Tichys Einblick
Gunnar Herrmann kritisiert EU-Kommission

Ford-Deutschland-Chef: „Hier wird mit Gewalt der Verbrennungsmotor ins Aus gedrängt“

Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann zweifelt laut am Markterfolg von Elektro-Autos. Die verschärften CO2-Vorgaben der EU-Kommission würden die europäischen Ford-Werke zwingen, die Produktion zu drosseln. Das nächste Stellenabbau-Programm könnte bevorstehen.

Gunnar Herrmann, Executive Director Ford Deutschland

imago images / Sven Simon

Der deutsche Ableger des US-amerikanischen Automobilkonzerns Ford macht in kurzem Abstand von sich Reden. Erst wird am Montag bekannt, dass Ford als erstes Auto-Unternehmen in Deutschland aufgrund der Corona-Krise Staatshilfen beantragt hat – konkret geht es um Staatsbürgschaften in Höhe von 500 Millionen Euro, berichtete am Montag das „Handelsblatt“. Nun schlägt Deutschland-Chef Gunnar Herrmann im Interview mit demselben Medium nochmal Alarm: Diesmal nicht wegen Corona, sondern wegen der verschärften Klimaschutz-Vorgaben aus Brüssel. Man werde die Produktion wohl drosseln müssen, um die CO2-Limits nicht zu verletzen. Einen kompensierenden Verkaufserfolg mit Elektro-Autos erwartet man nicht.

Die EU-Kommission hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die EU-weiten CO2-Emissionen bis 2030 nicht wie bisher geplant um 40 Prozent, sondern um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Im Rahmen dessen werden auch die so genannten CO2-Flottenwerte für PKWs auf eine Reduzierung um 50 Prozent verschärft.

Herrmann macht der EU-Kommission den Vorwurf, dass sie ihre Klimaziele in erster Linie ideologisch verfolge: „Die Weiterentwicklung aktueller Antriebssysteme und die Technologieoffenheit sind nicht mehr gefragt. Hier wird mit Gewalt der Verbrennungsmotor ins Aus gedrängt.“ Die EU-Kommission ignoriere, dass etwa mit synthetischen Kraftstoffen ein klimaneutraler Betrieb von Verbrennungsmotoren möglich wäre, und sei nicht an einem Konsens mit den Autoherstellern und der Bevölkerung interessiert. „Stattdessen werden dirigistisch überambitionierte Ziele vorgegeben, mit deren Umsetzung und Folgen die Industrie dann alleingelassen wird.“

Ford Europa hatte schon vor der Coronakrise 2019 ein Sparprogramm verkündet, wonach in Europa 10000 von insgesamt 50000 Arbeitsplätzen gestrichen werden, die Hälfte davon betrifft die beiden deutschen Werke in Köln und Saarlouis.

Doch dank der verschärften Klimaauflagen müsse nun wohl gleich das nächste Programm folgen: „Ich empfehle meinen Kollegen im Management, dass wir damit eigentlich gar nicht aufhören dürfen, sondern uns auf das nächste Szenario einstellen müssen. Dazu gehört auch die eher konservative Planung der Industrie, weil es immer einfacher ist zu wachsen, als kurzfristig zu schrumpfen“, sagt Herrmann. „Unser Ziel für Ford ist, dass wir die neuen Klimaziele auf jeden Fall erfüllen. Das aber hat Konsequenzen: Wir werden dann wahrscheinlich nicht mehr 1,4 Millionen Autos jährlich in Europa produzieren, sondern deutlich weniger. An der Wirtschaftlichkeit der Produktion kommen wir nicht vorbei“, sagt Herrmann dem Handelsblatt.

Dass Elektroautos helfen könnten, die verschärften Flottenwerte auch ohne Produktionsdrosselung einzuhalten, glaubt Herrmann nicht. Sie seien eigentlich teurer als Verbrenner-Autos und würden nur durch staatliche Förderprogramme künstlich billiger verkauft, das aber nur für begrenzte Zeit. Außerdem: „Wir haben in vielen Städten und Kommunen eine Wohndichte, für die wir in Bezug auf die Ladeinfrastruktur eigentlich keine Antworten haben.“

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