Tichys Einblick
IAA Mobility in München

Die Internationale Automobilausstellung fährt das Auto vor lauter Angst an die Wand

Der Umzug von Frankfurt nach München hat die Internationale Automobilausstellung (IAA) völlig entkernt: Die einst kraftstrotzenden Industrie läßt sich von der Politik herumschubsen und wirkt verängstigt und verloren - aber ohne Stolz wird das kein Erfolg beim Konsumenten. Nur einer schert aus: BMW.

IMAGO

Der damalige Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann hatte in seinem letzten kompletten Amtsjahr vor der Entlassung wegen Korruption noch einen besonderen Wunsch. „Ich möchte ehrlich sein: Frankfurt braucht mehr Busse und Bahnen, aber nicht mehr SUVs.“ Dieser Satz steht in einer Rede, die er angeblich zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung im September halten wollte. Er hat ihn dort nicht ausgesprochen, denn er stand nie auf der Rednerliste, aber erfüllt wurde der Wunsch. Dicke Autos gibt es zur IAA in Frankfurt nicht mehr, weil es nach sieben Jahrzehnten die Messe nicht mehr gibt. Die Automanager zogen verärgert nach München um. Frankfurt trauert, München leuchtet, aber die Automobilindustrie vergeht: In München ist eher das Verröcheln einer einst stolzen und mächtigen  Industrie zu beobachten. Im Bayerischen Rundfunk erklärt die grüne Politikerin und „Medienethikerin“ an der sogenannten Philosophischen Uni, Claudia Paganini als vom BR dazu ernannte IAA-Expertin: „Das Auto im Zentrum ist sehr problematisch“. Das ist der neue Sound der IAA: Auto-Messe ohne Auto.

Der Zwickau-Moment der Auto-Industrie

Und bei der Eröffnung erlebte dann auch die Autoindustrie ihren Zwickau-Moment: Olaf Scholz fordert billiger Autos. Wirtschaftsminister Robert Habeck wiederum nimmt die Hersteller in die Pflicht, „ihren Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts zu leisten“, so Pressemeldungen die in den Medien allüberall verbreitet werden. „Für den Industriestandort Deutschland ist es wichtig, im globalen Wettbewerb vorne mitzuspielen: Es geht darum, dass hier die innovativsten, qualitativ besten und klimafreundlichsten Fahrzeuge gebaut werden“, sagte der Grünen-Politiker. „Das erfordert wichtige strategische Entscheidungen und hohe Investitionen in Zukunftstechnologien von Batteriezellfertigung bis zur Softwareentwicklung. Hier sind die Unternehmen gefragt.“

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Aha. Der Bundeskanzler weiß, welche Autos man braucht und Minister „nimmt die Industrie in die Pflicht“ und beide erzählen den Managern, was sie so zu tun haben. So ungefähr muss es sich angehört haben, wenn der Wirtschaftsminister oder der Staatsratsvorsitzende der SED in  Zwickau  die dortigen Trabantwerke besucht hat. Der Plan befiehlt, seine Vollstrecker folgen. Selten war ein Kanzler oder Wirtschaftsminister so von sich überzeugt und so von oben herab.

Und die einst stolze Branche muss es sich gefallen lassen. Immerhin hilft die Bundesregierung der Automobilindustrie mit über sechs Milliarden Euro allein von 2023 bis 2026, protzt Habeck. Trotzdem jammert die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, die CDU-Politikerin Hildegard Müller, über einen „Bedeutungsverlust des Autostandorts Deutschland“. Müller beklagte Überregulierung, zu langsame politische Entscheidungen und fehlende Rechtsrahmen bei Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, was man halt so sagt um an der Wahrheit herumzukommen.

Denn kleinmütig ist die Industrie geworden und hört sich klaglos die Schwindeleien des Wirtschaftsministers an. So „treiben wir den Ausbau erneuerbarer Energien voran und erleichtern die direkte Stromnutzung für Unternehmen aus Wind- und Solarparks“, sagte er. „Auf diese Weise unterstützen wir die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Fahrzeugbranche und treiben gemeinsam die grüne und digitale Transformation am Standort Deutschland voran.“

Schönrednerei, ohne Protest hingenommen

Es sind Albernheiten, Schönrednerei, ohne Protest hingenommen. Wegen der hohen Stromkosten wandert die Industrie aus Deutschland ab, und jedes Windrad erhöht wegen der Vorfahrt für seinen Teuerstrom die Energiekosten noch weiter und treibt die Industrie noch weiter weg. Aus dem Autoland ist ein grünes Traumland geworden. Und in dem sollen die Haushalte, die ebenfalls unter hohen Strompreisen leiden noch höhere Preise bezahlen um den Industriestrompreis zu subventionieren. Das sind keine Peanuts. 50 Milliarden im Jahr können es mindestens werden. Bundeskanzler Olaf Scholz, der wohl noch einen Rest Verstand in Haushaltsfragen in das Amt des Kanzlers gerettet hat, zögert daher mit der Zusage der Umverteilung von den Familien zu den Autounternehmen. Robert Habeck droht: 

„Das ist natürlich auch ein Industrie-Arbeiter-Strompreis“. Dahinter seien ja nicht Dax-Konzerne und Statistiken, die man irgendwo an der Börse präsentiere: „Da arbeiten Leute“, so der Minister über die möglichen Profiteure einer solchen Subvention.

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Ohne einen Industriestrompreis würden „Blue-Collar-Jobs“ womöglich wegfallen. „Wenn wir jetzt diese Debatte nicht mit paternalistischem ‚Respekt‘ zukleistern, – ist zwar schlecht für dich, aber Respekt, für diese schwierige Zeit, die du durchstehst, bist halt arbeitslos geworden – dann müssen wir entsprechend industriepolitisch dagegenhalten.“ Aber vielleicht haben die Leute, wenn sie erst die vielen neuen Subventionen für alle möglichen Industrien bezahlt haben, kein Geld mehr für ein Auto? Vermutlich würde Habeck sagen: Ist ja nur Geld.

So war das eben in der DDR: Die kleine Leute wurden ausgeplündert, damit die unwirtschaftliche Industrie Erfolge simulieren kann. So soll es wieder werden: Subventionen für Industrien, die man zuerst subventionsreif geschossen hat. Es ist die perfekte grüne Ideologie für die Förderung des Desindustrialisierung.

Aus der stolzen Auto-Industrie ist ein Verein der Strombettler geworden. Ihre Autos strahlen nicht mehr, es liegt eher der Ludergeruch der Angst über der Messe, auch wenn der Himmel im schönsten Blau strahlt. Unten herrscht Depression.

Angst produziert keine Erfolgsautos

Vor den Toren des Messegeländes und in der Innenstadt lauern die Gegner. Schon im Vorfeld kam es zu massiven Störungen durch Klimaaktivisten. Dieses Jahr soll München „die Protesthochburg“ Deutschlands werden, und die Münchner Polizei zieht beim Katz-und-Maus-Spiel den Kürzeren. Nächsten Monat sind in Bayern auch noch Landtagswahlen, und da kann man Markus Söder die Party ordentlich vermiesen.

Die Messeveranstalter VDA ist bemüht – und versucht das Auto zu verstecken. Man nennt das „bürgernah“ mit Ausstellungsfläche im Stadtgebiet und kostenlosen Live-Konzerten. Störende Autos sieht man kaum. Der Schulterschluss mit alternativer Mobilität wird krampfhaft versucht. „Wir rechnen nicht mit vielen Besuchern,“ sagt der Herausgeber einer Reihe von Fahrradmagazinen, der einen Stand in München Riem gebucht hat zum Fachmagazin Meedia. „Letztes Mal war in der Fahrradhalle gähnende Leere“.

Industriestrompreis
Die Angst vor dem Absturz der Wirtschaft
Passend dazu wirkt die jüngste Pressemeldung von der IAA – bemüht aber hilflos. Zeitgleich zur IAA steigt in Berlin der Kongress „Zukunft Nahverkehr“. Trotz des konkurrierenden Termins sei man sich einig darüber, dass man ein gemeinsames Ziel verfolge, so die Meldung. Bahnchef Richard Lutz wird in wenigen Minuten an einer Podiumsdiskussion in Riem teilnehmen. VDA-Geschäftsführer Andreas Rade besucht im Gegenzug den Kongress in Berlin.

Angst essen Auto auf: Wer seine Produkte versteckt und vor den Kritikern und arroganten Politikern katzbuckelt kann nicht erwarten, dass man ihre Produkte kauft. Und so ist die IAA in München letztlich nur eine Kundenveranstalter für chinesische Strom-Wägelchen.

Nur einer hält dagegen: BMW-Chef Oliver Zipse rechnet damit, dass die Verkäufe von Autos mit Verbrennermotor in den nächsten Jahren deutlich zulegen. Bis zum Verbrenner-Verbot ab 2035 in der EU werde es einen Boom geben, sagte er der der Bild-Zeitung. „Das wird passieren. Und es wäre das Gegenteil von dem, was wir alle wollen. Als Klima-Aktivist müsste man sagen: Das geht ziemlich in die Hose“, so Zipse. Schlecht für das Klima sei, wenn E-Fuels nicht gefördert würden, „weil der riesige Bestand von Autos einfach weiterfährt“.

Über 60 Millionen Fahrzeuge würden in Deutschland dann Benzin verbrauchen, „ohne Klimabeitrag“. Das werde völlig übersehen, „weil sich alle auf die Neuwagen-Regulierung stürzen“, sagte Zipse  weiter. Der BMW-Chef warnte vor einer einseitigen Konzentration auf E-Mobilität: „Wir können nicht einfach sagen, E-Autos sind die einzige Technologie. Was tun wir, wenn die Rahmenbedingungen für die E-Mobilität nicht eintreten? Sind wir dann überrascht.“

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