Tichys Einblick
Umfrage

Neue Prioritäten der Vorstandschefs: Kommunikation und standortnahe Produktion

Die globale Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Zwei von drei Vorstandschefs sagen, dass sich die Kommunikation mit den Angestellten verbessert habe. Schlechte Nachrichten für Immobilienhändler: Der Bürobedarf wird wohl sinken.

© Luca Bravo

Die Gewinnung und die Bindung von genügend und qualifizierten Mitarbeitern haben durch die globale Covid-19-Pandemie für Unternehmen massiv an Bedeutung gewonnen. Das zeigt der aktuelle „CEO Outlook“ von KPMG, für den die CEOs der größten Unternehmen der Welt im Januar/Februar und erneut im Juli/August dieses Jahres befragt wurden. Nach Ansicht der CEOs hat sich das Thema „Personal“ in Folge der Pandemie inzwischen zum wichtigsten Geschäftsrisiko entwickelt, noch vor Lieferketten- und Umweltrisiken. Maß noch Anfang des Jahres nur einer von hundert CEOs Personalfragen geschäftskritische Bedeutung bei (ein Prozent), war es im Sommer schon jeder fünfte (21 Prozent).

39 Prozent der CEOs gaben an, selbst oder durch ihr familiäres Umfeld von Covid-19 betroffen gewesen zu sein. Angelika Huber-Straßer, Bereichsvorstand Corporates bei KPMG Deutschland: „Diese persönliche Betroffenheit hat zweierlei Auswirkungen. Zum einem gibt über die Hälfte der betroffenen Unternehmenslenker an, dass diese Erfahrung in den nächsten Jahren ihre strategischen Entscheidungen mit prägen wird. Zum anderen haben betroffene CEOs die Kommunikation mit den Mitarbeitern während der Krise stärker intensiviert als nicht betroffene Kollegen. In der internationalen Zusammenarbeit sind dies Aspekte, auf die man achten muss.“ Die globale Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Zukunft der Arbeitswelt. Zwei von drei geben an, dass sich die Kommunikation mit den Angestellten während der Corona-Krise verbessert habe. Drei Viertel der CEOs wollen ihre Mittel zur digitalen Zusammenarbeit und Kommunikation weiter aufbauen (77 Prozent). Ebenso viele gehen davon aus, dass ihr Unternehmen künftig weniger Büroflächen benötigen wird (69 Prozent). Huber-Straßer: „Der Neugestaltung der Arbeitswelt mit den unterschiedlichsten Modellen der Zusammenarbeit kommt eine immer wichtigere Rolle zu. Insofern ist es nachvollziehbar, dass die CEOs Personalfragen höchste Priorität einräumen, um ihr Geschäft sichern und auszubauen zu können. Immerhin hat das verstärkte Homeworking im Zuge der Pandemie dafür gesorgt, dass das Potenzial qualifizierter Arbeitskräfte deutlich gestiegen ist. Drei von vier CEOs wollen deshalb auch ihre Recrutingstrategien überdenken.“

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Nach Überzeugung von 80 Prozent der Befragten hat die globale Covid-19-Pandemie die Digitalisierung im Unternehmen um mehrere Monate (50 Prozent) oder gar Jahre (30 Prozent) beschleunigt. In zwei von drei Unternehmen wurde auch die Schaffung digitaler Geschäftsmodelle oder Einkommensströme entsprechend früher erreicht. 67 Prozent der CEOs wollen aufgrund der Pandemie verstärkt in neue Technologien und die Digitalisierung ihres Unternehmens investieren. Huber-Straßer kommentiert: „Viele CEOs erkennen die Möglichkeiten neuer Technologien, um auch die Customer Experience und das Engagement der Mitarbeiter zu verbessern. Unternehmen, die die sich bietenden Chancen nutzen, werden die Krise besser meistern als andere.“ Das Thema Klimaschutz scheint endgültig auf der Management Agenda der CEOs angekommen zu sein und wird nach Ansicht vieler Unternehmenschefs zunehmend businessrelevant. So gehen 65 Prozent der befragten CEOs davon aus, dass ihr Umgang mit Klimarisiken mit darüber entscheiden wird, ob sie in fünf Jahren noch im Amt sein werden. „Diese Aussage deckt sich mit früheren. So gehen die meisten Unternehmenslenker davon aus, dass die Öffentlichkeit von ihnen erwartet, die relevanten gesellschaftlichen Herausforderungen zu adressieren, weil das Vertrauen in die Lösungskompetenz von Regierungen schwindet. Nachhaltigkeit wird zum Imperativ in der Unternehmensstrategie“, so Angelika Huber-Straßer:

Zwei von drei Unternehmen haben ihren Ansatz globaler Lieferketten im Zuge der Pandemie überdacht. Hauptgründe hierfür war der Wunsch, schneller auf sich ändernde Kundenanforderungen reagieren zu können, im Falle einer erneuten Katastrophe robuster aufgestellt zu sein und der gesellschaftliche Druck, näher am Heimatstandort zu produzieren.

Die Umfragen zeigen auch, dass sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die CEOs aufgrund der Covid-19-Pandemie drastisch geändert hat. Äußerten sich Anfang des Jahres noch 68 Prozent optimistisch über die Aussichten der globalen wirtschaftlichen Entwicklung in den kommenden drei Jahren, sank dieser Wert im Zuge der Pandemie im Juli/August auf nur noch 36 Prozent. Dabei beurteilen die meisten CEOs die wirtschaftlichen Aussichten ihres eigenen Unternehmens deutlich optimistischer als die der Weltwirtschaft.

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