Tichys Einblick
Besonders bei deutschen Herstellern

Die Schnäppchenjagd am Automarkt ist eröffnet

Wettbewerb und Verkaufsdruck an den Automärkten nehmen weltweit wieder zu. Aggressive Rabattaktionen einzelner Hersteller, so bei Tesla, und Rabattschlachten in wichtigen Märkten, so in China bei Elektroautos, beherrschen gegenwärtig die Situation.

IMAGO / Geisser

In den letzten beiden Jahren haben deutsche Schnäppchenjäger harte Zeiten mitgemacht. Von Jagd auf günstige Angebote konnte keine Rede mehr sein. Im Gegenteil. Die Angst vor einer galoppierenden Inflation und um warme Stuben beherrschte den Alltag. Vor allem am Automobilmarkt und bei den Autohändlern herrschte Knappheit, schmolzen die gewohnten üppigen Rabatte wie Butter in der Sonne, herrschte auf den sonst überquellenden Lagerstellflächen des Autohandels gähnende Leere.

Der Grund dafür ist einfach: Automobile, egal ob neu oder gebraucht, waren plötzlich Mangelware. In den vergangenen Jahren waren Autos knapp, mit der Folge, dass sich Automobile auf breiter Front und am stärksten in den niedrigen Klassen ungewöhnlich verteuerten. Im autofahrenden Volk kochte die Angst hoch, ein eigenes Auto, in vielen Fällen Erwerbsgrundlage, könnte zum Luxusgut werden, langsam aber sicher unerschwinglich für den Normalverdiener.

Tesla rockt den Weltmarkt
Erbitterte Preisschlacht um Elektroautos
Die Statistik spricht Bände: Innerhalb von nur zwei Jahren, seit Dezember 2020 bis März 2023 sind die Preise für neue Pkw nach den Erhebungen der Wiesbadener Statistiker um 17 Prozent, jene für Gebrauchtwagen sogar um „schlappe“ 32 Prozent, also um rund ein Drittel gestiegen. Neuwagen waren Anfang 2023 so teuer wie nie, der Anstieg der Preise bei Gebrauchten hat ein ungeahntes Tempo erreicht.

Alle Käufer von Autos, neu oder gebraucht, mussten dadurch zwangsläufig in die Klemme geraten. Denn im gleichen Zeitraum nahmen die Löhne nur um rund 10 Prozent zu, gingen die Reallöhne um ca. 8 Prozent zurück, so stark wie niemals in den letzten Jahrzehnten über einen so langen Zeitraum. Die Preissetzungsmacht lag bei den Autoherstellern, die klotzige Gewinne trotz geschrumpfter Absatzvolumen einfuhren, der Handel machte mit und die Kunden mussten die Preise akzeptieren, die verlangt wurden.

Inzwischen hat sich der Wind an den Automärkten gedreht. Die Hersteller haben ihre Probleme mit fehlenden Teilen und Störungen der Lieferketten in den Griff bekommen und konnten die Bänder wieder kräftig hochfahren – fast auf früheres Niveau. Die Showrooms beim Handel füllen sich wieder. Das steigende Angebot der Hersteller stieß nunmehr aber auf geschrumpfte Kaufkraft bei der Kundennachfrage.

Weniger Förderung
Schwere Zeiten für Elektroautos
Die Folge war absehbar: Wettbewerb und Verkaufsdruck an den Neu- und Gebrauchtwagenmärkten nehmen langsam wieder zu. Das gilt weltweit, besonders ausgeprägt aber bei den deutschen Herstellern. Aggressive Rabattaktionen einzelner Hersteller, so bei Tesla, sowie regelrechte Rabattschlachten in wichtigen Märkten, so in China bei Elektroautos, beherrschen gegenwärtig die Situation.

Neuwagenkäufer und -mieter können wieder mit höheren Rabatten auf die Listenpreise von Autos rechnen. Nach den regelmäßigen Marktstudien des Duisburger Center Automotive Research (CAR) wurden im April vor allem bei Modellen mit Verbrennermotoren die Kaufanreize gesteigert (Automobilwoche). Bei Elektroautos ist diese Entwicklung auch zu erwarten, wenn die aggressive Rabattpolitik von US-Hersteller Tesla mit wachsendem Volumendruck aus dessen Gigafactories auf den deutschen Markt überschwappt.

Laut CAR ist der Durchschnittsrabatt bei den 30 meistverkauften Neuwagen auf 16,3 Prozent gestiegen. Spitzenreiter waren unter anderem Audi, Ford und Seat. Gleichzeitig gingen die Lieferzeiten zurück, betragen aber immer noch über ein halbes Jahr.

Das alles zusammen ergebe das höchste Rabattniveau seit vier Jahren, steigendes Angebot und die gesunkenen Realeinkommen machen sich durch Kaufzurückhaltung bemerkbar. So wundert es nicht, dass laut Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) der Auftragseingang aus dem Inland aktuell nach wie vor um rund ein Viertel niedriger ist als vor einem Jahr. Das hohe Preisniveau schreckt immer noch ab. Aber der große Schluck aus der Einkommenspulle als Ergebnis zweistelliger Lohnabschlüsse mit hohen Einmalzahlungen kommt ja erst.

Quelle: Bruno Kesseler

Quelle: Bruno Kesseler

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