Tichys Einblick
Blue Origin

Bezos, Musk, Branson – Milliardäre im Weltall

Amazon-Chef Jeff Bezos war schon oben, Richard Branson auch und Elon Musk will folgen. Alle Raumtourismusunternehmer eint das Ziel: Preise runter für Flüge im All.

IMAGO / Cover-Images

Weitere elf Minuten und ein weiterer großer Schritt für die Menschheit. Am Dienstag, hob seine Rakete kurz nach 15 Uhr vom Startplatz in der Wüste im Westen von Texas ab. Nach etwa drei Minuten hatte die Rakete das Gefährt auf rund 3.700 Kilometer pro Stunde beschleunigt, die „Blue Origin“-Kapsel trennte sich und flog weiter, während die Antriebsrakete wieder vollkommen sanft senkrecht auf dem Landeplatz aufsetzte.

Neben Amazon-Gründer Jeff Bezos und seinem Bruder Mark saßen zwei weitere Mitreisende in der Kapsel. Ein Sitzplatz wurde versteigert – für 28 Millionen Dollar. Die über die Ticketversteigerung eingenommenen Gelder fließen in eine Stiftung zur Förderung von wissenschaftsbegeisterten jungen Leuten. Doch der unbekannte Gewinner konnte just zu diesem Zeitpunkt nicht – Terminschwierigkeiten können ja mal passieren. An seiner Stelle flog der 18-jährige Niederländer Oliver Daemen mit. Er hat im vergangenen Jahr die Schule beendet und beginnt im September 2021 ein Studium in Utrecht. Passte also terminmäßig schon mal. Die Flugkosten spendierte sein Vater, Leiter einer niederländischen Investmentfirma.

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Mit der 82-jährigen Wally Funk als Ehrengast flog die bislang älteste Raumfahrerin der Welt an den Rand des Weltalls. Die war früher Ausbilderin von Piloten in Oklahoma City, und trat 1961 der »Mercury 12« bei, einer Gruppe von Pilotinnen, die sich als Kandidatinnen für Astronauten qualifizierten, aber wie viele andere nie ins All geflogen sind. Bezos auf Instagram: »Niemand hat länger gewartet.« 

Die vier Passagiere konnten etwa drei Minuten in der Schwerelosigkeit herumschweben und durch große Fenster die Welt aus knapp 100 Kilometer Höhe betrachten.

Es sind schon hollywoodreife Duelle, die sich die Milliardäre der Welt liefern. Elon Musk wünschte standesgemäß über Twitter Bezos vorher »viel Glück« für seinen Flug.

Vor genau 52 Jahren, am 20. Juli 1969, landeten die ersten Menschen auf dem Mond. Neil Armstrong und Buzz Aldrin landeten mit der Fähre »Eagle«, während der Dritte im Bunde, Michael Collins als »einsamster Mensch« der Welt im Mutterschiff Apollo 11 den Mond umrundete und auf die Rückkehr der Mondausflügler wartete.

Sir Richard Branson, englischer Milliardär, hatte am 11. Juli mit seiner Flugkapsel einen Kurztrip an den Rand des Alls unternommen. Die »VSS Unity« flog von New Mexico aus 86 Kilometer in die Höhe. Hier saßen zwei Piloten und sechs Passagiere an Bord; Bezos Fluggerät flog vollautomatisch.

Im September will Tesla-Gründer Elon Musk »Inspiration 4« in eine erdnahe Umlaufbahn schicken. Musk hatte übrigens mitgeteilt, sich ein Ticket für einen Flug von Virgin Galactic gekauft zu haben, und Branson wiederum bekundete, auch mal mit der »Crew Dragon« von Musk mitzufliegen.

»Blue Origin« wurde von Jeff Bezos gegründet und will unter anderem den kommerziellen Weltraumtourismus erschließen, also vorerst Flüge bis an den Rand des Weltraums. 

Genauer gesagt: an die Grenzen des Alls. Denn die Technik reicht nicht aus, um die Fluggeräte jenseits der magischen Grenze zu bringen. Wo genau der Weltraum beginnt, ist nicht genau festgelegt. Für NASA und US Air Force beginnt er ab 80 Kilometer über dem Meeresspiegel, während die FAI, die Fédération Aéronatique International, der Dachverband der internationalen Raumfahrtaufzeichungen, die Grenze bei 100 Kilometern anlegt.

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Immerhin durchqueren sie die Stratosphäre, in die noch die Wetterballons hinaufsteigen, dann die Mesosphäre und erreichen bei ungefähr 85 Kilometer Höhe den Rand der sogenannten Thermosphäre, die bis in etwa 500 km Höhe reicht. In der wird’s spannend und wärmer, weil hier energiereiche Röntgen- und UV-Strahlung aus dem Weltraum nahezu ungehindert durch atmosphärische Gase einprasselt. Die Temperaturen können durchaus schon mal auf 1.500 Grad ansteigen, entsprechend müssen die Fluggeräte konstruiert werden. Allerdings würde man sich nicht die Finger verbrennen, denn es findet kaum mehr eine Wärmeübertragung statt, weil nur noch so extrem wenig Gasteilchen vorhanden sind. Hier beginnt das Gebiet der Raumfähren, die technisch deutlich höheren Ansprüchen genügen müssen.

Alle Raumfahrtunternehmen eint das Ziel: Preise runter für Flüge im All. Zu Zeiten des Space Shuttles kostete es noch 20.000 bis 40.000 Euro, ein Kilogram Nutzlast in eine Umlaufbahn zu bringen. Der Start eines Space Shuttles verschlang etwa eine Milliarde Euro. Eine Falcon Heavy, die derzeit stärkste Rakete, bringt man schon für „nur“ noch 90 Millionen in die Höhe.

Nur jene legendäre Saturn 5 Mondrakete lieferte einen stärkeren Schub und konnte eine höhere Ladung in den Orbit schießen. Sie flog das letzte Mal 1973.

Heute sorgen 27 Triebwerke vom Typ Merlin für einen Schub von mehr als fünf Millionen Pfund. Das ist etwa so viel Power, wie 18 gleichzeitig startende Jumbo-Jets B 747 erzeugen. Damit werden die insgesamt 1.420 Tonnen Startgewicht beschleunigt. Das ist ungefähr so viel, wie dreieinhalb komplette ICE-3 Züge wiegen.

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Das gewaltige Gebilde der Falcon Heavy kann eine Nutzlast von 63 Tonnen in seinem Laderaum mitnehmen. Dessen Entwicklung begann bereits 2005. Von Anfang an sollte das Prinzip möglichst einfacher Triebwerke gelten, die in größerer Anzahl gebaut werden. So lohnt eine Fertigungsstraße, bei der bereits Roboter eingesetzt werden können. Bei den bisherigen Produktionsmethoden bauen teure Spezialisten Triebwerke und Rakete von Hand zusammen.

Die einzelnen Raketen werden billiger; es lassen sich mehr Starts realisieren. Der Vorteil: So sammeln die Ingenieure schneller Betriebserfahrungen. Das ist das Teure in der Raumfahrt: Es sind viele Versuche und Tests notwendig, um Daten zu gewinnen. Bei Space X wurden meist nur die Hälfte der industrieüblichen Tests absolviert; dafür gab es mehr Starts.

Für mich immer noch die beste aller Ideen hatte Elon Musk. Der setzte einen Tesla in den Laderaum seiner Rakete. Die startete am Abend des 6. Februar 2018 um 21.45 Uhr (MEZ) von jener Startrampe 39 a im Kennedy Space Center in Florida, von der auch vor 1969 der erste Apollo Flug zum Mond abhob. Der Flug war ausdrücklich als Testflug konzipiert; üblich ist, Stahl oder Betonplatten als Last in der Ladebucht zu montieren. Diesmal die Idee, stattdessen einen kompletten Tesla Roadster als Payload einzubauen.

Das umkurvte die Erde, holte Schwung und flog am Mond vorbei und düst jetzt mit 61.274 km/h auf einer Umlaufbahn von der Erde weg. Die Frage ist offen, was von dessen organischen Stoffen wie Sitze, Gummi und Farbe unter dem Einfluss der extremen Strahlung übrig blieb. Das Auto hat allerdings seine 36.000-Meilen-Garantie schon 48.592,7 Mal überschritten, während es um die Sonne fuhr (1.749.335.423 Meilen = 2.815.283.337 km, 18,82 Astronomische Einheiten, AE).

Bringen uns demnächst also private Unternehmen zu bezahlbaren Kosten ins All? Mit Billig-Ticket à la Ryan Air also zum Mars?

Vermutlich nicht aus Deutschland. Hier verpulvert die Politik wertvolle Mittel lieber für Energiewende, Elektroauto und EEG. Neben Mülltrennung, Plastikverboten und CO2-Vermeidung konnte leider, leider nichts mehr für neue Technologien übrig bleiben. Während hierzulande eine unbeholfene Digitalministerin Bär vom Internet träumt und nicht einmal lebensnotwendige Kommunikationsmittel in einer Hochwasserkatastrophe funktionieren, hat Elon Musk schon mehr als 1.800 Satelliten für sein Starlink-Netzwerk in Umlaufbahnen geschossen. Die versorgen bald die gesamte Welt mit schnellem Internet und verbinden jetzt als schnelle Nothilfe mit über 12 rasch aufgestellten Satelliten-Schüsseln die vom Hochwasser betroffenen Gebiete mit dem Internet.

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