Tichys Einblick
Der Marktausblick

DAX und Dow korrigieren heftig

Im Fokus stand vor allem der Geschäftsbericht der Deutschen Bank. Das Geldhaus enttäuschte die Anleger mit den Zahlen. Das Papier rutschte um zeitweise sieben Prozent auf den tiefsten Stand seit Ende September.

© Drew Angerer/Getty Images

Der Dax hat mit dem schwachen Wochenschluss an den Kursrutsch vom Donnerstag angeknüpft. Der deutsche Leitindex büßte seine gesamten Gewinne aus dem noch jungen Börsenjahr 2018 komplett ein.

Zu Handelsbeginn kam Druck von der Währungsseite, als der Euro zeitweise über der Marke von 1,25 US-Dollar stand. Gegen Nachmittag fiel der Euro nach einem starken US-Arbeitsmarktbericht wieder auf 1,24 Dollar. Damit notiert die Gemeinschaftswährung noch immer auf einem vergleichsweise hohen Niveau.

Zudem belasteten schwache Bilanzen. Im Fokus stand vor allem der Geschäftsbericht der Deutschen Bank. Das Geldhaus enttäuschte die Anleger mit den Zahlen. Das Papier rutschte um zeitweise sieben Prozent auf den tiefsten Stand seit Ende September.

Auch die Wallstreet konnte den Börsen hierzulande nicht helfen. Angst vor weiter steigenden Zinsen trieb die Anleger in Scharen aus dem Markt, wie ein deutlicher Kursrutsch beim Dow Jones Industrial um 2,5 Prozent auf 25 521 Punkte zeigte. Im Wochenverlauf weitete der Leitindex sein Minus damit auf mehr als vier Prozent aus. Er erlitt so den schärfsten prozentualen Wochenverlust seit zwei Jahren. Auf Tagesbasis war es das größte Minus seit Juni 2016.

Steigende Zinserwartungen sorgten nach der Rekordjagd der vergangenen Wochen für eine Welle an Gewinnmitnahmen. Manfred Bucher von der BayernLB sprach am Vortag bereits von einem „überhitzten US-Aktienmarkt“ und erhöhten Korrekturgefahren. Öl ins Feuer gossen nun die Arbeitsmarktdaten mit einer unerwartet starken Lohnentwicklung, die über die Inflationserwartungen den geldpolitischen Spielraum der US-Notenbank Fed erhöht – ein Szenario, bei dem Investoren angesichts steigender Anleiherenditen die Lust auf Aktien vergeht. Zehnjährige US-Anleihen rentieren so hoch wie seit vier Jahren nicht mehr.

Auch die weiteren Indizes standen am Freitag heftig unter Druck. Der breit gefasste S&P 500 fiel um gut zwei Prozent auf 2762 Punkte. Der technologielastige Auswahlindex NASDAQ 100 sackte um zwei Prozent auf 6760 Punkte ab.

Positives gab es von Amazon zu vermelden. Die Aktien des Handelskonzerns erreichten knapp unter 1500 Dollar einen neuen Rekordstand, bevor sie etwas zurückruderten. Zuletzt kletterten sie noch um knapp drei Prozent. Nach einem starken Weihnachtsgeschäft und angesichts boomender Cloud-Dienste erhöhten Analysten reihenweise ihre Kursziele. Goldman Sachs sieht mit seinem neuen Ziel von 1825 Dollar noch deutliches Kurspotenzial.

Ansonsten hatten Anleger wenig Grund zur Freude. Für Apple ging es nach der Bekanntgabe der Zahlen um fast 4,5 Prozent bergab. Der Jahresgewinn stieg 2017 zwar deutlich, der iPhone-Absatz ging aber im Jahresvergleich um eine Million Geräte zurück. Gemeinsam mit einer enttäuschenden Prognose für das laufende Vierteljahr untermauerte dies die zuletzt schon spürbaren Sorgen um das wichtigste Produkt des Technologiekonzerns.

Noch schlimmer erging es den Ölwerten. Die Aktien von Exxon Mobil fielen um 5,1 Prozent, Chevron um 5,6 Prozent.

An der Nasdaq sackten die Aktien von Alphabet (ex Google) um etwa fünf Prozent ab. Sorgen bereiten den Anlegern die steigenden Kosten des Google-Mutterkonzerns. Die Profitabilität des Internetkonzerns leide unter den Investitionen, schrieb Analyst Douglas Anmuth von JPMorgan.

Muss man sich nun sorgen? Schließlich ist der DAX zum ersten Mal seit Anfang Januar unter die Marke von 13 000 Punkten gefallen. Ein solches Ereignis verursacht immer auch einen psychologischen Impuls. Erobert der Leitindex die nächsthöhere Tausenderstelle, löst das Aufbruchstimmung und gelegentlich Euphorie aus. Geht es, wie jetzt, nach unten, folgen Verunsicherung und bisweilen Panik. Die Vernunft sagt etwas anderes. Die vergangenen Monate, in denen der Markt fast durchweg stieg und zwischendurch höchstens mal ein halbes Prozent am Tag fiel, ist historisch betrachtet die absolute Ausnahme. Was wir gerade erleben, ist bloß die Rückkehr zur Normalität, die auch größere Tagesverluste mit sich bringt. Viele Börsianer werden das nicht bedauern. Investoren etwa, die den unablässig steigenden Kursen zuletzt bloß hinterherblickten, werden die Korrektur als Einstiegsgelegenheit begrüßen.​

Immerhin glänzt Europa wirtschaftlich so stark wie lange nicht mehr. Laut Eurostat kletterte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone 2017 um 2,5 Prozent nach oben — der höchste Wert seit Ausbruch der Finanzkrise. Neben den Zugpferden Deutschland und Spanien (plus 2,5 und 3,1 Prozent) meldete sich 2017 Frankreich im ersten Amtsjahr von Präsident Emmanuel Macron zurück: Hier legte das BIP um 1,9 Prozent zu. Es ist das stärkste Wachstum seit 2011. Auch 2018 sollte der Konjunkturmotor in der EU rund laufen.

Sorgen macht Experten aber neben Wachstumsnachzügler Italien der stark gestiegene Euro, der Europas Exportindustrie trifft. Doch Martin Arnold, Stratege bei ETF Securities, beruhigt. Seiner Einschätzung nach wird die Nachfrage nach Euro von Käufen am Anleihe- und Terminmarkt gleichermaßen gestützt. „Da die Positionierung extreme Niveaus erreicht hat und Finanzierungen in Euro immer teurer werden, ist es unseren Erwartungen zufolge unwahrscheinlich, dass die Rally noch lange anhält.“

Ein mehrmonatiger, unfreiwilliger Hotelaufenthalt endete vergangenen Sonntag für Saudi-Prinz und Groß-investor Prinz Al-Walid Bin Talal nach gütlicher Einigung mit der Regierung. Der Multimilliardär (er hält Anteile an Twitter, Euro Disney und Chinas E-Commerce-Riesen JD.com) war – einer von 381 Prinzen, Wirtschaftsführern und Offiziellen, denen der Königshof Veruntreuung öffentlicher Gelder und Korruption vorwarf. Deshalb stellte er die Herrschaften im November unter Hausarrest. Die meisten von ihnen — wie auch Al–Walid — weilten im Ritz-Carlton-Hotel in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad. Die Börse freute die Einigung: Al-Walids Kingdom Holding, deren Aktien an der Tadawul-Börse in Riad gehandelt werden, stiegen auf ein Dreimonatshoch, sein Vermögen durch den Kursanstieg um eine Milliarde Dollar. Der saudische Fiskus darf sich laut Staatsanwaltschaft sogar auf 106 Milliarden Dollar freuen, die durch -„Verhandlungen“ mit den meisten VIPs „erlöst“ wurden — eine stolze Summe, denn der Staatshaushalt 2018 beträgt 261 Milliarden Dollar. Usman Ahmed, Leiter Investments bei der Dubaier Großbank Emirates NBD, sagte, dass man die Angelegenheit nicht kommentieren wolle, doch sei jede Unsicherheit, die beseitigt würde, „ein Segen für die Region“. Entsprechend gelassen feierten auch am Donnerstag Saudi-König Salman und Kronprinz Mohammed die Abschlusszeremonie des King Abdulaziz Camel Festival in Rumah, 120 Kilometer nördlich von Riad, vor den Kameras. Dennoch: 56 Beschuldigte sitzen weiter im luxuriösen Gewahrsam.

Wenn Sonntagnacht der 52. Super Bowl im American Football stattfindet, warten auch Anleger gespannt auf das Ergebnis. Denn laut des populären Super-Bowl-Indikators wird sich ein Endspielsieg der Philadelphia Eagles als NFC-Team positiv auf die US-Börsen auswirken, ein Triumph des AFC-Teams New England Patriots nicht. Nur zur Beruhigung: Als die Patriots 2017 den Titel gewannen, legte der Dow Jones danach trotzdem kräftig zu.​