Tichys Einblick
Der Marktausblick

USA rauf, Deutschland runter

US-Wirtschaft stark - Deutschland schwach. Erste Stimmen warnen vor Beschäftigungsabbau. Rettet die gute China-Konjunktur? Und Worin investiert eigentlich Bundesbankpräsident Jens Weidmann sein Erspartes?

Bryan R. Smith/AFP/Getty Images

Diesen Rückschlag hatten die wenigsten Konjunkturexperten erwartet. Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich erneut eingetrübt. Der Geschäftsklimaindex des Ifo ist im April von 99,7 auf 99,2 Punkte gesunken. Auch die Stimmung unter den deutschen Exporteuren verdüstert sich weiter und befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit sechseinhalb Jahren. „Das schwierige weltwirtschaftliche Umfeld gibt im Moment keinerlei Impulse für die deutsche Exportwirtschaft“, kommentiert Ifo-Präsident Clemens Fuest. Dabei hatte zuletzt in China die Konjunktur an Fahrt aufgenommen, das Brexit-Chaos nachgelassen und der ZEW-Index wieder etwas nach oben gezeigt. „Doch all dies scheint derzeit nicht zu zählen — die Lage im deutschen Unternehmerlager ist momentan durchaus angespannt“, erklärt Thomas Gitzel. Dem Chefökonomen der VP Bank machen vor allem die schwachen Auftragseingänge Sorge: „Ohne Neubestellungen leidet die Produktion und leider in weiterer Folge auch die Beschäftigung.“ Kein Wunder also, dass das Wort „Sparprogramm“ in den Unternehmenspressemitteilungen immer häufiger zu lesen ist. Doch die Hoffnung ist noch nicht begraben, die US-amerikanische Wirtschaft läuft solide, und auch die chinesische Volkswirtschaft kommt auf Trab. „Es ginge daher nicht mit rechten Dingen zu, würde Deutschland im weiteren Jahresverlauf nicht davon profitieren.“

Die Zeit der Zahlen hat begonnen: Weltweit legen Unternehmen in diesen Tagen ihre Geschäftsergebnisse für das erste Quartal vor. Vor allem die großen amerikanischen Techies — Amazon, Facebook und Microsoft — haben überzeugt. In den USA ist die Zwischenbilanz der Berichtssaison bislang sehr positiv. Laut Datendienst Bloomberg haben rund 45 Prozent der Mitglieder des Aktienindex S & P 500 ihre Ergebnisse vorgelegt, mehr als drei Viertel davon haben die Analystenerwartungen übertroffen. Berücksichtigt werden muss, dass die Wall Street ihre Erwartungen im Vorfeld der Zahlen meist nach unten schraubt und es den Unternehmen damit leichter macht.

Über die vergangenen vier Quartale haben laut Datendienst Refinitiv 76 Prozent der US-Unternehmen die Erwartungen übertroffen. In Deutschland ist die Erfolgsquote deutlich niedriger. Der Start ist dieses Mal ermutigend: SAP und Bayer haben positiv überrascht. Bei Daimler und Deutscher Bank fällt die Quartalsbilanz gemischt aus. Der kräftige Kursaufschwung der vergangenen zwei Wochen hat den Deutschen Aktienindex mittlerweile um mehr als fünf Prozent über die 200-Tage-Linie gehoben.​
Vor diesem Hintergrund verabschiedete sich der deutsche Aktienmarkt mit etwas höheren Notierungen ins Wochenende. Zum Handelsschluss legte der Leitindex DAX um 0,3 Prozent zu und schloss mit 12.315 Zählern. Gesprächsthema war nach wie vor der Abbruch der Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank. Der Kurs der Deutschen fiel um 1,9 Prozent, während die Commerzbank-Aktie um 3,6 Prozent zulegen konnte.

Erst kurz vor der Schlussglocke trauten sich am Freitag die Anleger an den US-Börsen aus der Deckung. Der Dow Jones Industrial ging mit einem Plus von 0,3 Prozent auf 26.543 Punkte ins Wochenende. Auf Wochensicht trat das Börsenbarometer damit auf der Stelle. Der marktbreite S&P 500 rückte um 0,5 Prozent auf 2.940 Zähler vor und verpasste einen erneuten Höchststand nur um Haaresbreite. Hohe Kursverluste in der Chip-Branche nach der herben Enttäuschung von Intel ließen den technologielastigen NASDAQ 100 lediglich um 0,1 Prozent auf 7.827 Punkte zulegen.

Die Wirtschaft der USA hatte sich zu Beginn des Jahres von der schwächeren Weltkonjunktur abgekoppelt und weiter robust zugelegt. Das Wachstum in den Monaten Januar bis März übertraf die Erwartungen. Ökonom Jan Hatzius von Goldman Sachs wies jedoch darauf hin, dass das Wachstum zum großen Teil einem Aufbau von Lagerbeständen und geringeren Importen geschuldet sei. „Die Inlandsnachfrage ist so schwach gewachsen wie seit drei Jahren nicht mehr“, warnte Hatzius.

Amazon kletterten um 2,5 Prozent auf den höchsten Stand seit Oktober vergangenen Jahres. Der weltgrößten Versand-Händler sei im ersten Quartal deutlich profitabler gewesen als erwartet, lobte Analyst Heath Terry von Goldman Sachs.

Der zweitgrößte US-Autobauer Ford hat zu Jahresbeginn trotz anhaltender Probleme besser abgeschnitten als erwartet. Im ersten Quartal war der Gewinn deutlich weniger stark als befürchtet gesunken. Ford-Anteile zogen um fast elf Prozent auf den höchsten Stand seit neun Monaten an.

Bei American Airlines hatte das Startverbot für Boeings (Boeing) 737-Max-Jets und teures Kerosin die Gewinnziele durchkreuzt. Das vorläufige Aus für Flüge mit dem Boeing-Typ dürfte den Gewinn der Fluggesellschaft in diesem Jahr schmälern. Die Aktien verloren 1,1 Prozent.

Die EZB hat den Notenbankchefs der Eurozonenländer verordnet, ihre privaten Vermögensanlagen offenzulegen. Dies soll mehr Transparenz schaffen. Stellt sich die Frage für Anleger: Wie investiert eigentlich Jens Weidmann? Schließlich sollte der Bundesbank-Chef einen guten Draht in die Finanzbranche haben. Wer nun erwartet, eine ausgeklügelte Investmentgeschichte zu erfahren, wird jedoch enttäuscht. Denn im Fall von Jens Weidmann ist die Geschichte schnell erzählt. Er besitzt gerade mal zwei Finanzprodukte: einen Exchange Traded Fund (ETF) des Anbieters Xtrackers auf den DAX und einen auf den MSCI All Country World. Letzterer beinhaltet 2600 Large-Cap- und Mid-Cap-Aktien aus 24 Industrie- und
21 Schwellenländern. Beide ETFs verfolgen das Ziel, ihren jeweiligen Index eins zu eins abzubilden.

Kein Tag vergeht, an dem der Tesla-Chef nicht für Schlagzeilen sorgt. Vergangene Woche etwa kündigte Elon Musk die Produktion eines elektrischen und lautlosen Laubbläsers an. Das Original auf vier Rädern wiederum sorgt ebenfalls für viel Furore. Denn der Elektroautopionier hat in den ersten drei Monaten 2019 einen überraschend hohen Nettoverlust von 702 Millionen Dollar eingefahren. Lieferprobleme, Preissenkungen und hohe Investitionen produzierten unterm Strich einen der höchsten Quartalsverluste der Konzernhistorie. Auch das zweite Quartal dürfte rote Zahlen bringen, so Tesla. Frisches Kapital von Investoren wird daher wohl schon bald nötig sein. Die Aktie des Autoherstellers verlor rund fünf Prozent. Eine weitere aufsehenerregende Ankündigung gab es natürlich obendrein. So möchte Tesla künftig auch als Autoversicherer aktiv werden.


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