Tichys Einblick

Wärmepumpen-Boykott: Erste Heizungsbauer melden Kurzarbeit an

Vor allem die Wärmepumpen-Branche sollte vom Gebäudeenergiegesetz profitieren. Doch der Wärmepumpen-Verkauf bricht drastisch ein. Ergebnis: Kurzarbeit.

Wärmepumpen von Vaillant auf BAU Messen 2023 in München; das Unternehmen meldete nun Kurzarbeit an

IMAGO / aal.photo
Derzeit werden deutlich weniger Wärmepumpen eingebaut, als die Heizungsbauer-Branche erwartete. Der Hype ist vorbei. Warum das so ist, erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Ganz eindeutig hängt es mit der sinkenden Nachfrage zusammen. Doch das Handelsblatt, in Treu und Glauben an das klimagerechte Heizungsgesetz, frohlockte schon: Sinken jetzt endlich die Preise?

Fakt ist, bereits im August wurde bekannt: Der Wärmepumpen-Verkauf bricht um mindestens 50 Prozent ein. Und zwar wegen dem chaotischen Ablauf beim Heizungsgesetz. Frank Ebisch, Sprecher des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, sagte seinerzeit: „Unsere Betriebe wissen nicht, wie sie rechtssicher beraten können, wie es mit der Förderkulisse weitergeht. Da kann es nicht überraschen, dass Verbraucher und Firmen in der derzeitigen Lage lieber abwarten.“ Heißt für die Branche im Umkehrschluss: Der politische Streit um das Gebäudeenergiegesetz (GEG), hat großen Schaden angerichtet. Es sieht ganz nach einem Wärmepumpen-Boykott aus.

Ende September dieses Jahres machte der Bundesrat den Weg frei für das Heizungsgesetz, mit einem Pflichtanteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien bei neuen Heizungen. Damit kann es am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Die Unternehmen sind jedoch keineswegs erleichtert, dass es dieses Gesetz nun endlich gibt, sie befürchten im kommenden Jahr eher eine Verschlimmerung ihrer Situation.

Zunächst einmal die nüchternen Zahlen. In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden zwar 667.500 Heizungen verkauft. Doch davon waren 385.000, also mehr als 50 Prozent, Gasheizungen. Mit dabei waren 196.500 Wärmepumpen, aber viele davon Bestellüberhänge aus dem Jahr zuvor, als von einem Gebäudeenergiegesetz noch keine Rede war.

Vor allem die Wärmepumpen-Branche sollte also vom GEG profitieren. Doch das Gegenteil ist passiert, die Zahl der Förderanträge für Wärmepumpen ist 2023 regelrecht eingebrochen. BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt erläuterte daher: „Unsere Branche hat die Zusagen, die sie gegenüber der Bundesregierung gemacht hat, gehalten und investiert massiv in die Ausweitung der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen. Jetzt muss auch die Politik liefern.“

Martin Bentele, Vorsitzender des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPV) stimmte dem zu. „Der Markt ist tot“, sagt er. Aus seiner Sicht sei es fast schon zu spät, bis zum 1. Januar 2024 ein gutes Förderprogramm erarbeitet zu haben. Es werde erfahrungsgemäß mindestens ein Jahr dauern, bis die Informationen dazu in der breiten Masse angekommen sind – und damit die Aufträge wieder steigen.

Indessen melden erste Heizungsbauer Kurzarbeit an. Den Anfang machte im Oktober Vaillant, einer der wichtigsten Wärmepumpen-Hersteller. Man habe wegen der schlechten Auftragslage „in einigen Werksbereichen teilweise Kurzarbeit eingeführt“. Dabei hatte Wirtschaftsminister Habeck das Ziel herausgegeben, jährlich 500.000 Wärmepumpen in deutschen Haushalten einbauen zu lassen.

„Keiner weiß, wie das Heizungsgesetz funktioniert“, kolportiert Focus. Weil das Heizungsgesetz zwar beschlossen, aber nicht verstanden wird, kämpfen die Heizungsbauer in Deutschland derzeit mit einem Auftragseinbruch.

„Die EBM-Papst-Gruppe, ein rund 15.000 Mitarbeiter starker Mittelständler aus der Nähe von Stuttgart, meldet in ihren Werken in Landshut Kurzarbeit an. EBM-Papst war einst ein Autozulieferer und hat sich vor dem Hintergrund der Elektrifizierung von Autos zu einem Hersteller von Lüfter, Gebläsen und Pumpen gewandelt.

Das hochinnovative Unternehmen hat noch bis zum Sommer eine glänzende Bilanz geschrieben, jetzt allerdings kommt es dick, heißt es weiter. ‚Die starke Verunsicherung im Heizungsmarkt und die schwächelnde Wirtschaft haben zu temporären rückläufigen Aufträgen im Heizungsgeschäft, insbesondere bei Gasheizungen geführt‘, bestätigt ein Sprecher. Die Folge ist eine geringe Auslastung bei der Produktion in den für Heiztechnik zuständigen Landshuter Werken, weswegen hier seit Oktober Kurzarbeit gilt“, meldet der Focus.

Und weiter: „Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) bezeichnete das Verfahren zum Heizungsgesetz als einen ‚traurigen Tiefpunkt‘ in der Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland, der viele weitere Fragen offenlasse. Die Grünen dagegen versprechen, die verunsicherten Bürger würden nicht auf sich gestellt bleiben.“

Bleibt noch die Frage, ob die „verunsicherten Bürger“ nicht doch auf sich gestellt bleiben, wenn sie der Anschaffungspflicht für den Einbau der Wärmepumpe in Neubauten nicht nachkommen. Die sogenannten „Föderkulissen“ sind bis Anfang des Jahres eher nicht in trockenen Tüchern. Dennoch sind saftige Strafen geplant. Der Einbau einer klassischen Gas- oder Ölheizung ist ja de facto nicht mehr erlaubt. Schon jetzt gelten Strafen für Heizungsbesitzer – etwa bei der Missachtung der Austauschpflicht nach 30 Jahren. Die Bußgelder wurden weiter erhöht. Konkret ist – je nach Verstoß – mit Geldstrafen zwischen 5000 Euro und 50.000 Euro zu rechnen. Eine Missachtung der Wärmepumpen-Inspektion etwa soll mit 5000 Euro Bußgeld geahndet werden.

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