz, Mobilität und Waffenwirkung zur Erhöhung der Durchhalte- und Durchsetzungsfähigkeit aus und hat eine hohe Akzeptanz in der Truppe.
  • Das SysPzGren VJTF 2023 ist vollständig ausgeliefert und wurde abschließend erfolgreich getestet. Die Versorgungsreife soll bis zum 31. Dezember 2022 hergestellt werden.
  • Die Umsetzung des Vertrags zur konsolidierten Nachrüstung des 1. Loses SPz PUMA verläuft planmäßig. Die Auslösung der beiden Optionen der konsolidierten Nachrüstung (Option 1: 77 Fahrzeuge, Option 2: 66 Fahrzeuge) soll noch im Jahr 2022 erfolgen.
  • Mit dem SPz PUMA werden Einsatzfähigkeit und Effektivität der Panzergrenadiertruppe signifikant erhöht.
  • Das 1. Los SPz PUMA mit 350 Fahrzeugen wurde vollständig ausgeliefert und wird seit 2021 schrittweise einer konsolidierten Nachrüstung unterzogen. Mit dieser Maßnahme wird die volle Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge erreicht.
  • Aus gesamtplanerischer Sicht sind alle Maßnahmen für den Übergang zu einer aufgabenorientierten Ausstattung der Panzergrenadiertruppe mit dem Ziel einer bruchfreien Bereitstellung der Fähigkeitsbeiträge eingeleitet.
  • Sowohl mit der eingeleiteten Nachfolge für den SPz MARDER als auch der weiteren Beschaffung von modernisierten Soldatensystemen werden die Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang, auch als Beitrag zur Digitalisierung im Heer, geschaffen.“
Versagt die Rüstungsindustrie? Oder sind es überzogene „Goldrandprojekte“?

Unter’m Strich: Hier lügen sich einige Schreibtisch-Leute im Verteidigungsministerium wieder einmal in die Tasche. Aber auch die deutsche Rüstungsindustrie hat sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Zu ihrer Verteidigung kann man allenfalls sagen, dass man sie mit überzogenen technischen Vorgaben bombardiert hat. „Goldrandlösungen“ sagte man früher dazu, statt eine robuste Einsatzfähigkeit zu garantieren. Über den Image-Schaden, den Deutschland in der Nato (mal wieder) einfährt, muss man gar nicht erst räsonieren. Nicht nur in der Nato, sondern wohl auch in der Ukraine und im Kreml!