Tichys Einblick
Falsche Politik und großes Geschäft

Staatliche Förderbank musste das Gasnetz retten

Mit einem dreistelligen Millionenbetrag musste der Staat eingreifen, um die Versorgung mit Gas zu sichern. Der Zwischenfall wirft ein Licht auf die dramatischer werdende Lage auf dem Energiesektor.

IMAGO / Jan Huebner

Das war wohl sehr knapp: Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Dezember die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beauftragt, einen dreistelligen Millionenbetrag an Trading Hub Europe GmbH (THE) zu transferieren, um Deutschlands Versorgung mit Gas zu sichern, wie das Handelsblatt berichtet. Diese hätte ansonsten im Dezember nicht mehr das Gas bezahlen können, das sie benötigt, um die Gasleitungen unter Druck zu halten.

Bei der THE GmbH handelt es sich um den zentralen Verantwortlichen für den Gasmarkt in Deutschland. THE wacht über das 40.000 Kilometer lange Hochdruckleistungssystem, das in Deutschland Erdgas zu den Verbrauchern transportiert, und organisiert Ausbau sowie vor allem Beschaffung von Erdgas.

Seit dem 1. Juni des vergangenen Jahres kontrolliert THE den gesamtdeutschen Gasmarkt, besorgt den Einkauf und den Transport des Gases. Bis dahin war der Gasmarkt auf zwei »Marktgebietsverantwortliche« aufgeteilt.

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Dieser Zwischenfall wirft ein Licht auf die dramatischer werdende Lage auf dem Energiesektor. Kernkraft- und Kohlekraftwerke werden politisch gewollt abgeschaltet, der Erdgasbedarf steigt erheblich, die Preise steigen in irrsinnige Höhen, die selbst den Marktverantwortlichen ins Schwitzen bringen.

Für Gasproduzenten dagegen bietet sich im Augenblick ein guter Markt. Die Nachfrage in asiatischen Ländern steigt, ebenso in Nordamerika. In Neuengland beispielsweise schießen aufgrund des kalten Winters die Preise für Gas in die Höhe. Die Preise steigen auch weiter an, der Wetterbericht prognostiziert weitere fallende Temperaturen in Neu-England.

Das lädt zu Spekulationen ein. So liegen vor der Küste nach Bloomberg-Recherchen bereits zwei voll beladene Gastanker in der Bucht vor Massachusetts vor Anker und warten auf höhere Preise: »Es ist nicht das erste Mal, dass Excelerate, dem der Tiefseehafen Northeast Gateway vor der Küste Bostons gehört, eine Ladung aus der Karibik in der Bucht von Massachusetts auf einen Winterpreisanstieg warten lässt. Einer der Tanker des Unternehmens tat dies im Winter 2019. Aber zwei Ladungen aus der Karibik, die am Ankerplatz verweilen, während eine dritte auf dem Weg dorthin ist – das ist ein Novum.«

So fahren bereits zwei weitere LNG-Tanker aus Trinidad und Tobago ebenfalls Richtung Boston. Das ist derzeit die Stadt, in der Erdgas am besten bezahlt wird, weil die Stadt nur über sehr begrenzte Pipelines verfügt und auf LNG-Transporte angewiesen ist.

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Das ließ bereits die Preise auf mehr als 8 Dollar pro Million British Thermal Units steigen gegenüber 3,76 Dollar im Durchschnitt. Dieses Gas-Eldora lockt Gastanker an. Doch die Preise werden noch getoppt von den Erdgaspreisen in Europa, die bei 29 Dollar lagen und weiter steigen. Derart hohe Preise locken US-Gastanker auch nach Europa. Auch die USA exportieren immer mehr LNG und setzten sich im Dezember an die Spitze der LNG-Exporteure und überholten sogar das bis dahin führende Qatar im Mittleren Osten.

Das muss man sich vorstellen: Die USA bauten die Schiefergasproduktion drastisch aus – trotz dramatisch klingenden Protestgeschreies von sogenannten Umweltschützern. Sie stellen aufwendige und sündhaft teure Verflüssigungsanlagen hin, die Erdgas auf minus 162 Grad abkühlen und werden innerhalb von zehn Jahren zum führenden LNG-Exporteur.

Es ist ein heftiges Rennen, denn Qatar erweitert im Gegenzug gerade seine Verflüssigungsanlagen im persischen Golf am Rande der Wüste weiter. Während in anderen Ländern aufgrund der kalten Witterung mehr Bedarf an Energie besteht, wurde die Energiekrise in Deutschland politisch hervorgerufen. Der bisherige entscheidende Mix aus unterschiedlichen Energiequellen, der auch aus strategischen Gesichtspunkten wichtig ist, wird gekappt und die Energieversorgung im Wesentlichen auf eine Quelle reduziert, auf Erdgas. Die ist teuer und nicht sehr verlässlich.

Zu verantworten haben das vor allem die Grünen und Alt-Kanzlerin Merkel. Es ist einmal keine gute Idee, einem Industrieland die Energieversorgung zu kappen, wie das Grüne gerade tun, und zum anderen inmitten der kalten Jahreszeit an der Gasversorgung herumzuspielen. Und nein, auf Putin lässt sich in diesem Fall nichts schieben. Gazprom liefert die vereinbarten Mengen. Die Gaspreise sanken sogar etwas, als Putin im Dezember höhere Lieferungen ankündigte. Wenn derzeit Gas aus deutschen Gasspeichern nach Polen und in die Ukraine fließt, ist das den Preisen geschuldet. Preiswert eingekauftes Gas wird teuer weiter verscherbelt.

Verschärfend könnten sich die Ereignisse in Kasachstan auf den Energiemarkt auswirken. In dem wichtigen Ölproduktionsstaat Kasachstan sollen Demonstranten die Öltransporte gestört haben, die hauptsächlich über Güterzüge abgewickelt werden. Die Ölproduktion auf dem wichtigsten Ölfeld wurde am Donnerstag reduziert, wie Betreiber Chevron mitteilte.

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