Tichys Einblick
GfK-Konsumklima

Ukraine-Krieg und Inflation haben deutschen Verbrauchern die Kauflust ausgetrieben

Während die Deutsche Bank und Mercedes hohe Gewinne melden, sind die Deutschen tief pessimistisch über die Konjunktur und ihre Einkommen – und scheuen daher neue Anschaffungen. Das GfK-Konsumklima fällt noch unter das bisherige Rekordtief aus dem Frühjahr 2020.

Mercedes-Benz-Autohaus in Hamburg

IMAGO / Lobeca

Der Ukraine-Krieg und die stark gestiegenen Preise in Deutschland verhageln den Deutschen die Konsumlaune. Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stellt nach ihrer jüngsten Umfrage zur GfK-Konsumklimastudie für April 2022 einen deutlichen Rückgang der Konjunktur- und Einkommenserwartungen und auch der Anschaffungsneigung fest. Sie prognostiziert für das Konsumklima für Mai -26,5 Punkte und damit 10,8 Zähler weniger als im April dieses Jahres (revidiert -15,7 Punkte).

Damit wurde das bisherige Rekordtief vom Frühjahr 2020 während des ersten Corona-Lockdowns noch deutlich unterboten. „Der Ukraine-Krieg sowie die hohe Inflation haben der Verbraucherstimmung einen schweren Schlag versetzt. Damit haben sich die Hoffnungen auf eine Erholung als Folge der Lockerungen pandemiebedingter Beschränkungen endgültig zerschlagen“, erklärt GfK-Fachmann Rolf Bürkl.

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„Das explosionsartige Ansteigen der Energiepreise als Folge der großen Verunsicherung durch den Krieg sowie der umfangreichen Sanktionen gegenüber Russland haben auch die Einkommensaussichten der Verbraucher abrutschen lassen. Hohe Inflationsraten lassen die Kaufkraft der Konsumenten dahinschmelzen“, heißt es in einer Pressemitteilung der GfK. Folglich sinkt die Einkommenserwartung im April auf -31,3 Punkte. Das sind 9,2 Punkte weniger als im März und ist der niedrigste Wert des Indikators seit fast zwanzig Jahren. Im Februar 2003 wurde zuletzt mit -32,8 Zählern ein schlechterer Wert gemessen.

Bürkl sieht den Ukraine-Krieg als entscheidenden Grund für den Pessimismus: „Eine nachhaltige Trendwende beim Konsumklima wird es nur dann geben können, wenn es beim Krieg in der Ukraine zu erfolgreichen Friedensverhandlungen kommt.“

Verbraucher sehen akute Rezessionsgefahr und meiden Anschaffungen

Das Risiko für die deutsche Konjunktur ist aus Sicht der Verbraucher weiter gestiegen, die Gefahr einer Rezession wird als hoch eingeschätzt. Der entsprechende GfK-Indikator sinkt im April um 7,5 Punkte auf -16,4 Zähler. Im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres beträgt das Minus knapp 24 Punkte. Der anhaltende Ukraine-Krieg, eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegenüber Russland sowie unterbrochene Lieferketten bremsen die Konjunktur und verhindern, so die GfK, dass die Lockerungen der pandemiebedingten Beschränkungen ihre positiven Impulse entfalten können. Im Sog sinkender Konjunktur- und Einkommenserwartungen muss auch die Anschaffungsneigung nun zum dritten Mal in Folge Einbußen hinnehmen. Mit einem deutlichen Minus von 8,5 Punkten sinkt der entsprechende GfK-Indikator auf -10,6 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit mehr als 13 Jahren. Im Oktober 2008 – zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise – wurde mit -20,1 Zählern zuletzt ein schlechterer Wert gemessen.

Auch gute Quartalszahlen von Konzernen erzeugen keinen Optimismus

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Einen gewissen Kontrast zu solchen pessimistischen Stimmungsmeldungen bilden die am Mittwoch eingetroffenen Quartals-Gewinnmeldungen von deutschen Dax-Konzernen, allen voran von der Deutschen Bank und Mercedes-Benz. Aber auch sie bieten bei näherer Betrachtung wenig Anlass zu Wirtschaftsoptimismus. Denn die Gewinne des Autokonzerns etwa beruhen nicht auf höheren Absätzen, sondern konnten trotz Absatzrückgang um rund zehn Prozent und Produktionsausfällen in den ersten drei Monaten des Jahres gesteigert werden. Es sind betriebswirtschaftliche Gründe, nicht volkswirtschaftliche, die die Gewinne steigerten. Vorstandschef Olaf Källenius trimmt Mercedes auf Kostendisziplin und Luxus – und wer sich eine S-Klasse leisten will, kann dafür auch einen hohen Preis zahlen, wenn gleichzeitig Butter, Brot und Benzin teurer werden.

Mercedes verbreitet dennoch keinen Optimismus: Der Konzern wies bei der Präsentation des Quartalsergebnisses auf die wachsenden Unsicherheiten aufgrund des Krieges, Störungen der Lieferketten sowie steigende Rohstoff- und Energiepreise hin: „Eine Eskalation über den aktuellen Stand hinaus könnte erhebliche negative Konsequenzen für die Geschäftstätigkeit von Mercedes-Benz haben.“ Ähnlich die Tonlage bei der Deutschen Bank: Die Jahresziele der Bank könnten durch die Folgen des Ukraine-Kriegs ins Wackeln geraten, deutete Vorstandschef Christian Sewing an.

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