Tichys Einblick
Einstellungsstopp bei VW

Fährt Konzernchef Blume VW gegen die Wand?

Besonders die E-Mobilität hängt VW wie ein Klotz am Bein, denn der Absatz verläuft für die E-Modelle in China, in Europa und auch in Deutschland schleppend. Konzernchef Oliver Blume setzt dem Vernehmen nach dennoch darauf, auch den Tiguan und den Golf zum reinen E-Fahrzeug zu wandeln.

Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und der Volkswagen AG, Berlin, 10.05.2023

IMAGO / Stefan Zeitz

VW hat einen Einstellungsstopp beschlossen. Eine Sprecherin von VW bestätigte diese Information mit den Worten: „Aufgrund der laufenden Effizienzprogramme in der Volkswagen AG werden externe Einstellungen temporär begrenzt und keine externen Stellen ausgeschrieben.“ Betroffen sind die Werke in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Emden und Kassel. Kosten müssen der Auftragslage angepasst werden. Bis 2026 sollen allein bei der Kernmarke VW die Kosten um 10 Milliarden Euro gesenkt werden.

Vorausgegangen war dem bereits ein Stellenabbau im Werk Zwickau. Obwohl VW 540 Beschäftigten mit befristeten Verträgen die Zusage gegeben habe, sie fest zu übernehmen, erklärte VW: „Angesichts der aktuellen Marktsituation können wir jedoch 269 befristete Verträge, die nach zwölfmonatiger Laufzeit in Kürze auslaufen, nicht verlängern.“ E-Autos werden auch im Werk Emden gefertigt, und auch dort wurden befristete Beschäftigte nicht verlängert.

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Ein Blick auf Zwickau und Emden zeigt, wo VWs größtes Problem liegt, denn die zunehmend einseitige Ausrichtung auf E-Mobilität bei dem Wolfsburger Autobauer könnte die Marke schreddern. Während die Verkaufszahlen für VW sanken, besonders im Bereich E-Mobilität, konnte die Marke Skoda zulegen. VW musste einen Rückgang von 1,7 Prozent hinnehmen, während Skoda ein Plus von 19 Prozent erwirtschaftete. Nur entfällt eben circa die Hälfte des Konzernumsatzes auf die Marke VW.

Besonders die E-Mobilität hängt VW wie ein Klotz am Bein, denn der Absatz verläuft für die E-Modelle von VW in China, in Europa und auch in Deutschland zunehmend schleppend. Das liegt auch daran, dass die chinesischen Firmen MG und BYD mit kräftigen Preisnachlässen operieren und billiger verkaufen. Noch lehnt VW es offiziell ab, „Marktanteile zu kaufen“. Aber das klingt eher nach einem Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Politik. Und die Politik hat verstanden.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) fordert bereits: „Es geht jetzt darum, Marktanteile im Segment der Elektromobilität bei europäischen und bei deutschen Autoherstellern zu sichern.“ Lies will Autokunden überzeugen, E-Autos zu kaufen. Das geht nur über wie auch immer definierte und benannte Subventionen oder über die Senkung der Mehrwertsteuer für E-Autos. Mögliche Preisnachlässe und mögliche Prämien werden im Endeffekt durch den Steuerzahler bezahlt.

Das ist pure Kommandowirtschaft und Staatsdirigismus: Man nimmt über direkte, am liebsten aber über indirekte Steuererhöhungen den Bürgern immer mehr Geld ab, um dann die Menschen zu zwingen, subventionierte Waren zu kaufen. Aber Lies setzt sich auch für den Industriestrompreis ein, sonst drohe die Deindustrialisierung. Die findet jedoch auch mit subventioniertem Industriestrompreis statt, weil die Wirtschaftspolitik, die Lies und Genossen und Freunde durchsetzen, die falsche ist. Das einzige, was Sozialisten und Grüne können, um einen alten Spruch zu zitieren, ist das Geld anderer Leute auszugeben, nicht nur bis kein Geld mehr da ist, sondern bis man auch nicht mehr kreditwürdig ist. Was Lies, Habeck und Co. veranstalten, könnte man auch so beschreiben: als Staatswirtschaften bis zum Staatsbankrott.

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Im August 2023 hat VW 278.000 Fahrzeuge in China weniger als im August 2022 verkauft. Das entspricht einem Rückgang von 6,5 Prozent. Laut des Datendienstleisters Marklines wurden von VW von Januar bis Mai 2023 97.000 ID-Elektro-Fahrzeuge gebaut, jedoch in Europa nur 73.000 verkauft. Inzwischen sind die offenen Auftragsbestände abgearbeitet und man darf auf die neuen Zahlen gespannt sein. Doch der Ausblick, den VW-Markenchef Thomas Schäfer als „Zwischentief“ bezeichnet, ist alles andere als rosig. Deshalb geraten Kostensenkungen, Effizienzprogramme und Produktionsdrosselungen immer stärker ins Blickfeld. Konzernchef Oliver Blume hatte bereits Ende Juli das Absatzziel für das Jahr 2023 reduziert, nicht mehr 9,5 Millionen Fahrzeuge sollen weltweit verkauft werden, sondern lediglich 9 bis 9,5 Millionen.

Jedenfalls wurde am 19. September in Wolfsburg die dritte Generation des Tiguan gefeiert – und der ist bekanntlich ein Verbrenner: noch. Denn Blume setzt dem Vernehmen nach darauf, auch den Tiguan und den Golf zum E-Fahrzeug zu wandeln.

VW wäre hingegen gut beraten, sich nicht vollständig trotz politischen Drucks auf die Produktion von E-Fahrzeugen drängen zu lassen, und zwar aus zwei Gründen. Erstens wird Deutschland nicht die Menge an Energie erzeugen können, die gebraucht werden würde, wenn sich das Elektrifizierungskonzept der Regierung durchsetzen würde. Zweitens könnten in diesem Moment andere Hersteller den deutschen Markt mit Fahrzeugen mit anderen Antrieben, auch Verbrenner erobern – auch aus China. Es könnte sein, dass die gegenwärtige deutsche Politik willige Manager in die wirtschaftlich und strategisch falsche Richtung drängt. An der Automobilindustrie hängen viele mittelständische Zulieferer. Der Schaden wäre immens.

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