Tichys Einblick
Campino und Co mit "Black Face"

Als die Toten Hosen sich die Gesichter schwarz anmalten

Die Toten Hosen gelten nicht nur als Punk- sondern auch als Moral-Rocker. Seltsamerweise scheint ihr peinliches Video mit schwarz angemalten Gesichtern als Bananen essende Afrikaner vergessen zu sein. Zeit, es sich nochmal anzusehen.

Screenprint: Youtube

Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat derzeit viel zu tun und sicher andere Prioritäten als alternde, weiße Punk-Rocker in Deutschland. Erstaunlich ist aber, dass auch einheimische Anti-Rassismus-Aktivisten in diesen Tagen einen der offensichtlichsten Fehltritte der deutschen Pop- und Rockgeschichte nicht groß thematisiert haben. Zumal es um eine der prominentesten Formationen des hiesigen Unterhaltungsbetriebes geht, die außerdem kaum eine Gelegenheit auslassen, ihr sogenanntes politisches Engagement zu demonstrieren. Es geht um die Toten Hosen und ihr Lied oder vielmehr ihr Musikvideo zum Lied „Hip Hop Bommi Bop“.

Die Hip-Verballhornung ihrer Saufhymne „Eisgekühlter Bommerlunder“ sang 1983 der amerikanische Hiphoper Fab 5 Freddy – und im Video blamierten sich die Toten Hosen mit brauner Farbe im Gesicht und der Darstellung von offenbar kannibalischen und Bananen essenden Afrikanern. Solches „Black Facing“, einst fester Bestandteil von Minstrel-Theatern in den USA zur Zeit der Rassentrennung, gilt heute als Inbegriff rassistischer Erniedrigung von Schwarzen durch Weiße.

Damit stehen die Düsseldorfer um Sänger Campino in einer Reihe mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau und anderen prominenten Nordamerikanern, die sich schon die Gesichter schwärzten. Allerdings haben die sich alle zutiefst dafür entschuldigt, vor wenigen Tagen etwa der US-Komödiant Jimmy Kimmel.

Immerhin können Campino und Co für sich in Anspruch nehmen, dass sie ihrer Zeit wohl voraus waren, als sie 1996 ein bekanntes Abzähl-Lied mit dem sogenannten „N-Wort“ zu „Zehn kleine Jägermeister“ umdichteten.

Ambivalent dagegen ist das Lied „Lesbische, schwarze Behinderte“ des Liedermachers Fanny van Dannen, das die Hosen 1999 für ihr Album „Unsterblich“ coverten. In Zeiten, da der Spruch „White Live Matters“ auf einem Banner hinter einem Flugzeug hergezogen, zu Jobverlust und lebenslangem Stadionverbot für Fans des britischen Fußballclubs Burnley führte, könnte es durchaus auch Menschen geben, die Anstoß an diesem Liedtext nehmen:

An allem sind die Männer schuld,
Machos, meistens weiße
Sie sind voll verantwortlich
Für die ganze Scheiße
Sie regieren diese Welt
Und haben zu viel Macht
Sie haben unseren Planeten
Auf den Hund gebracht
Gibt es größere Schurken?
Die Antwort lautet, „nein!“
Doch auch lesbische, schwarze Behinderte
Können ätzend sein
Ich traf eine bei Obi,
Sie fuhr in ihrem Rollstuhl
Drängelte sich an der Kasse vor
Und zahlte dann noch voll cool
Mit einem Tausendmarkschein,
Doch sie kaufte nur zehn Schrauben
So was würde sich doch ein normaler Deutscher
Gar nicht erst erlauben
Da schimpfte die Kassiererin,
Und alle stimmten ein
Auch lesbische, schwarze Behinderte
Können ätzend sein
Draußen auf dem Parkplatz
Fuhr sie mich fast um
Anstatt sich zu entschuldigen,
Brüllte sie nur „Bist Du dumm?!“
„Ich bremse auch für Männer“,
Das stand auf ihrer Brust
Da hab‘ ich so spontan
Kein gutes Wort gewusst
Ich hätte „Fick Dich“ rufen sollen,
Es fiel mir zu spät ein
Auch lesbische, schwarze Behinderte
Können ätzend sein
Natürlich bin ich kein Rassist,
Vor meinem Kopf ist auch kein Brett
Die meisten lesbischen schwarzen Behinderten
Sind alle furchtbar nett
Doch Ausnahmen wie diese
Schließt die Regel ein
Auch lesbische schwarze Behinderte
Können ätzend sein!
Auch lesbische schwarze Behinderte
Können ätzend sein!

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