Tichys Einblick
Machtmissbrauch

„Pimmelgate“: Hausdurchsuchung bei Familienvater, weil der den Hamburger Innensenator im Netz beleidigte

Ein Nutzer beleidigt den Hamburger Innensenator auf Twitter - dessen Polizei daraufhin sein Haus durchsucht. Eine Exekutivposse in der Hansestadt.

Hau druff: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD)

IMAGO / Chris Emil Janßen

Auf Grundlage eines Beleidigungsdelikts kam es am Mittwochmorgen auf St. Pauli zu der Hausdurchsuchung. Mehrere Polizisten sollen um 6:00 Uhr morgens mit einem Durchsuchungsbeschluss in die Wohnung eingedrungen sein, dabei wurden mehrere elektronische Geräte des Beschuldigten sichergestellt. In der durchsuchten Wohnung leben Medienberichten zufolge auch zwei kleine Kinder. Der Betroffene hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) auf Twitter beleidigt – und zwar mit den Worten „Du bist so 1 Pimmel“.

Der Vorfall hat in den sozialen Netzwerken Empörung ausgelöst – auf Twitter wurde #Pimmelgate zeitweise zum Thema Nr. Eins in Deutschland. Viele stellen die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes in Frage. Gerade weil der Fall den Innensenator involviert, hat sich der Eindruck einer Einflussnahme von oben breit gemacht. In vielen Fällen werden Beleidigungsdelikte nämlich nur sehr langsam und schwerfällig verfolgt. Doch eine vergleichsweise triviale Beleidigung gegen den Senator, und die Reaktion darauf ist eine rabiate Polizeiaktion. Wenn eine Hamburger Familie früh morgens aus dem Bett geklingelt und ihre Wohnung von mehreren Polizisten auf den Kopf gestellt wird, weil es einen flapsigen Tweet gegeben hat – ist das noch Verhältnismäßig?

Der Innensenator meint: Ja. Und fordert die Bürger auf, es ihm gleichzutun: Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten seien eigentlich völlig normal.

Das widerspricht den Berichten vieler Nutzer auf Twitter – einige wollen solche Maßnahmen deshalb viel häufiger sehen. Zum Beispiel viele Grüne, die jetzt Vergleiche zu einem Fall um Renate Künast ziehen – die Grünen-Politikerin wurde ebenfalls beschimpft und musste durch mehrere Instanzen gehen, um eine Verurteilung wegen Beleidigung zu erreichen.

Das ist wohl unfair: Deshalb sollen viel mehr Haushalte mit Kindern um 6 Uhr morgens durchsucht werden. Selten haben Politiker ihren Machtmissbrauch so offen zur Schau gestellt.

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