Tichys Einblick
Roadmap für ein scheues Reh

Target-3: Wie bringt man sein Geld vor dem Draghi-Crash in Sicherheit

So wie unsere südeuropäischen Nachbarn ihr Erspartes nach Deutschland in Sicherheit bringen und es vor dem Ende des Euros schützen, so kann auch der Michel etwas tun. Auf vielfältige Nachfrage gibt Markus Krall eine grobe Richtungsempfehlung. 

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Wie uns das Neue Testament lehrt, kann Glaube bekanntlich Berge versetzen. Ich möchte an dieser Stelle nicht ketzerisch erscheinen, aber die aktuelle Lage in Europa zeigt uns: Unglaube kann das auch. Es ist der Unglaube der Menschen in Italien und anderen Ländern des Club-Med, in Großbritannien liebevoll „Garlic Belt“, also Knoblauchgürtel genannt, an den Fortbestand des Euro, der aktuell Berge von Geld versetzt.

Glaube versetzt Berge. Unglaube auch.

Diese Menschen sind deswegen keine schlechten Europäer und auch keine schlechten Nachbarn. Sie haben lediglich die Unfähigkeit und Korruption im Blick und ihre abgewirtschafteten Eliten und weigern sich, ihren Verstand an der Garderobe von Gesundbet-Medien abzugeben. Sie fragen sich konsequenterweise, warum sie ihr Vermögen in Anlagen im Heimatland stecken sollen, die nach einem Zerfall des Eurosystems nicht auf neue Deutsche Mark, sondern auf Lira, Drachme oder Pesete denominiert sein werden, deren Kaufkraft im Vergleich zum Euro vielleicht nur noch die Hälfte oder noch weniger betragen wird. Sie wissen, der Heimatland-Euro hat in Wahrheit ein gigantisches Wechselkursrisiko, gegen das sie sich schützen möchten.

Die Geldpolitik: Right on Target-2

Es ist daher nur logisch, dass Giovanni, Alexis, Juan und Pierre auf die Bank gehen, ihre Ersparnisse abheben und sie nach Deutschland oder Holland schaffen, um dort in etwas zu investieren, das nach dem Krach in DM bewertet werden wird. Diese Kapitalflucht nach Deutschland ist der Hauptmotor, in Italien sogar der einzige Motor der sich immer schneller akkumulierenden Target-2 Salden. Denn wenn Giovanni auf die Bank geht, um 250.000 Euro abzuheben, hat seine Bank das Geld in der Regel nicht. Sie leiht es sich bei ihrer Zentralbank, der Banca d`Italia, Mitglied im Eurosystem und Teilnehmerin am Target-2 Zahlungsverkehrssystem.

Unser fleißiger italienischer Sparer bringt also seine Altersvorsorge über die Alpen ins barbarische Germanien und kauft dort vielleicht eine kleine Stadtwohnung im lauschigen Berlin. Er bezahlt mit dem Geld den Verkäufer, der es auf seine Bank oder Sparkasse bringt, die es mangels Möglichkeit, es schnell wieder in Kreditvergabe umzusetzen, bei der Bundesbank zwischenparkt. Sie sehen, liebe Leser, wo diese wundervolle Saldenmechanik hinführt. Denn die Banca d`Italia hat das Geld auch nicht, das sie der italienischen Geschäftsbank geliehen hat, mit dem sie Giovanni auszahlen konnte. Sie leiht es sich also bei der Bundesbank, die zufällig gerade 250.000 Euro frisch reingekommenes Geld aus einer Immobilientransaktion in Berlin zur Hand hat. Der Kreis schließt sich.

Giovanni hat, so gut er konnte, seine Altersvorsorge in Sicherheit gebracht, die italienische Zentralbank schuldet als Ergebnis dieser Maßnahme der Deutschen Bundesbank eine viertel Million Euro. Und weil ganz viele Menschen im Süden Europas das tun, ist dieser Megakredit, der in Form eines zinslosen Überziehungskredites im Rahmen des Target-2 Systems ausgereicht wird, auf mittlerweile sagenhafte fast 1.000 Milliarden Euro angeschwollen.

Dass Deutschland die im wahrscheinlichen Falle eines Euro-Crashs abschreiben muss, ist schon zur Genüge erläutert worden, aber es stellt sich die Frage, wie soll eigentlich der deutsche Normalverbraucher und Sparer, nennen wir ihn Michel, seinerseits seine Schäfchen ins Trockene bringen. Und weil ganz viele Leser von Tichy und auch des „Draghi-Crash“ diese Frage an den Autor herangetragen haben, möchte ich jetzt ein überfälliges Versprechen erfüllen und ein paar Zeilen dazu schreiben.

Nur Lemminge rennen der Blase hinterher

Fangen wir damit an, welche Anlageformen wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Schutz gegen die Krise bieten: Das sind im Wesentlichen Staatsanleihen (eine Staatspleite ist für den Inhaber dieser Papiere immer eine Kalamität), Deutsche Aktien (befinden sich im akuten Zustand einer Kursblase, die in einer deflationären Krise unvermeidlich platzen muss) und – bitte festhalten – deutsche Immobilien. Letztere, weil sie erstens ebenfalls überteuert sind und sich in einer Blase eingerichtet haben, die auch von Giovanni und Alexis befeuert wurde, und zweitens, weil der deutsche Staat die absehbare Überschuldung der Deutschen Bundesbank nach dem Verlust der Target-2 Forderungen mit einer Zwangshypothek auf Immobilien bereinigen wird.

Nein, der bedrängte und bedrückte Michel muss sich jenseits der Grenzen des Euroraumes nach einem sicheren Hafen für seine Altersversorgung umsehen. Und da zeigt sich, es gibt durchaus Alternativen: Im Schweizer Franken (Vorteil: Sehr nah, Nachteil: negative Einlagenzinsen, weil jeder da hin will), im US-Dollar (hat auch Probleme, aber viel kleinere als der Euro und die Schlauheit des Fuchses liegt in der Dummheit der Gänse), im Kanada-Dollar, im Singapur-Dollar, in Australien, Neuseeland und sogar in Russland (welches neuerdings über eine weitgehend Gold-gedeckte Währung verfügt, gerissen, dieser Putin …).

Und dann gibt es da noch Großbritannien, das sich im Zuge des Brexit in eine riesige Offshore-Schweiz mit Niedrigsteuern verwandeln wird. Es wird Kapitalfluchtland Nummer 1 für den Euroflüchtling sein und der Kapitalzustrom wird den Wert des Pfundes daher noch massiv in die Höhe treiben. Man kann als davon ausgehen, dass nicht nur die dort erworbenen Anlagen sicherer sein werden, als die im Euroraum, sondern dass man noch einen Währungsgewinn einstreichen wird, wenn man dort investiert hat.

Die Optionen sind wenige, aber nicht Null 

Nachdem das so einigermaßen geklärt ist, stellt sich als nächstes die Frage, worin man investieren sollte. Und da ist mein Rat: Das Heil liegt in Einfachheit, Transparenz, Liquidität und Solidität.

Im ersten Schritt hilft es zu wissen, was man nicht will:

Investieren sie nicht in irgendwelche komischen Vehikel, wo man nicht weiß, was drin ist oder was morgen drin sein wird. Lassen sie also keinen Fremden ihr Geld mit Kauf und Verkauf und Trading verwalten. Das erzeugt nur Kosten und Risiken. Investieren sie auch nicht in „alternative Assets“. Diese Art der Anlage ist nur für professionelle Investoren, alle anderen werden in schöner Regelmäßigkeit abgezockt. Investieren sie in keine Fonds oder Konstrukte, die Ihr Geld auf lange Zeit binden und überlegen sie sich, was die Qualitätsmerkmale einer guten Anlage in Krisenzeiten sind.

Damit bleiben im Wesentlichen in diesen Ländern fünf Anlageklassen, zwischen denen und innerhalb derer sie sich entscheiden müssen: Immobilien, Anleihen, Aktien, Cash und Edelmetalle – also Gold und Silber.

Bei Immobilien sollten sie bedenken, dass sie den Markt gut kennen müssen, sonst bindet man ihnen mindere Qualität ans Bein. Sie sollten selbst eingetragener Eigentümer des Hauses oder Grundstückes sein, das sie kaufen, nur dann haben sie die volle Kontrolle. Immobilienfonds fallen unter die Punkte 1 und 2 dessen was oben als unerwünscht aufgelistet wurde.

Kommen wir zu Anleihen. Generell ist es in einer überschuldeten Welt nicht klug, Gläubiger zu sein. Allerdings sind einige der aufgelisteten Länder mit ihren Schuldenständen sehr weit weg von der Überschuldung, die man im Euroland als gegeben konstatieren muss. Australien zum Beispiel hat nur eine Verschuldung von 18% des Bruttosozialproduktes. Ähnlich ist die Lage in Singapur, Neuseeland und Kanada. Zum Vergleich: In Euroland sind es im Schnitt rund 100%. Großbritannien hat da leider deutlich schlechtere Kennzahlen, aber eine Staatspleite ist nicht zu befürchten, da das Land über eine eigene Währung verfügt. Verluste werden sich also eher über eine Inflationierung einstellen, die aber durch das starke Pfund verhindert oder in Grenzen gehalten werden wird. Sie können also mit kalkulierbarem Risiko Anleihen dieser Länder in ihr Portfolio nehmen, aber bitte nicht zu viel!

Als nächstes Aktien: Sie werden in der Krise Kursverluste erleiden, aber wenn sie die richtigen auswählen, bringen sie auch eine langfristige Grundstabilität in das Portfolio. Setzen sie auf Aktien mit geringem Verschuldungsgrad und von solchen Unternehmen, die Dinge herstellen, die man immer braucht, egal wie groß die Weltwirtschaftskrise auch sein wird. Da finden sie zum Beispiel Lebensmittelhersteller, Pharmaunternehmen und Versorger.

Kommen wir zum Cash: Ja, in einem sich entfaltenden Crash ist Liquidität ein absolutes Muss. Erstens weil es sicherstellt, dass sie jederzeit zahlungsfähig bleiben. Das ist notwendig, damit man ihnen nicht das klein Häuschen, in dem Sie leben, unter dem Hintern wegpfändet, bevor die Bundesregierung es mit einer Zwangshypothek belegen kann. Und es erlaubt ihnen, in der Krise einkaufen zu gehen und solche Vermögenswerte zu erwerben, die zwar durch den deflationären Schock fast nichts mehr kosten, aber auf längere Sicht einen hohen intrinsischen Wert haben.

Und last not least Edelmetalle. Ja, auch die gehören in ein krisenfestes Portfolio. Sie sind kein Asset, das Zinsen abwirft, sondern sie sind eine Versicherung, die sie abschließen für den Fall, dass nicht die Krisenpropheten, sondern die Prepper recht behalten sollten. Aber wenn sie in diesem Bereich investieren, weil sie der Analyse folgen, dass der Euro zum Untergang verurteilt ist, dann müssen sie auch da einige Regeln beachten: Kaufen Sie keine Goldzertifikate, sondern nur das echte Ding, Münzen und Barren (wenn sie so vermögend sind), die sie anfassen und davontragen können. Lagern sie es nicht im Bankschließfach innerhalb der Eurozone, denn für den Fall, dass ihre Spareinlagen nicht mehr sicher sind, sind es Schließfächer mit Sicherheit auch nicht. Zum Glück gibt es da kostengünstige Anbieter in der Schweiz und in Großbritannien.

Keine Entscheidung ohne Risiko

Bereits heute gibt es einen Strom von Kapital in die genannten sicheren Häfen. Das ist zum Beispiel der Grund für den superstarken Schweizer Franken. Dieser Kapitalexport wird noch zunehmen, bevor er in der Krise wahrscheinlich durch Zwangsmaßnahmen wie Kapitalverkehrskontrollen (hatten wir schon in Zypern und Griechenland) zum Erliegen kommt. Der Einfachheit halber könnte man die im nicht-Euro-Ausland aufgebauten Vermögenspositionen als Target-3 bezeichnen. Sie sehen: Michel hat auch Optionen, ebenso wie Giovanni und Alexis.

Aber, lieber Leser, beachten Sie bitte: Diese Art der Anlage ist ein Krisenportfolio. Es kann im Falle einer Eurokrise Verluste begrenzen. Es ist nicht dafür konstruiert, in der Zeit bis zum Eintreten eines solchen Ereignisses bessere Renditen zu erbringen, als wenn sie der Herde folgen und in die Blasen an Aktien und Immobilienmärkten in Deutschland einsteigen. Und für die Auswahl der einzelnen Vermögenswerte können nur Sie selbst sorgen.

Schimpfen Sie also nicht mit mir, wenn das zwischendurch zu Schwankungen führt und sie an den Blasengewinnen nicht beteiligt sind, denn Risiko und Rendite sind auch hier siamesische Zwillinge.

PS: Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. 

Bevor ich es übrigens vergesse: Es ist – entgegen einem weit verbreiteten und von den Politikern genährten Missverständnis – keinesfalls illegal, sein Geld in die Schweiz oder einen anderen sicheren Hafen zu schaffen. Illegal ist es nur, wenn sie die dort erzielten Einkünfte bei ihrer Steuererklärung verschweigen und daher Steuerhinterziehung begehen. Da Cash und Gold, die sie im Ausland lagern, keine Erträge abwerfen, entsteht auch kein Einkommen, dessen Versteuerung sie hinterziehen könnten. Das entsteht nur aus Dividenden, Zinscoupons, Mieten oder ähnlichen Kapitalerträgen. Sie müssen also nicht ihr Erspartes riskant mit den Köfferchen durch Europa schleppen. Sie können es ganz bequem an seinen Zielort überweisen und die Erträge an ihrem Wohnsitz versteuern. Unsere monetäre Versagerelite weiß das und es ärgert sie maßlos, weil sie Erspartes der Entwertung und Beschlagnahme ganz offiziell und vor ihren Augen entziehen können. Noch jedenfalls.