Tichys Einblick
Inflation schreitet voran

Erzeugerpreise steigen um mehr als 18 Prozent – Höchster Anstieg seit 1951

Die Preise der Erzeuger stiegen im Oktober so stark wie seit der Frühzeit der Bundesrepublik nicht. Das übertrifft die ohnehin schon pessimistischen Erwartungen. Die Energiepreise sind erneut ein besonders starker Treiber. Aber auch die Nahrungsmittelerzeugung wird deutlich teurer.

Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte waren im Oktober 2021 um 18,4 Prozent höher als im Oktober 2020. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, war dies der höchste Anstieg gegenüber dem Vorjahresmonat seit 70 Jahren (November 1951: +20,6 Prozent). Gegenüber dem Vormonat stiegen die gewerblichen Erzeugerpreise um 3,8 Prozent. Hauptverantwortlich für den Anstieg der gewerblichen Erzeugerpreise gegenüber Oktober 2020 war die Preisentwicklung bei Energie.

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Die Anstiege sind damit schon stärker als in der ersten Ölkrise 1974, die einen sehr starken Inflationsschub ausgelöst hatte. „Das lag noch einmal erheblich über den schlimmsten Befürchtungen“, sagte LBBW-Experte Jens-Oliver Niklasch laut Handelsblatt. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten im Schnitt nur mit 16,2 Prozent gerechnet. Die Produzentenpreise waren im September schon um 14,2 Prozent gestiegen und im August um 12 Prozent. Die Steigerungsdynamik hat also noch deutlich zugenommen.

Der Erzeugerpreis-Index misst die Entwicklung der Preise für die im Bergbau, im Verarbeitenden Gewerbe sowie in der Energie- und Wasserwirtschaft in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte. Berücksichtigt werden dabei alle Steuern und Abgaben auf die Produkte außer der Mehrwertsteuer. Er stellt damit die Preisveränderungen in einer frühen Phase des Wirtschaftsprozesses dar. In der Regel folgen die Konsumentenpreise der Tendenz der Erzeugerpreise.

Starke Preissteigerungen bei allen Energieträgern, bei Metallen, Sekundärrohstoffen und Holz

Die Energiepreise waren im Oktober 2021 im Durchschnitt 48,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Allein gegenüber September 2021 stiegen diese Preise um 12,1 Prozent. Den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr bei Energie hatten Erdgas in der Verteilung (+ 81,4 Prozent) und elektrischer Strom (+ 49,6 Prozent). Ohne Berücksichtigung der Energiepreise waren die Erzeugerpreise 9,2 Prozent höher als im Oktober 2020 (+ 0,7 Prozent gegenüber September 2021).

Vorleistungsgüter waren im Oktober 2021 um 18,1 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Gegenüber September 2021 stiegen diese Preise um 0,9 Prozent. Den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate für Vorleistungsgüter gegenüber dem Vorjahr hatten Metalle insgesamt mit einem Plus von 37,8 Prozent. Hier stiegen die Preise für Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen um 56,4 Prozent. Nichteisenmetalle und deren Halbzeug insgesamt kosteten 29,8 Prozent mehr, Aluminium in Rohform war 67,4 Prozent teurer. Allein gegenüber September 2021 stiegen die Aluminiumpreise um 13,1 Prozent.

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Besonders hoch waren die Preisanstiege gegenüber dem Vorjahr bei nichtmetallischen Sekundärrohstoffen (+95,7 Prozent) sowie Nadelschnittholz (+91,8 Prozent), dessen Preise gegenüber dem Vormonat September jedoch um 9,9 Prozent nachgaben. Verpackungsmittel aus Holz waren 82,0 Prozent teurer als ein Jahr zuvor.

Ein ebenfalls starkes Plus gegenüber dem Vorjahresmonat wiesen die Preise für Düngemittel und Stickstoffverbindungen mit +26,9 Prozent auf (+5,2 Prozent gegenüber September 2021). Kunststoffe in Primärformen waren 23,2 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Die Preise für Futtermittel für Nutztiere stiegen um 22,6 Prozent, für Getreidemehl um 16,1 Prozent. Man kann also davon ausgehen, dass sich diese stark steigenden Kosten für Landwirte bald in deutlich höhere Preise für Lebensmittel übersetzen werden.

Die Preise für Gebrauchsgüter waren im Oktober 2021 um 3,4 Prozent höher als ein Jahr zuvor, insbesondere bedingt durch die Preisentwicklung für Möbel (+4,3 Prozent). Investitionsgüter, wie beispielsweise Maschinen und Fahrzeuge, kosteten 3,2 Prozent mehr. Besonders hoch war hier der Preisanstieg gegenüber Oktober 2020 bei Stahl- und Leichtmetallbauerzeugnissen (+14,4 Prozent), aber auch bei Metallbehältern, Heizkörpern und Heizkesseln (+10,6 Prozent).

Stark gestiegene Preise für Öle und Fette

Die Preise für Verbrauchsgüter waren im Oktober 2021 um 3,0 Prozent höher als im Oktober 2020 und stiegen gegenüber September 2021 um 0,5 Prozent. Nahrungsmittel waren 3,7 Prozent teurer als im Vorjahr. Besonders stark stiegen die Preise im Vorjahresvergleich für pflanzliche, nicht behandelte Öle (+48,3 Prozent), Butter (+18,8 Prozent) und Rindfleisch (+14,2 Prozent). Backwaren kosteten 3,7 Prozent mehr. Dagegen war vor allem Schweinefleisch billiger als im Oktober 2020 (-5,1 Prozent).

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