Tichys Einblick
FAA lag lange vorher ein Software Update vor

Hätte zweiter Boeing 737 Max Absturz verhindert werden können?

Die Flugüberwachungsbehörde FAA hat es offenbar nicht geschafft, relativ rasch das Update zu prüfen und freizugeben. Möglicherweise hätte der zweite Absturz der Boeing 737 Max verhindert werden können.

Stephen Brashear/Getty Images
Der amerikanischen Flugüberwachungsbehörde FAA lag bereits sieben Wochen vor dem Absturz der äthiopischen Boeing 737 Max ein Software-Update von Boeing zur Prüfung vor. Dies berichtet die gut informierte Seattle Times in ihrer heutigen Ausgabe.

Die Behörde hat es offenbar nicht geschafft, relativ rasch das Update zu prüfen und freizugeben. Möglicherweise hätte der zweite Absturz der Boeing 737 Max verhindert werden können.

Der amtierende Chef der Federal Aviation Administration FAA, Daniel Elwell, wird laut Seattle Times heute, am Mittwoch, in einer Anhörung vor dem Senat erläutern, dass »Boeing der FAA die vorgeschlagene Erweiterung der Flugsteuerungssoftware für die 737 MAX am 21. Januar zur Zertifizierung vorgelegt hat«.

Das war fast sieben Wochen vor dem tödlichen Absturz des Fluges 302 der Ethiopian Airlines, bei dem 157 Menschen starben.

Elwell betont zwar, dass die Prüfung der MCAS-Software oberste Priorität bei der FAA habe. Passiert aber ist offenkundig – nichts. Die Software hätte deutlich schneller geprüft werden müssen. Zumindest wirft die Untätigkeit der FAA die Frage auf, warum sie nicht schon früher, vor dem äthiopischen Unfall, hätte zugelassen und für die weltweite MAX-Flotte eingesetzt werden können.

Dieses Software-Update soll Fehler in dem neuen Flugsteuerungssystem MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System) beheben, das Boeing mit dem MAX eingeführt hat. Dieses System steht im Verdacht, den Absturz des Fluges der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air 610 im Oktober vergangenen Jahres verursacht zu haben. Dabei starben 189 Menschen. Deutliche Ähnlichkeiten zeigte der zweite Absturz einer Boeing 737 Max auf.

Am Tag vor dem Unglücksflug in Indonesien bewahrte nur der Umstand, dass zufällig ein Pilot auf dem dritten Sitz (Jump Seat) im Cockpit saß, die Maschine vor dem Absturz. Da zeigten sich ebenso die Symptome, die Software drückte die Maschine nach unten, nachdem die Klappen eingefahren waren. Die fliegenden Piloten konnten das Flugzeug nicht unter ihre Kontrolle bringen. Erst der Hinweis des dritten Piloten, das MCAS-System auszuschalten, bewahrte vor dem Absturz. Das Vorkommnis wurde zwar ins Bordbuch eingetragen. Warum die Besatzung des folgenden Tages nicht richtig reagierte, müssen die Untersuchungen zeigen.

Boeing betont, dass nach Änderungen an einem Flugzeugsystem sehr sorgfältig getestet werden muss, dass es sicher ist und nicht versehentlich neue Probleme verursacht. Elwell wird heute vor dem Senat aussagen, dass die FAA seit Januar intensive Tests des aktualisierten Boeing-Systems durchgeführt habe: »Bislang hat die FAA diese Erweiterung des Flugsteuerungssystems 737 MAX sowohl im Simulator als auch im Flugzeug getestet. Die Tests, die von Flugversuchsingenieuren und Flugversuchspiloten der FAA durchgeführt wurden, umfassten aerodynamische Überziehsituationen und Rettungsverfahren.« FAA-Sprecherin Lynn Lunsford sagte, dass die Tests »mit Prototypen und frühen Versionen« des Software-Updates von Boeing durchgeführt wurden.

Elwell geht in seiner Erklärung vor dem Senat-Unterausschuss für Luftfahrt auch auf die ursprüngliche Zertifizierung der 737 MAX durch die FAA im Jahr 2017 ein. Die wurde sogar, wie die Seattle Times berichtete, von eigenen technischen Mitarbeitern der FAA kritisiert, weil sie zu viel von den Systembewertungen an Boeing selbst delegiert hatten und dem FAA-Personal nicht genügend Zeit für eine angemessene Überprüfung der Beurteilungen zur Verfügung stellten.

FAA-Chef Elwell allerdings wird jedoch laut Seattle Times betonen, dass »FAA-Ingenieure und Flugversuchspiloten an der operativen Auswertung des MCAS-Flugtests beteiligt waren. Der Zertifizierungsprozess war detailliert und gründlich.«
Doch, so fügt er in seinem Bericht hinzu, solche Teste benötigten Zeit: »Aber wie bei neu zertifizierten Produkten liefert die Zeit mehr Daten, die für die weitere Analyse und Verbesserung verwendet werden müssen«.

Währenddessen wurde bekannt, dass gestern eine Boeing 737 Max, die von Orlando nach Kalifornien geflogen werden sollte, kurz nach dem Start aufgrund von Triebwerksproblemen notlanden musste. Die Maschine befand sich auf einem Überführungsflug, an Bord waren der Pilot und sein Copilot. Sie kehrten nach dem Start wieder um und landeten sicher.

Es wird Boeing einiges an Überzeugungsarbeit kosten, bis sich wieder Passagiere in den Flugzeugtyp 737 Max setzen.