Tichys Einblick
Marktausblick

Brasilien, Trump, ZEW-Konjunkturindex, Fondsmanager, Öl

Sollte der Ölpreis deutlich steigen, werden die Fracking-Unternehmen in den USA wieder mehr vom schwarzen Gold produzieren und so den Preisaufschwung deckeln. Von dieser Seite sollte die Teuerung daher mittelfristig keine allzu große Unterstützung erhalten.

Sao Paulo's Stocks Exchange (Bovespa) headquarters in downtown Sao Paulo

© Nelson Almeida/AFP/Getty Images

Die stärkste Kursbewegung gab es in der vergangenen Woche in Brasilien. Der Aktienmarkt in Sao Paulo geriet am Donnerstag wegen politischer Turbulenzen schwer unter Druck. Der Leitindex Bovespa war im frühen Handel um rund 10 Prozent auf 60.470 Punkte eingebrochen. Der Handel wurde daraufhin für rund 30 Minuten automatisch ausgesetzt. Zum Handelsschluss stand ein Minus von fast 9 Prozent auf 61.597,05 zu Buche.

Unter den Einzelwerten in Sao Paolo büßten die Aktien des Finanzinstituts Banco do Brasil zwischenzeitlich rund ein Viertel ihres Wertes ein. Am Ende fielen sie um rund 20 Prozent. Die Papiere des Energiekonzerns Petrobas sackten etwas weniger deutlich ab.

Staatsanleihen des Landes, die in US-Dollar begeben wurden, brachen ebenfalls ein. Im Gegenzug stiegen die Risikoaufschläge, die Investoren für eine Anlage verlangen. Die Rendite zehnjähriger auf Dollar lautender Anleihen stieg um 0,57 Prozentpunkte auf 5,07 Prozent. Kreditausfallversicherungen auf brasilianische Staatspapiere wurden spürbar teurer.

Die Landeswährung Real verlor im Vergleich zum US-Dollar so deutlich an Wert wie seit Monaten nicht mehr, der Kurs lag bei bis zu 3,41 Real für einen Dollar. Der Dollar legte um mehr als sieben Prozent zum Real zu.

Nach einem Pressebericht soll Präsident Michel Temer aktiv dabei geholfen haben, mit Hilfe von Geldzahlungen einen Mitwisser in einem Korruptionsskandal zum Schweigen zu bringen. In Brasilia war nach dem Auftauchen von angeblich belastenden Tonaufnahmen von einer „Bombe“ die Rede. Von allen Seiten kamen Forderungen nach Rücktritt und Neuwahlen. Die brasilianische Regierung hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Sollten die Anschuldigungen stimmen, dürfte die politische Unterstützung für Temer deutlich schwinden und die Fortschritte der Reform-Agenda beeinträchtigen, kommentierten Ökonomen von der Bank of America Merrill Lynch.

Brasilien leidet seit Jahren unter großen wirtschaftlichen Problemen und Korruptionsaffären. Mit der neuen Regierung unter dem seit 2016 amtierenden Präsidenten Temer verbanden Anleger aber die Hoffnung auf stabilere politische und ökonomische Verhältnisse. An den Märkten genoss er weit mehr Vertrauen als seine 2016 des Amtes enthobene linke Vorgängerin Dilma Rousseff. Diese Hoffnungen wurden mit den jüngsten Nachrichten enttäuscht.

Die Korrektur kommt

Die Korrektur kommt. Die Unsicherheiten um die Durchsetzungsstärke des US-Präsidenten Trump sorgen nach Wochen ruhigen Aufwärtstrends an den Börsen für erneut ansteigende Schwankungskennziffern. Was Freunden des ruhigen Börsenhandels nicht besonders gut schmecken wird, kommt kurzfristig agierenden Tradern gelegen. Diese im Allgemeinen recht risikofreudige Börsianerfraktion dürfte die Schwankungen am Aktienmarkt abermals anfachen. Sprich: Die ruhigen Zeiten sind wohl einstweilen vorüber. Beschweren kann sich niemand, die Rally lief bereits seit vielen Monaten. Über die Tiefe der Korrektur lässt sich bislang bloß spekulieren, hier ist vieles möglich. Festzuhalten bleibt: Die Rahmenbedingungen bleiben angesichts des sich festigenden Wachstumstrends der Konjunktur vor allem in Europa gut. Die Unternehmensgewinne ziehen an. Die Zinsen in Europa bleiben niedrig. Anlegern sei also empfohlen, noch nicht die Flinte ins Korn zu werfen und aus Aktien ganz auszusteigen. Einen Teil der Gewinne mitzunehmen, dürfte allerdings nicht das Schlechteste sein. Denn die Risikokomponente VAR im Börsenindikator ist nur ganz knapp an einem Verkaufssignal vorbei geschrammt. ​

Gut, aber nicht überraschend gut ist das Ergebnis des ZEW-Konjunkturindex für den Monat Mai ausgefallen. Zwar sind die Erwartungen der Analysten etwas gestiegen, lagen aber dann doch unter den hohen Erwartungen. Summa summarum gewinnt das Wachstum in Deutschland an Breite. „Neben demprivaten Konsum kommen nun auch die Investitionen und die Exporte in Fahrt“, erklärt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. Aus diesem Grund sei es durchaus möglich, dass der deutsche BIP-Zuwachs im laufenden Jahr höher ausfällt, als allgemein erwartet wird. Da die Weltwirtschaft aber noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt ist, bleiben für die export-abhängige deutsche Volkswirtschaft Wachstumsraten von über zwei Prozent erst mal eine Illusion.

Immerhin sehen Investmentprofis die Weltwirtschaft weiter im Wachstumsmodus. An der globalen Umfrage der Bank of America Merrill Lynch haben 213 Fondsmanager teilgenommen, die insgesamt 645 Billionen US-Dollar an Kapital verwalten. Das Resultat: Der Optimismus der Experten hat erneut zugelegt, knapp über ein Drittel der Befragten, so viele wie noch nie, geht auf Sicht von zwölf Monaten weltweit von einem sogenannten Goldilocks-Szenario aus. Charakteristisch für dieses exzellente Umfeld für Investments ist ein überdurchschnittliches globales Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig geringer Inflation. Und während unter den Befragten die Popularität der europäischen Aktienmärkte stark zugenommen hat, wird Chinas angespannte Kreditmarktsituation als neues Sorgenkind am häufigsten genannt. Das war allerdings, bevor Trumps politische Probleme Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst haben.

Dass die Inflation bisher nicht allzu stark nach oben schießt, ist auch auf die niedrigen Energiepreise zurückzuführen. Vergangene Woche haben Saudi-Arabien und Russland jedoch bekannt gegeben, dass sie ihre ursprünglich bis Juni begrenzte Ölförderkürzung bis zum Ende des ersten Quartals 2018 verlängern wollen. Daraufhin kletterte der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent auf über 50 US-Dollar. Der Plan der beiden von Petrodollars stark abhängigen Regierungen, den bisher durch Überproduktion gekennzeichneten globalenÖlmarkt auf diesem Weg in ein Gleichgewicht zu bringen, könnte letztlich sogar aufgehen. Denn die derzeit noch hohen Lagerbestände könnten bis Ende des Jahres abgebaut sein. Grund: Auch andere OPEC-Mitglieder werden am 25. Mai beim Treffen in Wien mit weiteren Förderländern eine Verlängerung der 2016 beschlossenen Produktionskürzungen mittragen. Ein Problem bleibt aber: Sollte der Ölpreis  deutlich steigen, werden die Fracking-Unternehmen in den USA wieder mehr vom schwarzen Gold produzieren und so den Preisaufschwung deckeln. Daher gehen Experten davon aus, dass die Ölnotierungen in den kommenden Monaten innerhalb eines Korridors von 40 bis 60 US-Dollar je Barrel verharren dürften. Von dieser Seite sollte die Teuerung daher mittelfristig keine allzu große Unterstützung erhalten.