Tichys Einblick
„Internationaler Tag für Toleranz“

„Antichristliche Hassverbrechen“ und Brandstiftungen gegen Kirchen nehmen massiv zu

Brennende Kirchen: Am Internationalen Tag für Toleranz erscheinen zwei Berichte, die gegen Christen gerichtete Gewalt in Europa dokumentieren. Sie machen deutlich, dass Intoleranz in Europa nicht ab- sondern zunimmt – ein Weckruf, der Licht auf ein weithin ignoriertes Problem wirft: Christenfeindlichkeit in Europa.

IMAGO / Photoshot/Construction Photography
Angriffe auf Christen und christliche Einrichtungen nehmen zu; und das nicht nur im globalen Süden oder in von kommunistischen Regimen beherrschten Ländern, sondern im Herzen Europas. Zu diesem Ergebnis kommen die Jahresberichte sowohl des Menschenrechtsbüros der OSZE als auch des Observatory on Intolerance and Discrimination against Christians in Europe (OIDAC Europe). Die Organisation, die unter anderem gegen Christen gerichtete Gewalt dokumentiert, berichtet nicht nur von einem Anstieg „antichristlicher Hassverbrechen“ um 44% in 2022 gegenüber dem Vorjahr: Insbesondere Brandstiftung hat mit einer Steigerung von 60 auf 105 gemeldete Fälle um 75% zugenommen.

Deutschland liegt mit insgesamt 231 antichristlich motivierten Vorfällen deutlich an der Spitze, gefolgt von Italien. Damit sind Christen laut OSZE nach jüdischen Gläubigen die am häufigsten angegriffene Gruppe. Während es sich bei der überwältigenden Anzahl der Taten um Vandalismus handelt, machen Angreifer auch vor Attacken auf Menschen nicht halt. Drei ermordete Christen zählt das Observatory, in Russland, der Ukraine, und Frankreich: Dort wurde ein französischer Familienvater vor den Augen seiner Kinder erstochen, als er sie von einer katholischen Schule abholte. Eine erschütternde Eskalation der Gewalt.

Aus dem Bericht von OIDAC Europe wird allerdings deutlich, dass, obwohl solche Exzesse weiterhin eine Ausnahme darstellen, Anzeichen für eine „Normalisierung“ von Gewalt gegen Christen bestehen. Dies betrifft insbesondere Kirchengebäude: Obgleich ein Großteil der Angriffe durch anonyme Täter erfolgt, bekennen sich laut OIDAC Europe ideologisch motivierte Gruppen immer häufiger stolz zu ihren Taten, durch Bekennerschreiben, durch am Tatort angebrachte Slogans und im Netz. Das gilt vor allem für radikalisierte feministische Gruppen. Eine Tatsache, die nachdenklich stimmt, sind es doch gerade solche Gruppierungen, die mit Forderungen nach Diversität und Toleranz aufwarten. Die ausgerechnet am „Internationalen Tag für Toleranz“ veröffentlichten Berichte machen deutlich, dass es sich hier oft um Lippenbekenntnisse handelt, die zudem mit genau gegenteiligem Verhalten einhergehen.

Mit den beunruhigenden Zahlen werfen OSZE und OIDAC Europe ein Schlaglicht auf ein weithin vernachlässigtes Phänomen: Politisch, ideologisch oder religiös motivierte Angriffe auf Christen machen zumeist ebenso wenig und nachhaltig Schlagzeilen wie Kirchen, die „zufällig“ Ziel von Vandalismus wird. Abgesehen von dem ideellen Schaden und den unersetzlichen kulturellen Werten, die hier zerstört werden, ist es das gesellschaftliche Klima, das sich als immer rauer und intoleranter erweist, wenn Christen wegen ihres Glaubens angegriffen werden – und das auf einem Kontinent, der maßgeblich durch diese Religion geprägt ist, der seine Fokussierung auf Menschenrechte und Freiheitsreche nicht zuletzt diesem Glauben verdankt.

Auch dies legt der Jahresbericht des Observatory nahe: Die Geschäftsführerin des OIDAC Europe, Anja Hoffmann, macht deutlich, dass neben tätlicher Gewalt, Brandstiftung und Vandalismus auch die Einschränkung von Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit stetig zunimmt: Bannmeilen um Abtreibungskliniken, in denen schweigendes Ausharren vor Ort zu Befragungen durch die Polizei führen kann, Eliminierung von Gewissensklauseln, die es Ärzten ermöglichen, Behandlungen zu verweigern, die sie aus Gewissensgründen ablehnen – etwa Geschlechtsumwandlungen an Minderjährigen.

Schlagzeilen machte zuletzt der Freispruch von Päivi Räsänen: Zwar wurde die wegen eines Tweets mit Bibelversen angeklagte finnische Politikerin kürzlich in zweiter Instanz freigesprochen – dass sie sich zuvor über vier Jahre lang durch Verhöre und Prozesse kämpfen musste, zeigt, wie bedroht die Glaubensfreiheit zuweilen gerade in Ländern ist, die als besonders liberal gelten. Auch weniger prominente Christen leiden unter derlei Sanktionen, verlieren ihre Arbeitsstelle, werden suspendiert oder unter sogenannten „Hassrede-Paragraphen“ angeklagt.

Die OSZE-Vertreterin Regina Polak sieht hier also zurecht dringenden Handlungsbedarf: „Die von OIDAC Europe dokumentierten steigenden Zahlen an Hassverbrechen gegen Christen sind äußerst besorgniserregend. Es ist daher von höchster Notwendigkeit, sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf Regierungsebene ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen und politische Maßnahmen zu ergreifen, um es entschieden zu bekämpfen.“, betont sie, und nimmt damit die Politik in die Verantwortung: Es gibt wohl kaum einen besseren Tag als den „Internationalen Tag für Toleranz“, um die Regierungen Europas darauf hinzuweisen, grundlegende Menschenrechte wie Glaubens- und Meinungsfreiheit zu schützen, und die freie und freimütige Teilhabe aller am öffentlichen Leben und gesellschaftlichen Diskurs zu gewährleisten.

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