Tichys Einblick
Klimahype vorbei?

JPMorgan, State Street und Blackrock ziehen Billionen Dollar aus Klimaschutzinitiative ab

Zeichnet sich das Ende der grünen Blase ab? Vermögensverwalter wie JPMorgan und Blackrock ziehen rund 14 Billionen Dollar aus einer Klimaschutzinitiative ab, die darauf abzielte, Unternehmen zur Emissionsminderung zu drängen. Offenbar orientiert man sich in der Finanzwelt um.

IMAGO / SOPA Images

Eine Reuters-Meldung ging letzte Woche im Nachrichtenstrom beinahe unter. Dabei geht es um Billionen Dollar – und die Zukunft dessen, was man als ökologische Transformation bezeichnen mag. Die Nachricht lautet folgendermaßen: JPMorgan und State Street steigen komplett aus Climate Action 100+ aus, Blackrock streicht zwei Drittel seiner Mittel im Geldpool von CA100+.

Das hört sich trocken an. In Zahlen ausgedrückt bekommt man allerdings einen Eindruck davon, was für Werte hier verschoben werden. Mit dem Ausstieg von State Street fallen 4,1 Billionen Dollar weg. Der Abschied von JPMorgan bedeutet das Ende von 3,1 Billionen. Und zwei Drittel, das sind in der Sprache Blackrocks immerhin 6,6 Billionen. Macht zusammen fast 14 Billionen Dollar, die aus dem Pool abgezogen werden.

CA100+ gehören rund 700 Investoren an. Die Initiative besteht seit 2017 und hat sich zum Ziel gesetzt, die globalen Emissionswerte zu senken. Dafür tritt CA100+ in Kontakt mit Politikern und Unternehmern, um diese zur Emissionssenkung zu drängen. Ziel ist „net zero“ bis 2050.

Dieses Vorgehen hat jedoch den Vermögensverwalter State Street abgeschreckt. Ein Sprecher sagte, diese Strategie sei „nicht konsistent“ mit ihrem unabhängigen Ansatz bei der Stimmenvertretung. Die Vermutung, dass politischer Druck ein Auslöser sein könnten – die US-Republikaner und ihre Gouverneure in den Bundesstaaten haben CA100+ in der Vergangenheit kritisiert und beteiligte Unternehmen bei Vergabeverfahren ausgeschlossen –, bestätigen die Investmentfirmen nicht.

Für CA100+ kommt der Schritt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Eigentlich hatte man nämlich die „zweite Phase“ einläuten wollen, um die „größten Umweltverschmutzer“ zum Umdenken zu bewegen. Sie sollten Programme und Regeln implementieren, um ihre Emissionen bis 2030 deutlich zu senken, um die Klimaneutralitätsziele für 2050 einzuhalten.

Dafür sollten die Anteilseigner an den größten Firmen Druck auf die Konzernetagen ausüben. Bekanntlich halten JPMorgan oder Blackrock erhebliche Anteile an den wichtigsten Firmen weltweit. Doch bereits im Sommer schreckten die Anteilseigner vor dieser „Waffe“ zurück.

„Es gibt viele Vermögensverwalter, die nicht einmal die Ziele von CA100+ verfolgen“, sagte damals Xander Urbach, verantwortlicher Anlageberater beim niederländischen Fondsmanager MN, der die Zusammenarbeit von CA100+ mit dem Öl- und Gasgiganten Shell leitete. Schon seit längerer Zeit sind demnach Differenzen offensichtlich.

Vanguard etwa, ein anderer Riese unter den Vermögensverwaltern, stieg 2022 aus der Net Zero Asset Managers (NZAM) Initiative aus, einem vergleichbaren Projekt. CA100+ hatte Vanguard nie angehört. Richard Fields, Berater des Führungsberatungsunternehmens Russell Reynolds Associates, sagte, die Abgänge stünden im Einklang mit der Tatsache, dass viele Unternehmen sich weniger lautstark zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) äußerten, obwohl sie weiterhin Vorteile in einer Energiewende und einer „diversen“ Belegschaft sähen.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass derzeit erheblich etwas „ins Rutschen“ gerät. In dem Zusammenhang bekommt auch die Ankündigung der US-Regierung, die dortige Verkehrswende zu verschieben und das E-Auto nicht im angekündigten Maße zu fördern, eine neue Bedeutung. In der Wirtschaft übersteigt der grüne Hype langsam, aber sicher seinen Zenit. Zumindest scheinen die Vermögensverwalter Abstand zu nehmen. Auch das Wärmepumpengeschäft in Deutschland hat sich bisher eher als Flop erwiesen.

Fields merkte jedenfalls an, dass im vergangenen März eine Gruppe republikanischer Generalstaatsanwälte die größten US-Vermögensverwalter zu ihrer Mitgliedschaft in den Branchengruppen befragten. Sie sprachen von einer „potenziell rechtswidrigen Koordinierung“ innerhalb von CA100+. Einer dieser Staatsanwälte war Austin Knudsen aus Montana. Er hat letzte Woche wenig überraschend die Entscheidung der drei Vermögensverwalter begrüßt.

Angesichts eines möglichen Wahlsieges von Donald Trump sind das Indizien darauf, was aus Green-Deal-Phantasien und Build-Back-Better-Illusionen in Zukunft werden könnte. Die Frage bleibt, ob man die Zeichen auch diesseits des Atlantiks versteht. Wenn die Milliardäre sich ein anderes Hobby suchen als die grüne Transformation, dann könnten sich ohne staatliche Zuwendungen bald einige Wasserhähne für die grünen Stiftungs- und Unternehmenszierpflanzen schließen. Einige unken bereits, dass das Rüstungsgeschäft bessere Aussichten bietet. Und Panzer und Flugzeuge setzen weiter auf fossile Energieträger.

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