Tichys Einblick
#LautgegenLinks

Bauernproteste sollen ausgedehnt werden und erfahren breite Unterstützung von Bürgern und im Netz

Weitere Bauernproteste für Mittwoch angekündigt. In den sozialen Medien verstärkt sich die virtuelle Unterstützung für eine allgemeine Politik-Wende. Und: Denunziation von Traktorfahrern, wie sie insbesondere von Lokalpolitikern der Grünen gefordert wurde, bleibt laut Polizei folgenlos.

IMAGO / Future Image

Am Mittwoch gehen die Proteste von Bauern, Spediteuren und anderen Unternehmern weiter. Es sind wieder bundesweit Sternfahrten geplant. So fahren Hunderte von Bauern mit ihren Traktoren nach Dresden. Dort haben die Vereinigung »Landschaft schafft Verbindung Sachsen«, der sächsische Landesbauernverband und der sächsische Waldbesitzerverband zu einer großen Demonstration auf dem Theaterplatz aufgerufen, die ab 11:00 Uhr beginnt. Sie war ursprünglich für Montag geplant gewesen und wurde aus Furcht vor Unterwanderung abgesagt.

In Brandenburg wollen Bauern alle Autobahnzufahrten in einer landesweiten Aktion blockieren. In Flensburg wollen Hunderte von Bauern eine Sternfahrt zum Wahlkreisbüro von Robert Habeck veranstalten. Um 9:30 Uhr treffen sich die Landwirte an vier Sammelpunkten vor der Stadt und wollen ab 11:00 Uhr zur Geschäftsstelle der Grünen fahren. Die Polizei rechnet mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im Innenstadtbereich.

In Hessen findet eine große Sternfahrt nach Kassel statt. In Bayern finden in Weilheim, Bad Reichenhall und Ingolstadt Protestfahrten statt. Regional sind viele andere kleine und größere Aktionen geplant, insbesondere auch in Bayern und den immer noch kleinbäuerlich geprägten Urlaubsgebieten wie in Bad Reichenhall, am Chiemsee und im Allgäu.

Keine „rechte Unterwanderung“ – Vorwürfe bösartig

Der Vorstandssprecher des Spitzenverbandes für Straßengüterverkehr, Logistik und Entsorgung in Deutschland, BGL, Dirk Engelhardt, fordert Schluss mit der CO2-Doppelbelastung bei Maut und Diesel. Die Maut-Milliarden müssten für Straßen, Brücken und Parkplätze eingesetzt werden und für Zuschüsse in einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr. Die Mauterhöhung treibe nur die Inflation an. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt sieht in den Warnungen vor einer angeblichen Unterwanderung der Bauernproteste eine bewusste Diskreditierung der Landwirte. Er finde, sagte er, dieses Framing bösartig.

Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht keine Unterwanderung der Bauernproteste durch Rechtsextreme. „Die Unterwanderung gab es nicht“, sagte er dem TV-Sender „Welt“ am Dienstag. „Die wird es auch nicht geben und das ist für mich das Entscheidende.“ Man habe sich „in aller Deutlichkeit davon abgegrenzt“, so Rukwied. Beispielsweise habe der sächsische Landesverband die für Montag geplante Großdemo in Dresden auf Mittwoch verschoben, um auch ein klares Signal zu setzen. 

Wachsende Unterstützung für Politikwende

Die Unterstützung der Bauern ist groß. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes INSA für Bild ergab, dass 69 Prozent der Befragten die Bauernproteste gegen die geplanten Kürzungen der Ampelregierung unterstützen. 22 Prozent der Befragten sprachen sich gegen die Blockaden aus. INSA zufolge ist mittlerweile eine Mehrheit der Bürger bereit, auf der Straße gegen die Ampelkoalition zu demonstrieren. 45 Prozent der Befragten können sich vorstellen, ihre Unzufriedenheit öffentlich auf der Straße zu zeigen. Nur 40 Prozent würden nicht gegen die Politik der Ampel demonstrieren, obwohl sie unzufrieden sind. 15 Prozent äußerten sich bei der Umfrage nicht.

Besonders unzufrieden scheinen Wähler der FDP zu sein. 48 Prozent der FDP-Wähler kann sich vorstellen, gegen die eigene Regierung und damit auch gegen die eigene Partei zu protestieren. Aber 66 Prozent der SPD-Sympathisanten können sich der INSA-Umfrage zufolge nicht vorstellen, gegen die Ampel zu protestieren, bei den Grünen sind es sogar 69 Prozent.

#LautgegenLinks und semantische Niederlage

Während sie mit ihren Traktoren den Verkehr lahmlegen, erhalten viele Bauern auch Unterstützung im virtuellen Raum. Auf X, dem früheren Twitter, hat sich eine Initiative unter den Schlagworten #Lautgegenlinks und #wirzeigenGesicht gebildet. Dabei wenden sich viele Teilnehmer gegen die Dominanz der rotgrünen Politik in Medien und Gesellschaft, die an der erkennbaren Mehrheit der Bevölkerung vorbei geht, und protestieren gegen die Ampel. Längst geht es nicht mehr nur um Dieselbesteuerung für Landwirte. Während Bauernverband und Parteien die Demonstrationen auf dieses eher schmale Feld begrenzen und durch Zusagen abräumen wollen, sammelt sich hier der Protest gegen die Transformationspolitik, mit der die regierende Koalition Gesellschaft, Wirtschaft und Staat in ihrem Sinne umkrempeln und tief in das private Leben bis in die Kinderzimmer eingreifen will.

Einen wichtigen Konflikt allerdings haben die Bauern wortpolitisch schon verloren. Generell wird in Medien und Politik von „Dieselsubventionen“ gesprochen. Dabei bezahlen die Bauern sowohl Diesel als auch Steuer auf Diesel – nur in geringerem Umfang als für Fahrzeuge im Straßenverkehr. Das ist keine Subvention, die üblicherweise eine Verbilligung eines Produkts durch Zahlungen aus der Staatskasse darstellt. Historisch wird die niedrigere Besteuerung des Bauerndiesels damit begründet, dass die Mittel aus KfZ- und Spritbesteuerung für den Straßenbau eingesetzt werden sollten.

Die Besteuerung sollte also grob gerechnet dem Verursacherprinzip folgen. Die Bauern verbrennen den Diesel aber nicht auf Straßen, sondern während der Bearbeitung auf ihren Feldern, und verursachen damit kaum Straßenkosten. Begriffsbesetzung seien heute das, was früher Besetzung von Bahnhöfen und Postämtern gewesen wäre, sagte in den 80ern der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Diese Technik hat sich heute das rotgrüne Lager zu eigen gemacht, während die CDU heute keine offene Unterstützung der Bauern wagt.

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