Tichys Einblick
Umfrage zum ARD-Skandal:

Große Mehrheit für sofortigen Rauswurf von RBB-Intendantin Schlesinger

In einer Umfrage sprechen sich fast 90 Prozent für eine fristlose Entlassung von Patricia Schlesinger aus. Am Montag will der Rundfunkrat entscheiden.

IMAGO / Jürgen Ritter

Als RBB-Intendantin Patricia Schlesinger am vergangenen Sonntag ihren sofortigen Rücktritt erklärte, bedeutete das in Wirklichkeit noch nicht, dass sie sofort auf alles verzichten würde. Regulär endet ihr Vertrag laut Kündigungsregeln erst im Februar 2023. Sie sei bereit, auch früher zu gehen, so die langjährige Senderchefin, gegen die mittlerweile die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, wenn in Verhandlungen mit ihrem Anwalt sichergestellt würde, dass es sich um einen „vertragsgemäßen Verzicht“ handele. Was kompliziert klingt, bedeutet etwas sehr Einfaches: Sie wäre nur bereit, sofort zu gehen, wenn die ARD-Anstalt ihr Gehalt noch anteilig bis Anfang 2023 weiterzahlt. Erst kürzlich hatte sich Schlesinger mit Unterstützung des mit ihr befreundeten RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf das Jahresgehalt von 261.000 auf 303.000 Euro anheben lassen. 

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Gegen einen Abschied mit goldenem Handschlag wenden sich in einer aktuellen Civey-Online-Erhebung von Freitag allerdings fast 90 Prozent der Befragten. Auf die Frage, ob Schlesinger nach den jüngsten Enthüllungen über den dringenden Verdacht des Spesenbetrugs fristlos gekündigt werden sollte, antworteten 78,1 Prozent der Befragten: „auf jeden Fall“, weitere 9,1 Prozent mit „eher ja“. Keine Meinung trauten sich 7,8 Prozent zu. Nur 3,1 Prozent der Befragten meinten, Schlesinger sollte „eher nicht“ fristlos hinausgeworfen werden. Und 1,9 Prozent sagten, sie wünschten das auf keinen Fall. 

Die Intendantin kann zwar nicht wie eine normale Angestellte fristlos hinausgeworfen werden. Es handelt sich um einen Wahlposten, möglich sind Abwahl und Amtsverzicht. Allerdings können die Aufsichtsgremien ihr eine finanzielle Übergangsregelung verweigern und sie dazu auffordern, ihr Dienstverhältnis sofort ohne weitere Zahlungen zu beenden. Am Montag will der RBB-Rundfunkrat dazu in einer Sondersitzung eine Entscheidung treffen. 

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Die Liste der Vorwürfe gegen Schlesinger ist lang. Sie reicht von der Luxusausstattung der Intendantenetage für 655.000 Euro über lukrative Aufträge für ihren Ehemann Gerhard Spörl, die er mit Hilfe von RBB-Verwaltungsratschef Wolf bekommen haben soll, bis zu dem dringenden Verdacht, dass Schlesinger sich die Bewirtung privater Gäste in ihrer Wohnung mit Häppchen und Champagner als Spesen vom Sender erstatten ließ. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen sie, ihren Ehemann Spörl und den mittlerweile zurückgetretenen Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsnahme. 

Mittlerweile betrifft die Affäre auch den NDR, Schlesingers früheren Arbeitgeber vor ihrem Aufstieg zur RBB-Intendantin. Dort leitete sie den Programmbereich Kultur und Dokumentation, und gehörte auch zu den Mitverantwortlichen für die NDR-Auftragsproduktion „Der gute Göring“ von 2016. Einer der Drehbuchautoren damals: Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl.

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