Tichys Einblick
Express.at

Bisher unbekannte Szenen des Ibiza-Videos veröffentlicht

Die nun öffentlich gewordenen weiteren Teile des Videos sind, wie es auf exxpress.at heißt, „keine Reinwaschung“ des früheren FPÖ-Ministers HC Strache. Aber sie nähren den Verdacht, dass 2019 bewusst entlastende Passagen weggelassen wurden.

Zwei Jahre nach Bekanntwerden des „Ibiza-Videos“ werden nun bisher unbekannt gebliebenen Teile von der österreichischen Website exxpress.at veröffentlicht. Damals, am 17. Mai 2019 hatten die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel nur kurze Ausschnitte gezeigt. Die Macher des Videos hatten dem damaligen Minister und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und FPÖ-Klub-Obmann (Fraktionschef) Johann Gudenus eine Falle gestellt, in dem sie die beiden in eine Finca auf Ibiza lockten, wo ihnen eine vermeintliche Oligarchen-Nichte unter anderem in Aussicht stellte, die Kronen-Zeitung zu kaufen und auf FPÖ-Linie zu bringen. Aussagen von Strache und Gudenus in kurzen Ausschnitten aus diesen heimlich gefilmten Gesprächen erweckten den Eindruck der Bereitschaft zur Korruption und ungesetzlichen Parteienfinanzierung und zur verdeckten Kontrolle von Medien. Das Video führte dazu, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Koalition mit der FPÖ beendete und nach Neuwahlen mit den Grünen regiert. Strache und Gudenus traten aus der FPÖ aus.

Nun schreibt Exxpress nach der Durchsicht des ganzen Videos, dass mehrere Sequenzen „offenbar bewusst 2019 den Österreichern vorenthalten worden sind“. Die nun öffentlich gewordenen weiteren Teile des Videos seien „keine Reinwaschung“ von Strache. Aber sie entkräften doch die schärfsten Vorwürfe. Das Video wirke „in seiner Gesamtheit wie ein miserabel inszeniertes Stück einer nervösen Laienschauspiel-Truppe“, schreibt Exxpress-Autor Richard Schmitt.

Strache hat immer wieder betont, die bisher veröffentlichten Passagen des Ibiza-Videos würden nur einen verzerrenden Ausschnitt seiner Aussagen in Ibiza wiedergeben. Den Vorwurf der Bestechung oder Bestechlichkeit wies er immer zurück.

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Die nun veröffentlichten Teile entkräften etwa den damals in der Berichterstattung erweckten Eindruck, Strache sei bereit, die österreichische Trinkwasserversorgung zu privatisieren. Im Video ist aber zu hören, wie Strache sagt: „Die Wasser-Geschichte kann nur so laufen – ganz klar – dass wir als Staat unser weißes Gold auf einer staatlichen Ebene führen.” Von Spiegel und Süddeutscher Zeitung nicht erwähnt wurde auch, dass sich Strache beim Gespräch auf der Finca-Terrasse klar gegen Antisemitismus aussprach. Im Video ist zu hören, wie er sagt: “Grundsätzlich hört sich bei Antisemitismus alles auf.”

Exxpress zitiert Strache mit den Worten, es sei gut, dass nun das Video komplett öffentlich sei. Es sei ihm zwar „peinlich“, aber es zeige: „Ich bin nicht korrupt.“ Sein Fazit: „Natürlich hätte ich viel früher gehen müssen. Aber die Schlagzeile hätte trotz allem im Mai 2019 lauten sollen: ,Video-Beleg: Strache ist nicht korrupt.’”

Komplett weggelassen haben Süddeutsche und Spiegel auch, wie Gudenus in der Küche der Finca mit der falschen Oligarchen auf Russisch spricht. Der Exxpress-Dolmetscher sagt dazu: „Gudenus behauptet in dieser Konversation, er hätte die ,Oligarchin’ gegoogelt, er zeigt das auch pantomimisch. Er hätte sich ihren ,Pass angesehen’ und setzt sie so unter Druck. Sie lächelt verlegen, redet wirr.” Gudenus sagt dann aber bei Strache nichts über seinen offensichtlichen Verdacht.

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Die Rolle von Gudenus in der Ibiza-Affäre ist obskur, da schon 2019 bekannt wurde, dass er bereits längere Zeit vor der Aufnahme des Ibiza-Videos mit der falschen Oligarchen-Nichte bekannt war. Außerdem ist er laut Presseberichten von 2020 auf dem Ibiza-Video auch beim Kokain-Konsum zu sehen, wodurch er möglicherweise erpressbar war.

Bislang nicht öffentlich bekannt und womöglich auch für die Aufklärung der Hintergründe bedeutsam sind Video-Aufnahmen von den Vorbereitungen des Abends in der Finca im Juli 2017. Denn sie vermitteln den Eindruck, dass der so genannte „Ibiza-Detektiv“ und die Darstellerin der „Oligarchin“ vertraut sind: Er stellt sich beim Einkühlen der Weinflaschen in Unterhose vor die schon laufenden versteckten Kameras und auch die falsche Oligarchin ist nackt beziehungsweise nur mit einem Handtuch bedeckt zu sehen. Da sich die beiden offensichtlich nicht fremd sind, stelle sich, so Exxpress-Autor Schmitt „einmal mehr die Frage, warum das Bundeskriminalamt nicht fähig oder gewillt ist, diese Zeugin und mögliche Tatverdächtige festzunehmen“.

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