Tichys Einblick
Ausblick auf die nächste Handelswoche

Börse nach der GB-Wahl: Zuversicht trotz Unsicherheit

Wachstumserwartungen steigen, die „Frontier Markets“ expandieren: Lauter gute Nachrichte für Anleger. Ungeklärt bleibt: Warum ist der Euro so stark?

© Leon Neal/AFP/Getty Images

Manchmal versteht man die Börsianer nicht: Da gibt es in Großbritannien einen gegen die Erwartungen starken Verlust der Konservativen, der entweder eine wacklige Koalitionsregierung oder baldige Neuwahlen erzwingt, aber die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben mit Zuversicht auf diesen Wahlausgang reagiert. Zudem sorgte der weiterhin sehr starke deutsche Außenhandel für gute Laune. Der DAX ging mit einem Plus von 0,8 Prozent auf knapp 12.816 Punkte aus dem Markt. Der MDax stieg um 1,00 Prozent auf 25.410 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax gewann 0,55 Prozent auf 2308 Punkte.

Es kann eine deutsche Regierung durchaus schlimmer treffen, als dass ihre eigene Wirtschaftsprognose von Profis als zu niedrig eingestuft wird. So geschehen vergangene Woche, als die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einen Blick auf die weltweite und die deutsche Konjunktur warf. Ergebnis: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde hierzulande 2017 um 1,7 Prozent und 2018 um 2,0 Prozent steigen. Damit ist die OECD optimistischer als die Bundesregierung, die der Wirtschaft hierzulande für 2017 nur ein Plus von 1,5 und für 2018 von 1,6 Prozent zutraut. Gleichzeitig hob die OECD ihre Einschätzung für das weltweite Wachstum in diesem Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent an. Kommendes Jahr könnte die globale  Wirtschaft dann um 3,6 Prozent zulegen.

Die wahren Wachstumstreiber der Weltwirtschaft bleiben dabei weiterhin die Schwellenländer. Wie wichtig etwa die beiden Emerging-Market-Giganten Indien und China inzwischen sind, verdeutlichen folgende Zahlen: Über 42 Prozent des gesamten globalen Wachstums in den kommenden Jahren wird aus diesen beiden Nationen kommen. Zum Vergleich: Der Anteil der USA liegt laut Weltbank bei 18 Prozent, die Europäische Union trägt gerade mal neun Prozent bei.

Hochprozentiges in Sachen Wachstum liefern auch die Frontier Markets. Acht der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften derzeit sind Nationen wie Vietnam oder Pakistan, die den Schwellenländerstatus noch nicht erreicht haben. „Diese Volkswirtschaften haben eine junge, finanziell gut gestellte Bevölkerung, die ihr Geld ausgeben möchte“, sagt etwa Tim Love, Investment ­Director bei der Fondsgesellschaft GAM. Für Privatanleger gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Möglichkeiten, in die Wirtschaftskraft dieser Länder zu investieren, die sich derzeit bei vielen Investoren auf der Kaufliste befinden. So stehen aktiv gemanagte Produkte wie der Magna-New-Frontiers-Fonds zur Verfügung, der in diesem Jahr über 15 Prozent abgeworfen hat. Für Fans passiver Lösungen ist der db X-trackers S & P Select Frontier ETF (ISIN: LU 032 847 641 0) optimal, der seine Aktieninvestments weltweit gestreut hat.

Spitzenwerte in Sachen Wirtschaft bietet Australien seit Langem. 25 Jahre am Stück brummt die Konjunktur nun schon in Down Under. Den unerquicklichen Zustand der Rezession kennen die Australier nur vom Hörensagen oder von Touristen. Der Grund für diesen traumhaften Zustand liegt in der breiten Wirtschaftsstruktur des Landes, aber auch in der Nähe zu den asiatischen Boomregionen. Zudem gelten die Aussies generell als recht einkaufsfreudig. Knapp die Hälfte des BRuttoinlandsproduktes (BIP) steuert der Konsum bei. Doch die Verbraucher leiden inzwischen unter ihrer extrem hohen Kreditbelastung, sodass das BIP-Wachstum derzeit so schwach ausfällt wie seit dem Jahr 2009 nicht mehr. Denn mit über 210 Prozent Verschuldung vom verfügbaren Haushalts­einkommen sind die Australier in der Schuldenweltrangliste ebenfalls längst in der Spitzengruppe angekommen.

Analysten erscheint der jüngste Anstieg des Euro mysteriös. Die Gemeinschaftswährung hätte nach gängigen Erklärungsansätzen im Verhältnis zum Dollar eher stabil bleiben müssen, findet etwa Jens Nordvig, Gründer der ­Researchfirma Exante Data in New York. Norvig, vom Branchenmagazin „Institutional Investor“ mehrfach als Marktstratege ausgezeichnet, führt aus, dass die Eurostärke beispielsweise nicht mit den Differenzen zwischen den Zinssätzen in den USA und Euroland erklärbar sei. Auch die Deutsche Bank rätselt über das Comeback und ist der Meinung, die üblichen Indikatoren taugten in diesem Fall nicht zur Analyse. Einig sind sich die Beobachter darin, dass Zuflüsse ausländischer Investoren — auch in die Aktienmärkte Europas — zur Aufwertung führten. Weitere Übereinstimmung: Der Euro soll demnach in den kommenden Wochen eher nachgeben, als weiter zu klettern.

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