Tichys Einblick
Weiterer Griff in die Tasche des Bürgers

Grundsteuer-Irrsinn: „Reform“ trifft Eigentümer und Mieter mit voller Wucht

Die Grundsteuerreform ist eine flächendeckende Abzocke. Die Mehrheit der Eigentümer und Mieter in Deutschland muss durch die Neubewertung der Grundstücke draufzahlen – während der Staat abkassiert. Die Kommunen können über steigende Hebesätze munter nachlegen beim Schröpfen der Bürger.

[M] Ein symbolischer Holzstempel, gehalten von einer Hand mit der Aufschrift "Grundsteuerreform" vor einem modernen Haus mit hochwertigen Neubauwohnungen. Foto mit Composing als Symbolbild für die Neuberechnung der Grundsteuer bei Immobillien. || Modellfreigabe vorhanden

picture alliance / SULUPRESS.DE

Mit der Grundsteuer-Reform trat zu Jahresbeginn 2025 in Deutschland für Immobilieneigentümer eine der größten steuerlichen Veränderungen seit Jahrzehnten in Kraft. Kernpunkt der Reform war die verpflichtende Neubewertung sämtlicher Hausgrundstücke im Bundesgebiet.

Zwar blieben die grundlegenden Berechnungsfaktoren – Grundstückswert, Grundsteuermesszahl und Hebesatz – formal unverändert, doch die Ermittlung des Grundstückswerts selbst wurde neu geregelt. Zur Berechnung des Grundstückswerts zieht man nun einen Bodenrichtwert sowie eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete heran.

Vor der Grundsteuerreform, also bis einschließlich 2024, wurde die Grundsteuer auf Basis des sogenannten Einheitswerts berechnet. Dieser Einheitswert beruhte auf alten, aber zuverlässigen Bewertungsstichtagen: Für Westdeutschland war das Jahr 1964 maßgeblich, für Ostdeutschland 1935. Diese alten Einheitswerte dienten als zentrales Argument, um die Grundsteuer-Reform durchzusetzen.

Genau hierin liegt jedoch das Problem: Im Zuge dieser Neubewertung haben sich die meisten Immobilien deutlich im Wert gesteigert – was zu einer höheren Grundsteuer führt. Da diese Mehrbelastung von Eigentümern in der Regel auf die Mieter umgelegt wird, geraten auch die unter Druck. Die ohnehin dramatische Wohnkrise wird dadurch verschärft – insbesondere in den Ballungsräumen, wo nun die Mietpreise explodieren könnten.

Studie deckt das Ausmaß der Belastung auf

Wie drastisch die Folgen der Grundsteuer-Reform tatsächlich sind, offenbart eine aktuelle Untersuchung des Eigentümerverbands Haus & Grund, die der BILD-Zeitung vorliegt. Demnach profitieren lediglich 21 Prozent der Eigentümer von einer Entlastung – für die Mehrheit bedeutet die Reform deutlich höhere Abgaben.

Besonders alarmierend: Bei Eigentumswohnungen kletterte die Grundsteuer im Durchschnitt um 96 Prozent, bei Ein- und Zweifamilienhäusern sogar um 139 Prozent. Für die Erhebung wurden rund 2.000 Grundsteuerbescheide ausgewertet.

Damit ist klar: Das zentrale Versprechen der Bundesregierung wurde gebrochen. Ursprünglich hatte Olaf Scholz 2019 als damaliger Finanzminister im Bundestag zugesichert, dass „das Steueraufkommen insgesamt nicht steigen“ werde. Die Reform entpuppt sich als versteckte Steuererhöhung zulasten der Bürger.

War die Grundsteuer-Reform wirklich notwendig?

Angesichts der enormen finanziellen Mehrbelastung, die durch die Grundsteuer-Reform sowohl Eigentümer als auch Mieter trifft, drängt sich die Frage auf: War die Neubewertung der Grundstückswerte notwendig? Die Antwort lautet: Nein! Die alten Einheitswerte haben über Jahrzehnte hinweg zuverlässig funktioniert und boten eine stabile, kalkulierbare Grundlage für die Grundsteuer. Für Eigentümer und Mieter war die Abgabe planbar – und vor allem bezahlbar.

Radikale Neubewertung von Grundstücken
So stark leiden die Bürger unter der Grundsteuer-Reform
Die Grundlage für die Reform lieferte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, das das bisherige Bewertungsverfahren auf Basis der Einheitswerte als verfassungswidrig einstufte. Wie konnte ein seit Jahrzehnten bewährtes System plötzlich gegen das Grundgesetz verstoßen? Kritische Stimmen vermuten vielmehr, dass der Staat die Umsetzung der Reform als Vorwand nutzte, um den Bürgern tiefer in die Tasche greifen zu können und sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu sichern.

Tatsächlich scheint sogar vielmehr die neue Grundsteuerregelung verfassungswidrig zu sein – ein Eindruck, der durch die Vielzahl an Einsprüchen gegen die Grundsteuerbescheide und die Kritik zahlreicher juristischer Experten verstärkt wird.

Bürger wehren sich gegen staatliche Willkür: Ist die Grundsteuer-Reform rechtens?

Bereits im Jahr 2023 legten bundesweit fast drei Millionen Eigentümer Einspruch gegen die Bescheide im Zuge der Grundsteuer-Reform und der Neubewertung ihrer Grundstücke ein. Auch wenn bundesübergreifend seither keine aktualisierten Zahlen veröffentlicht wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Kläger weiter erhöht hat: Allein in Nordrhein-Westfalen zählte man im dritten Quartal 2024 bereits über eine Million Einsprüche.

Doch der Staat zeigt wenig Verständnis für den wachsenden Protest. Mehrere Eilanträge gegen die Vollstreckung der Grundsteuerbescheide wurden im März abgewiesen. Das Sächsische Finanzgericht lehnte die Verfahren Berichten zufolge kostenpflichtig und ohne Zulassung einer Beschwerde ab. Laut Focus online begründete das Gericht die Entscheidung damit, dass die Antragsteller nicht hätten darlegen können, weshalb die Zahlung der Grundsteuer so gravierende Nachteile verursache, dass sie ein öffentliches Interesse am Gesetzesvollzug überwiegen würden.

Angesichts der alarmierenden Zahlen aus der Studie von Haus & Grund, die die hohe Mehrbelastung für den Großteil der Bürger durch die Neubewertung ihrer Grundstücke belegen, wirkt die Begründung der Judikative auf viele Betroffene wie ein schlechter Scherz.

Willkür bei Bodenrichtwerten: Wenn Nachbarn plötzlich zu Steuergegnern werden

Ein Blick hinter die Kulissen der Grundsteuer-Reform offenbart das Kernproblem: Die sogenannten Bodenrichtwerte, die maßgeblich den neuen Grundstückswert bestimmen, basieren auf einem Flickenteppich regionaler Gutachterausschüsse. Jeder Ausschuss legt nach eigenen Vorstellungen und Bewertungsmethoden fest, wie viel ein Grundstück wert sein soll.

"Grundsteuerchaos" in NRW geht weiter
Über eine Million Einsprüche gegen Grundsteuerbescheide
Die neue Bewertungsgrundlage ignoriert wesentliche Faktoren wie Hanglage, Lärmbelästigung oder den Ausblick – Kriterien, die entscheidend für den tatsächlichen Wert eines Grundstücks sein sollten. Eine einheitliche, transparente Grundlage? Fehlanzeige.

Das Ergebnis sind teils groteske Unterschiede, selbst bei Grundstücken, die nur wenige Meter auseinanderliegen. Wie absurd dieses System ist, zeigt der Fall der Brüder Peter und Marco Spethmann. Zwei identische Grundstücke am Berliner Stadtrand, getrennt nur durch eine Hecke – und doch klaffen die Steuerbescheide weit auseinander. Peter, der lediglich eine Gartenlaube besitzt, sieht sich plötzlich mit einer Steuerlast von 546 Euro konfrontiert. Vor der Reform waren es bescheidene 22 Euro. Sein Bruder Marco, der auf seinem Teil ein Einfamilienhaus errichtet hat, kommt vergleichsweise glimpflich davon: Seine Grundsteuer beträgt nun 348 Euro.

Der Grund für diese Schieflage liegt wohl in der bürokratischen Einstufung: Weil Peters Laube nicht als ganzjährig bewohnbar gilt, wird sein Grundstück wie ein Gewerbebetrieb behandelt. Hans-Joachim Beck vom Immobilienverband erklärt nüchtern, dass eine fehlende Heizung den Unterschied für die Einstufung macht.

Anhebung der Hebesätze kommt als Zusatzbelastung hinzu

Hinzu kommt, dass die Kommunen kontinuierlich die Hebesätze anheben und damit die Grundsteuerbelastung für Eigentümer und Mieter weiter erhöhen. Ein Hebesatz ist eine von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde festgelegte Prozentzahl, mit der die Steuerschuld berechnet wird – und ist somit, wie auch die Bodenrichtwerte, nicht einheitlich. Dieser fungiert als Multiplikator in der Formel zur Berechnung der Grundsteuer (Grundsteuer = Grundstückswert × Steuermesszahl × Hebesatz) und erlaubt es den Gemeinden und Kommunen, einen weiteren Teil vom Bürger abzuknöpfen.

Im Jahr 2024 stieg der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer B in Deutschland auf 568 Prozent. Das geht aus einer Erhebung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor. Zehn Jahre früher, 2014, lag der durchschnittliche Hebesatz noch bei etwa 383 Prozent. Die Grundsteuer B gilt für sämtliche Grundstücke, die nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden (diese fallen unter die Grundsteuer A).

Über 6 Millionen Einsprüche gegen Bescheide
Schockierende Steuerexplosion: Die Grundsteuer-Apokalypse 2025
Grund für die kontinuierliche Anhebung sind ohne Frage die enormen Defizite der Kommunen. Diese entstanden unter anderem durch kostspielige Ideologieprojekte wie Klimamaßnahmen, bei denen Milliarden aus dem Fenster geworfen wurden. Auch die erheblichen Ausgaben für die rund 4 Millionen Bürgergeld-Empfänger dürften die finanzielle Situation der Gemeindekassen zusätzlich belastet haben. Die Kommunen sind verpflichtet, sich an den Kosten für Unterkunft und Heizung der Leistungsempfänger zu beteiligen.

Die Grundsteuer-Reform entpuppt sich als weiteres Paradebeispiel staatlicher Umverteilungspolitik: Unter dem Vorwand notwendiger Modernisierung wurde eine versteckte Steuererhöhung durchgesetzt, die Eigentümer und Mieter gleichermaßen belastet. Während Berlin von „Gerechtigkeit“ spricht, explodieren in der Realität die Abgaben – befeuert durch intransparente Bodenrichtwerte und stetig steigende Hebesätze. Die Wohnkrise wird damit nicht gelöst, sondern verschärft. Am Ende zahlen die Bürger den Preis für politische Fehlentscheidungen. Die Ampelregierung hinterlässt einen gesellschaftlichen Scherbenhaufen.

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