Tichys Einblick
„Hätte sich ja impfen lassen können“

ARD-Experte verharmlost Morddrohungen gegen ungeimpften Skirennfahrer

Ein Sportler erhält aufgrund seines Impfstatus Morddrohungen. Bei der ARD kommentiert man das mit den Worten: „Da schießt dann doch der ein oder andere ein bisschen übers Ziel hinaus.“

IMAGO / GEPA pictures
Der ÖRR hat es wieder getan. Nachdem ZDF-Komikerin Sarah Bosetti Ungeimpfte mit einem „Blinddarm“ verglich (TE berichtete) und MDR-Hauptstadtkorrespondentin Sarah Frühauf in einem Tagesthemen-Kommentar Ungeimpfte für den Tod von tausenden Menschen verantwortlich machte, gibt es eine neue verbale Entgleisung. Dieses Mal aus der ARD.

Der Schweizer Ski-Alpin-Star Urs Kryenbühl wurde bei der Übertragung des „Super G“ aus dem italienischen Bormio am 29. Dezember in Das Erste zunächst als „interessanter Mann“ vorgestellt. Großes Interesse fand Moderator Bernd Schmelzer vor allem am Impfstatus des Schweizers. Im nächsten Satz machte Moderator Bernd Schmelzer darauf aufmerksam, dass Kryenbühl „einer der wenigen ungeimpften Läufer“ sei. Aufgrund dieses Umstandes habe dieser bereits Morddrohungen erhalten. Wer nun eine Verurteilung von Morddrohungen in aller Schärfe erwartet, wird enttäuscht. Schmelzer kommt nur ein „da schießt dann doch der ein oder andere ein bisschen übers Ziel hinaus“ über die Lippen.

Felix Neureuther, Deutschlands erfolgreichster Ski-Alpin-Fahrer und Co-Kommentator des „Super G“ sah sich zur Intervention gezwungen. Doch offensichtlich erkannte Neureuther keine Verharmlosung von Morddrohungen. Vielmehr fürchtete er wohl eine Bagatellisierung des Impfstatus des Sportlers. So reagierte er auf die Äußerung Schmelzers mit einem „aber gut, ich mein er hätte sich ja auch impfen lassen können“. Neureuther macht das Opfer zum Täter. Schuld haben nicht etwa die Verfasser der Morddrohungen, sondern derjenige, der einen vermeintlichen Grund liefert. Neureuther schiebt noch hinterher, dass es „mit Morddrohungen natürlich nicht getan ist“ und man „schon die Kirche im Dorf lassen“ müsse. Damit kann er seine Aussage jedoch nicht mehr entschärfen.

Dabei hat Urs Kryenbühl schon genug zu kämpfen. An Wettkämpfen dürfen etwa in Kanada nur geimpfte Athleten teilnehmen. Auf Facebook schrieb er, dass er „dem Impfzwang für die Rennen in Kanada nichts abgewinnen kann“. Dieser Post war dann Anlass für Kritik an seiner Person und auch für die Morddrohungen. „Es waren schon einige sehr strube und vor allem sehr persönliche Angriffe dabei, die mir entsprechend nahe gegangen sind“, äußerte der Schweizer.

Der öffentliche Druck hinterließ auch seine psychischen Spuren. Kommentare unter Artikeln lese er gar nicht mehr. Die Leistung des Schweizers leidet ebenfalls. „Ich fürchte, dass die Begleiterscheinungen, die die ablehnende Haltung bezüglich der Covid-Impfung mit sich bringen, den Urs zu sehr aus dem Gleichgewicht bringen“, sagte ein Funktionär des Schweizer Ski-Verbandes gegenüber der Schweizer Zeitung Blick.

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