Tichys Einblick

Deutsche Industrieproduktion bricht im Juni stark ein

Vor allem die schwachen Ergebnisse im Automobil- und Bausektor sorgen für einen Rückgang des BIP um 1,5 Prozent. Die Aussichten für den Rest des Jahres sind nicht viel besser. Eine Reaktion der Ampel darauf– Fehlanzeige

IMAGO / Uwe Meinhold

Die Produktion in der gewerblichen Wirtschaft brach nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Juni 2023 ungewöhnlich stark ein: um 1,5 Prozent zum Mai, und sogar um 1,7 Prozent zum Juni 2022. Der Produktionsrückgang fällt vor allem sehr stark im Vergleich zum zu den Mai-Zahlen aus: damals ging die Erzeugung nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum April zurück – was viele Ökonomen zu der Prognose veranlasste, die deutsche Wirtschaft werde im Sommer zwar weiter schrumpfen, aber nur leicht.

Die Juni-Industrieproduktion ging im Vergleich zum Mai insgesamt um 1,3 Prozent zurück. Einen besonders hohen Anteil daran hatte die Krise der Automobilindustrie, in der die Erzeugung im Juni sogar um 3,5 Prozent absackte. Auch die ohnehin schon sehr schwachen Zahlen des Bausektors zeigten im sechsten Monat noch weiter nach unten.

Laut Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) kann Deutschlands Wirtschaft auch im Rest des Jahres keine Trendwende erwarten. „Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen“, kommentierte das Ministerium die neuesten Zahlen aus Wiesbaden, „ist eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar.“

Über die Bestätigung der schlechten Zahlen hinaus gibt es allerdings keine Reaktion der Ampel. Die Union fordert von der Bundesregierung ein Sofortprogramm, um den wirtschaftlichen Abstieg wenigstens zu verlangsamen. Dazu sollte nach ihren Vorstellungen die Streichung der Stromsteuer gehören, was die Energiekosten für Unternehmen und Bürger immerhin leicht dämpfen würde. Bisher gibt es weder von Kanzler Olaf Scholz noch Wirtschaftsminister Habeck Signale, dass die Koalition noch in der Sommerpause konkrete Maßnahmen vorlegen will. In ihrem Sommerinterview erging sich Grünen-Chefin Ricarda Lang nur in teils bizarr wirkenden Phrasen von einer „Investitionsagenda“ und einem „gemeinsamen Paket“, das die Regierung demnächst schnüren wolle. Irgendwelche konkreten Maßnahmen nannte sie nicht – außer dem wiederholten Vorschlag für einen „Brückenstrompreis“, der bedeutet, den Strom für die Industrie flächendeckend aus Bundesmitteln zu subventionieren. Das würde zwar einerseits die Unternehmen entlasten – andererseits auch jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten, der durch höhere Steuern beziehungsweise Schulden finanziert werden müsste. Der regierungsnahe Ökonom Marcel Fratzscher vom DIW Berlin machte dazu kürzlich Vorschläge: nach seiner Vorstellung sollte beispielsweise das „Dienstwagenprivileg“ gestrichen werden – in Wirklichkeit kein Privileg, sondern eine Pauschalbesteuerung von Dienstautos. Außerdem regte er an, die Sonderregelungen für Firmenerben bei der Erbschaftssteuer abzuschaffen. Bislang können Erben von inhabergeführten Unternehmen die Steuerzahlung über mehrere Jahre strecken. Würde diese Regelung tatsächlich beseitigt, würden sich die Standortbedingungen für viele Mittelständler in Deutschland noch einmal deutlich verschlechtern.

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