Tichys Einblick
Kritische Folgen der Energiewende

Zu wenig Strom für die Aluminiumindustrie

Große Kohlekraftwerke wurden in der Nähe der Industriestandorte errichtet. So stand der Industrie eine preiswerte und sichere Energieversorgung zur Verfügung. Das zerstören die Energiewendler gerade gründlich.

Ging es um die »Energiewende« in Deutschland, verhielten sich bisher Arbeitnehmerorganisationen wie die IG Metall mit erstaunlichem Gleichmut – zumindest nach außen. Die für die Industriearbeitsplätze sehr gefährliche Energiewende spielte kaum eine Rolle, stattdessen geht die IG Metall mit Unsinnssprüchen wie »Gerecht grüner werden« hausieren und sirenen ihren Mitgliedern mit Sprüchen »Wie wir unsere Industrie umbauen ohne Jobs zu vernichten« die Ohren zu.

Die Beschäftigten in der Industrie sehen das naturgemäß anders. Sie erleben Tag für Tag die desaströsen Folgen in ihren Fabriken. Langsam wird öffentlich, welche Unruhe auch die Beschäftigten der Aluminiumindustrie gepackt hat. Jetzt schlagen sie Alarm, wie die Rheinische Post berichtet. Sie zitiert den Betriebsratsvorsitzenden Heinz Höhner am Standort Grevenbroich des norwegischen Aluminiumherstellers Hydro: »Das Thema Energie treibt unsere Belegschaft um.«

Auf der jüngsten Betriebsversammlung sei es auch um die Versorgungssicherheit gegangen. Die Beschäftigten wollten wissen, was geschieht, wenn im Jahre 2023 die Kohlekraftwerke vom Netz gehen.

Diese großen Kohlekraftwerke wurden in der Nähe der Industriestandorte errichtet, weil so der Strom nicht über lange Strecken geleitet werden muss. Das kostet erhebliche Energieverluste. So stand der Industrie eine preiswerte und sichere Energieversorgung zur Verfügung. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für Prosperität. Das zerstören die Energiewendler gerade gründlich.

Höhner: »Es ist doch Wahnsinn, dass sich der Bundeswirtschaftsminister hinstellt und sagt, wir werden die fehlende Energie von den europäischen Partnern bekommen.« Die IG Metall will am 29. Juni eine »Transformation-Großkundgebung« in Berlin abhalten. Dabei werden auch Beschäftigte der Hydro-Aluminiumhütte dabei sein.

Die Aluminiumindustrie benötigt wie kaum eine andere Industrie erhebliche Mengen an Energie. Tag und Nacht muss zuverlässig Strom in immer gleicher Spannung fließen. Ein Blackout von nur zwei Stunden würde aus einer Aluminiumhütte einen Haufen von Schrott hinterlassen. Die Aluminiumschmelze in den Öfen würde erstarren, das Werk müsste aufgegeben werden. Die Bedrohung sei real, wie Höhner berichtet: »Im letzten Jahr hatten wir 18 kürzere Abschaltung wegen Blackout.«

Das bedeutet nicht nur Produktionsstillstand, sondern auch eine erhebliche Gefahr. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen befürchtet, dass nach einem Stromausfall zerstörte Produktionsanlagen nie wieder in Deutschland aufgebaut werden würden. Die Personalkosten seien für den Betrieb einer Aluminiumhütte kein Thema, das entscheidende Kriterium seien die Energiekosten. Ein paar Cent mehr pro Kilowattstunde schlage gleich in Beträgen von mehreren Millionen zu Buche.

Den Aluminiumhütten wiesen die Energiewendeplaner ursprünglich eine Puffer-Rolle zu. Bei dem stark schwankenden Angebot der unsicheren Sonnen- und Windstromproduktion sollten Aluminiumwerke einfach mal auf Stromlieferung verzichten. Ebenso übrigens wie große stromintensive Kühlhäuser. Motto: Ei, die können doch mal auf Strom verzichten! Dieser Mangelverwaltung wurde der schönsprecherische Begriff „virtuelle Batterie“ verpaßt.

Der Gesamtverband der Alumniumindustrie (GDA) meldete im vergangenen Montat stolz, Trimet Aluminium in Essen habe den Probebetrieb einer solchen »virtuellen Batterie« gestartet. »Damit kann die Energiezufuhr bei der Aluminiumproduktion des Essener Werks erstmals flexibel gesteuert werden«, jubelt der Verband statt Klartext zu reden. »Hierdurch entsteht ein riesiger Stromspeicher, der es erleichtert, den unstetig erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz zu integrieren. Für den Umbau wurden insgesamt rund 36 Millionen Euro investiert.«

„Wir haben den Elektrolyseprozess zur Produktion von Aluminium neu erfunden. Erstmals können wir die Energiezufuhr im laufenden Betrieb signifikant variieren. So reagieren wir auf Veränderungen im Stromangebot zum Vorteil der Versorgung der Haushalte in Essen“, sagt Philipp Schlüter, Vorsitzender des Vorstands von Trimet. „Als Aluminiumhersteller sind wir naturgemäß ein energieintensiver Betrieb. Als solcher sind wir aber eben auch wertvoller Partner für die Energiewende“, biedert sich Schlüter an.

Mit der Umstellung von insgesamt 120 Öfen des Essener Werks könnten für bis zu 48 Stunden mal 25 Prozent mehr oder 25 Prozent weniger Strom abgenommen werden, ohne dass die Aluminiumproduktion unterbrochen wird. Bei Bedarf könne auch bis zu einer Stunde der Energiebedarf auf 0 gesenkt werden. So könnten zum Nutzen der Energiewende bis zu 2.000 Megawattstunden Strom gespeichert werden. Somit hat die „Virtuelle Batterie“ die Kapazität eines mittelgroßen Pumpspeichers.

Die täglich mit der Produktionsrealität konfrontierten Beschäftigten der Aluminiumhütten sehen das etwas anders. Denn seit seiner Erfindung im Jahr 1886 basiert der Prozess zur Aluminiumherstellung auf einer konstanten Energiezufuhr.
Der GDA frohlockt weiter: »Mit der „Virtuellen Batterie“ überwindet Trimet erstmals dieses Dogma und flexibilisiert den energieintensiven Elektrolyseprozess.« Für diese flexible Steuerung der Elektrolyseöfen habe Trimet gemeinsam mit der bergischen Universität Wuppertal einen steuerbaren Wärmetauscher entwickelt, der die Temperatur im Ofen trotz unsteter Energiezufuhr konstant hält.

Nicht erwähnt hat der GDA, wie hoch die sicherlich erheblichen Energieverluste sind, was der Spaß dann kostet und wer ihn bezahlt.