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Britische Sicht auf Angela Merkel: „Autoritär und grenzenlos arrogant“

Der britische Erfolgsautor Douglas Murray zeichnet in der Londoner Daily Mail ein wenig freundliches Bild von Angela Merkel: Ihre durch die DDR-geprägte Ideologie und ihr komplettes Unverständnis für Großbritannien und die Person Boris Johnson habe den Brexit ausgelöst - die Folgen des Konflikts würden die EU weiter schwächen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

In Deutschland erreicht Angela Merkel mit ihrer kompromisslosen Politik angeblich höchste Zustimmungswerte. Ihr Schüler Markus Söder hat erkannt, dass dies in Deutschland ein Weg zum Erfolg ist. Merkels Rigidität in wichtigen Fragen wird ihr gerne als Geradlinigkeit und Charakterstärke ausgelegt. Unser Erfolgsautor Douglas Murray (Der Selbstmord Europas / Wahnsinn der Massen) sieht das von Großbritannien aus anders. Er erkennt Angela Merkel nicht nur als autoritär und unnachgiebig, sondern sogar als grenzenlos arrogant. Und liefert eine kleine Aufzählung der Konsequenzen, die diese Charaktereigenschaften bisher gezeitigt haben.

In seinem Artikel für die britische Tageszeitung Daily Mail fragt Murray aus gegebenem Anlass, wer eigentlich an den festgefahrenen Brexit-Verhandlungen schuld ist. Selbstverständlich erkennt er als einen Hauptsaboteur den französischen Präsidenten Macron, der sich sowohl als Bewahrer der Privilegien französischer Fischer als auch als Retter des europäischen Projektes inszenieren will. Murray macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, welch gewichtige Rolle auch Angela Merkel in diesem Projekt spielt, die Engländer möglichst unvorteilhaft aus der EU zu entlassen.

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Zwar präsentiere sich die Kanzlerin gerne als Stimme der Vernunft und Meisterin des Kompromisses. Gleichzeitig sei sie aber überhaupt nicht in der Lage, England und die Engländer zu verstehen, so Douglas Murray. Er schreibt:

„Angela Merkel schätzt Großbritannien völlig falsch ein – und sie ist es, die die Hauptverantwortung für die verhängnisvolle Verhandlungsposition der EU trägt. Und das ist nicht zuletzt auch eine persönliche Sache.“

Murray erklärt den englischen Lesern Angela Merkels persönlichen Hintergrund als Kind eines lutheranischen Pastors. Zwar werde sie von ihren Wählern ‚Mutti‘ genannt, man vergesse darüber aber auch gerne, dass sie ihre prägenden Jahre in einem Deutschland erlebt hat, das von der Stasi beherrscht wurde. Und dass sie wie viele andere der FDJ angehörte, der kommunistischen Jugendorganisation der DDR.

Murray bemerkt an ihr als herausragende Eigenschaften Selbstgerechtigkeit und Überzeugunsgfestigkeit. Aufgrund dessen habe sie an einem vermeintlichen Hallodri Boris Johnson überhaupt kein Interesse – und sie zeige das auch mit einer bemerkenswerten Herablassung.

Nach Murrays Einschätzung achte Merkel den enormen Wahlerfolg Boris Johnsons nicht. Sie weigere sich, ihm zu vertrauen oder ihm zu glauben. Vor der Kamera gebe sie sich zwar stets milde, das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie hinter verschlossenen Türen ausgesprochen unbeugsam sei.

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Die Briten haben diese Ränkespiele schon öfter beobachten können. Im Jahr 2016 machte David Cameron einen Last-Minute-Besuch in Brüssel, um bessere Bedingungen vor dem Referendum für England zu erreichen. Er bettelte regelrecht um echte Konzessionen, mit denen er das Ruder im Referendum hätte herumreißen können. Aber Angela Merkel jagte ihn regelrecht vom Hof. Einige Monate später entschieden sich die Engländer dann für den Brexit. Zwar habe Macron daran schon mitgewirkt, er sei aber noch nicht Präsident gewesen. Der einzige wichtige Spieler in diesem katastrophalen Spiel, der heute noch an der Macht ist, sei die Kanzlerin, so Murray: Die Groß-Überlebende der europäischen Politik seit 15 Jahren.

Schon damals habe sie den Ruf kompromissloser Effizienz genossen. Zwar habe sie den Kontinent tatsächlich durch die Eurokrise gesteuert, das aber mit einem autoritären Starrsinn, für den sie in den südlichen Ländern heute noch gehasst werde, weil Deutschland sich geweigert habe, trotz großer Handelsbilanzprofite den Staaten auszuhelfen, die dumm genug gewesen waren, die deutschen Produkte zu kaufen.

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2015 traf Angela Merkel bekanntlich die verhängnisvolle Entscheidung, die Grenzen Europas fallen zu lassen. Ihre EU-Partner hat sie dazu nicht gefragt. Sie hat es einfach getan – und damit quasi nebenbei ein temporäres Immigrationsproblem in eine ausgewachsene Migrationskrise verwandelt. Sogar heute noch versuche sie, die Länder zu bestrafen, die sich weigern, für diesen ihren Irrtum zu bezahlen und große Mengen an Immigranten aufzunehmen.

„Ganz im Gegensatz zu ihrer Reputation als pragmatischer Politikerin liegen ihre Schwächen seit Jahren offen zu Tage. Ihre Unnachgiebigkeit, wenn Nachgiebigkeit angebracht wäre.“

Douglas Murray diagnostiziert:

„Sie ist autoritär, stellt sich aber als Freiheitskämpferin dar. Sie wird überall als weise gefeiert, liegt aber in ihren grundlegenden politischen Überlegungen völlig falsch.“

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2016 glaubte sie, die EU müsse gegenüber Cameron streng bleiben, um zu verhindern, dass auch andere Nationen anfangen würden, flexible Entscheidung zu verlangen. Das sei eine grobe – und nicht ihre erste – Fehleinschätzung gewesen. Obwohl zu erkennen war, dass die britischen Wähler genug hatten, weigerte sich Angela Merkel zu glauben, dass sie wirklich die EU verlassen würden. Ein schwerer Irrtum. Und ein klares Zeichen für ihr mangelndes Bemühen, ihr Gegenüber zu verstehen.

„Heute sehen wir dasselbe Muster – Angela Merkel verbindet schlechte Beratung mit Kampfeslust. Wieder glaubt sie, dass Großbritannien die EU nicht ohne einen Deal verlassen wird. Wieder ignoriert sie klare Anzeichen und die Versicherung Boris Johnsons, dass sie es tun werden.“

Ihre Berater, so Murray, glaubten nämlich, dass Johnson bluffe. Und deshalb nähme sie wieder ihre Rolle als gnadenlose Verhandlerin ein.

„Zweifellos glaubt sie, dass Großbritannien nachgeben wird. Zweifellos liegt sie wie 2016 vollkommen falsch.“

Das sei nicht das erste Mal, dass ihr vorgeworfen wird, sie manipuliere hinter den Kulissen. Folgt man ihrer Biografie aus dem Jahre 2013, war Merkel nicht nur eine bedeutungslose Kulturoffizierin der FDJ, sondern eine höhergestellte Funktionärin für Agitation und Propaganda in der DDR. Sie hat diese Behauptungen niemals bestritten.

In jedem Fall glaubt Murray, dass Angela Merkel mit Sicherheit nicht nur bei jedem Schritt der Brexit-Verhandlungen falsch beraten wurde, sondern sich auch danach richtete. Und nun sei es ihre Unfähigkeit, Großbritannien zu verstehen, die einen No-Deal-Brexit umso wahrscheinlicher werden ließe.

Wäre sie eine wirkliche Pragmatikerin, würde sie versuchen, die Verhandlungen zum Erfolg zu führen. Denn ein guter und funktionierender Deal würde dem ganzen Kontinent nützen.

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Millionen Menschen in der EU arbeiten in Branchen, die Zugang zu unseren Märkten brauchen, konstatiert Murray. Jede vernünftige und pragmatische EU-Führer würde die Bedürfnisse dieser Menschen bei den Verhandlungen nicht außer Acht lassen. Stattdessen sei der Standpunkt der EU unbescheiden und instabil. Und das habe direkt mit den Eigenschaften zu tun, für die Angela Merkel so oft gelobt werde: Mangelnde Flexibilität, auf autoritärem Verhalten fußende Effizienz und ein instinktives Misstrauen gegenüber Verhandlungspartnern.

‚Schubse sie herum und sie werden nachgeben‘, sei der Rat, den sie den anderen europäischen Führern erteile. Und die hätten bisher auch ordentlich geschubst. Das bedeute aber nicht, dass Großbritannien zusammenbrechen werde.

Was stattdessen zusammenbreche, sei der Ruf der Kanzlerin, eine vernünftige Pragmatikerin zu sein. Dies sei sie keinesfalls. Für Douglas Murray – und bestimmt auch für viele Briten – ist ‚Mutti‘ – Mummy – eine Ideologin, die genau das zerstört, was zu beschützen ihr aufgetragen ist.


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