Tichys Einblick
Die Vertreibung der Auto-Industrie

Verhaftung von Audi-Chef Stadler

Wie aus dem Daimler-Flurfunk zu hören, entsteht in China ein neues Entwicklungszentrum, um Entwicklungsarbeiten an neuen Technologien und Automodellen, nahtlos weiterführen zu können - außerhalb der Reichweite von Merkels Grünschwarzroten.

Christof Stache/AFP/Getty Images

Für deutsche Automanager wird es offenbar immer ungemütlicher. Jetzt wurde der Audi-Chef Rupert Stadler verhaftet. Wie Bild zuerst berichtete, wurde der Audi-Boss am Montag vorläufig festgenommen. Der Grund laut Presse-Erklärung der Münchener Staatsanwaltschaft: »Verdunkelungsgefahr«.

»Der Beschuldigte wurde der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.«

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Eine Freilassung aufgrund einer Kaution sei unwahrscheinlich, heißt es, »weil«, so Staatsanwalt Stephan Necknig von der Staatsanwaltschaft München, »die Verdunklungsgefahr mit einer Geldzahlung ja nicht aus der Welt geschafft wird.« Gegenüber Bild sagte er: »Es gab konkrete Hinweise, dass Personen und Mitbeschuldigte beeinflusst werden sollten. Daher haben wir sofort einen Haftbefehl beantragt.« Man könne hier von einem Fall von schwerem Betrug ausgehen.

Für Stadler gelte die Unschuldsvermutung, schieben die Staatsanwälte nach, nennen aber keine Gründe für ihren sehr heftigen Schritt. »Darüber hinaus können wir uns vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen inhaltlich nicht äußern.«

Stadler war gewarnt. »Zur Sicherung von Beweismaterial« waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft vor einer Woche die Privatwohnungen von Stadler und einem nicht genannten Audi-Vorstandsmitglied durchsucht worden. Danach habe Stadler wiederum laut Bild Informationen mit anderen im Dieselskandal Beschuldigten gesprochen.

Laut Exklusiv-Information der Süddeutschen Zeitung ließ die Staatsanwaltschaft München II sogar Telefonate von Stadler abhören. Nicht das erste Mal übrigens, dass Telefongespräche von VW-Managern und Mitarbeitern abgehört wurden: Die SZ berichtet von einem leitenden Porsche-Mitarbeiter, der während einer Razzia bei Porsche einen Assistenten per Telefon angewiesen habe, bestimmte Unterlagen beiseite zu schaffen. Porsche dementierte diesen Vorwurf. Im vergangenen Jahr wurde bei einem Audi-Ingenieur ebenfalls dessen Telefon abgehört; daraufhin wurde er verhaftet, kam nach umfangreichen Aussagen wieder frei, berichtet die SZ.

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Laut Bild legt die Staatsanwaltschaft Stadler und einem weiteren Vorstand der VW-Tochter »Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung« zur Last. Die beiden hätten Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung in Europa in den Verkehr gebracht. Wie Bild weiter berichtet, werde Stadler vor allem von eigenen Mitarbeitern belastet. Einige sollen ausgesagt haben, dass der Audi-Boss schon seit 2012 vom Betrug gewusst und ihn sogar angewiesen habe. Die Börse zeigte eine prompte Reaktion: Die VW-Vorzugsaktien gaben deutlich nach. Mit einem Abschlag von 1,93 Prozent auf 157,93 Euro waren sie am Montag Vormittag der größte Verlierer im Dax. Bisher hatten sich die Aktien trotz Skandals erstaunlich stabil gezeigt.

Manager stehen, wie sie gern auch zur Rechtfertigung ihrer teilweise beträchtlichen Gehälter betonen, mit einem Fuß im Knast. Thomas Middelhoff und seinerzeit der Bauunternehmer Josef Esch können ein Lied davon singen ebenso wie der Hedge-Fonds-Manager Florian Homm oder jener hochrangige Mitarbeiter des adidas-Konzerns, der im vergangenen Jahr in Amerika wegen des Verdachts auf Korruption verhaftet wurde.

Doch hier geht es um eine neue Dimension. Es geht um einige Mikrogramm Stickoxide, die angeblich zu viel aus dem Auspuff kommen. Menschenleben sind nach Erkenntnissen der Wissenschaft weder durch Feinstaub noch durch Stickoxide in der Luft in Gefahr – im Gegensatz zu den Alarmschreien des Abmahnvereins Deutsche Umwelthilfe, der mit falschen, aber umso lauter in die Welt geschrienen Behauptungen fette Beute macht. Bei echten Fehlfunktionen der Autos aufgrund konstruktiver Fehler dagegen, bei denen immer wieder Menschen starben, kamen die Autohersteller mit Millionenbeträgen weg; in der Regel wanderten keine Verantwortlichen in Haft.

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Bisher herrschte ein Graubereich bei den Abgaswerten vor. Die Autos waren wie allgemein üblich auf die Prüfzyklen optimiert und hielten die zum Zeitpunkt der Zulassung gültigen Grenzwerte ein. Doch die waren nur teilweise definiert. Die Vorschriften enthielten auch eine ganze Palette an Unklarheiten. Jetzt sagt das Kraftfahrtbundesamt offenbar unter politischem Druck, dass Grenzwerte eindeutig überschritten worden seien.

Bisher ist juristisch nicht ausgefochten, was Betrug ist und was nicht. Erst jüngst hat Daimler angekündigt, ein wenig juristische Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Was ist technisch bedingt, was ist möglicherweise Manipulation? Dies soll keine Entschuldigung für mögliche Schwindeleien seien, wenn sie denn bewiesen sind. Doch muss man die Kirche im Dorf lassen.

Seit September 2017, also seit fast einem Dreivierteljahr, sitzt bereits ein ehemaliger Entwicklungsvorstand von Porsche in Untersuchungshaft, ohne dass handfeste Fakten bekannt oder gar Anklage erhoben wurde. Sechs Audi-Vorstände mussten bereits in der Folge der Dieselkrise gehen. Auch gegen Stadler – seit elf Jahren Audi-Chef – wurden immer wieder Rücktrittsforderungen erhoben.

Er hatte Recht mit seiner Aussage von Ende Mai: »Die Diesel-Krise ist noch nicht vorbei.« Vermuten darf man, dass hinter den Kulissen zugleich heftige Machtkämpfe ausgefochten werden. Doch bisher lehnte Stadler immer wieder einen Rücktritt ab: »Ich bin nicht der Typ, der die Flinte ins Korn wirft.«

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Undurchsichtig ist nach außen hin auch die Rolle, die Larry Thompson, vom US-Justizministerium eingesetzter Aufpasser, in Wolfsburg spielt. Er sitzt direkt neben den VW-Vorstandsbüros, hat Einblick in alle Interna bei VW und soll dafür sorgen, daaa VW »clean« wird. Das war Teil jenes milliardenteuren Deals zwischen VW und US-Behörden zur »Bereinigung« der Dieselaffäre. Thompson kritisierte bisher deutlich die seiner Ansicht nach mangelnde interne Aufarbeitung der Dieselaffäre und will mehr personelle Konsequenzen sehen.

Gleichzeitig, auch dieser Vergleich muss gezogen werden, laufen Menschen mit terroristischem Hintergrund frei herum, überschreiten »Nochnichtsolangehierseiende« Grenzen, nachdem sie Menschen erstochen haben. Wo ist die Verhältnismäßigkeit? Man darf davon ausgehen, dass Stadler keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.

Hier passt das Fazit, das der Karlsruher Motorenpapst Professor Thomas Koch gezogen hat: »Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung muss man feststellen, dass die prinzipielle Diskussion über den Diesel absolut aus dem Ruder geraten ist.«

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Vielleicht beweist Daimler-Chef Dieter Zetsche doch einen größeren Weitblick. Er lässt, wie im Daimler-Flurfunk zu hören ist, gerade in China ein neues Entwicklungszentrum aufbauen, gewissermaßen ein zweites Herz des Konzerns. Doch schon Chrysler hatte seinerzeit gezeigt, dass rund um den Globus verteilte Entwicklungszentren nicht funktionieren. Jeder Produktionsfachmann in der Autoindustrie weiß: Produktionsstandorte in vielen Ländern sind sinnvoll, nicht aber viele Konstruktionsstandorte.

Es muss also einen anderen Grund für einen solchen Aufbau geben. Es könnte eine Art Reserveherz werden, um das Wesentliche eines Autoherstellers, nämlich die Entwicklungsarbeiten an neuen Technologien und Automodellen, nahtlos weiterführen zu können – außerhalb der Reichweite von Merkels Grünschwarzroten.


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