Tichys Einblick
Habecks Wirtschafts-"Prognose"

Der Wohlstand langweilt die Deutschen

Robert Habeck lag mit seinen Prognosen zum Wachstum der deutschen Wirtschaft weit daneben. Doch nicht nur er. Es macht sich im Land ein linkes Wunschdenken breit, dass der Wohlstand von alleine kommt.

Robert Habeck präsentiert Jahreswirtschaftsbericht 2024, Berlin, 21.02.2024

IMAGO / Chris Emil Janßen

Robert Habeck (Grüne) hat im Bundestag verkündet, dass die Bundesregierung die Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft korrigiert hat: von 1,3 Prozent auf 0,2 Prozent. Dass die deutsche Wirtschaft in der Krise ist, ist keine Nachricht. Zumindest nicht für TE-Leser. Doch um 1,1 Prozentpunkte in der Prognose daneben zu liegen, ist schon bemerkenswert. Zumal die Prognosen des „Wirtschaftsministers“ sich zuletzt immer als Traumschlösser erwiesen. Künftig sollte bei Habeck eher von Wachstums-Mutmaßung die Rede sein, statt von Prognose. Oder von Wachstums-Wishful-Thinking. Denn das Wishful Thinking ist der Politstil Habecks: sich eine perfekte Welt vorstellen und dann denken, diesen Zustand durch reines Wünschen erreichen zu können.

Doch Habecks Unfähigkeit ist hier nicht das Thema. Die ist hinlänglich bekannt. Spannender ist schon eher die Befragung der Anwohner im brandenburgischen Grünheide. Dort will Tesla sein Werk massiv ausbauen. Allerdings haben sich die Anwohner in einer Bürgerbefragung deutlich gegen diesen Plan ausgesprochen. Obwohl Tesla noch eine Kita und Zufahrtstraße aufs Paket obendrauf gelegt hat.

Habecks Wirtschafts-"Prognose"
Während die Brandenburger auf weiteren Wohlstand verzichten, verzichtet der deutsche Fußball auf einen Investor. Mit dem wollte die DFL die strukturellen Defizite des deutschen Fußballs ausgleichen, der finanziell zunehmend vom englischen Fußball abgehängt wird. Doch die „Ultras“ haben sich dagegen gewehrt. Die Anhänger des VfL Wolfsburg, der TSG Hoffenheim und von Bayer Leverkusen wollen keine Kommerzialisierung ihres Sports. Sie warfen Gegenstände auf die Spielfläche, um so die jeweilige Partie zu unterbrechen. Linke Träumer, die ihre widersprüchlichen Ideen mit Gewalt durchsetzen wollen? Richtig, das hat niemand unterbunden und dem wird jetzt nachgegeben. Deutschland 2024.

Der deutsche Fußball bleibt im Vergleich zu England finanziell rückständig. Allerdings ist es nun wirklich das geringste Problem des Landes, wenn ein paar verwöhnte, aber talentierte Kicker künftig in Liverpool und Manchester statt in Leverkusen und München spielen. Nur die Haltung dahinter ist bezeichnend: Zu glauben, man könne Fußball organisieren wie einst bei Altona 93 mit Bratwurst und ein paar handverlesenen Zuschauern am Spielfeldrand – und gleichzeitig international mithalten… Wishful Thinking ist in Deutschland nicht dem „Wirtschaftsminister“ vorbehalten. Auch seine Untertanen denken, sie könnten sich eine Welt herbeiwünschen, die ihnen gleicht.

Gewerkschaften wie die GdL oder die IG Metall kämpfen derzeit eher für Verkürzungen der Arbeitszeit statt für mehr Geld. Es ist das Bild eines Landes, das lange alles hatte – und dem sein Wohlstand nun langweilig wird. Wenn man daheimbleibt, kommt der schon von alleine. Wobei staatliche und staatsnahe Medien das ihren Zuschauern und Lesern auch vermitteln und der Staat selbst mit seiner Politik dafür sorgt, dass der anstrengungslose Wohlstand in Deutschland eine Art Realität ist. Zumindest in seiner Negierung:

Wer in Vollzeit arbeitet und seine Abzüge genau studiert, merkt bald, dass weniger Arbeit ihm finanziell gar nicht so sehr schadet. Das liegt an der steilen Progression in Deutschland. Je mehr jemand arbeitet, desto mehr Steuern zahlt er. Den fünften Tag der Woche oder die vierte Woche im Monat geht der deutsche Arbeitnehmer fast nur noch für den Staat arbeiten, der das Geld dann an NGOs und Empfänger von Bürgergeld verteilt oder Radwege in Peru damit baut. Der Gedanke, am fünften Tag der Woche daheim zu bleiben, ist da durchaus sinnvoll.

Habecks Wirtschafts-"Prognose"
Auf einer individuellen Ebene. Gesellschaftlich können wir uns das nicht mehr leisten. Das von Habeck notorisch falsch eingeschätzte und systematisch überschätzte Wachstum der Wirtschaft ist abstrakt. Real sind andere Meldungen: die Insolvenzwelle der Krankenhäuser. Die permanent steigenden Beiträge für Pflegeheime, die dennoch nicht verhindern, dass auch die Heime von einer Insolvenzwelle betroffen sind. Eine steigende Zahl von Insolvenzen in der gesamten Wirtschaft. Und immer mehr Privatleute, die sich Miete und Lebensmittel nicht mehr leisten können.

Unter der Ampel gab es trotzdem ein Wirtschaftswachstum. Im öffentlichen Dienst. Der verdankt der Ampel einen massiven Stellenaufwuchs. Alleine 2022 ein Zuwachs von 2,1 Prozent laut Destatis. Die von der Ampel fürsorglich gepamperten NGOs sind da nicht mitgerechnet. Der öffentliche Dienst hat auch eine der wichtigsten Wählergruppen für die Kanzlerpartei SPD gestellt. Und der öffentliche Dienst, samt Staatsfernsehen und Transferempfängern bestimmt das wirtschaftliche Denken in Deutschland: Der Wohlstand kommt vom Staat, der bezahlt pünktlich einmal im Monat, Fabriken braucht man daher nicht. Umso weniger, desto weniger Arbeit. Das Geld kommt ja pünktlich. Wer das für eine übertriebene Zuspitzung hält, soll sich die „Eliten“ in Deutschland anhören. Etwa die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Die glaubt, dass sie ihre Bezüge mit den Steuern auf ihre Bezüge finanziert.

Nicht nur Habeck hat lange ein falsches, zu positives Bild von der Wirtschaft gemalt. Die staatlichen und staatsnahen Medien haben ihn dabei fleißig unterstützt. Immer in dem Glauben, dass man nur lange genug etwas behaupten muss, damit es wahr wird. Wishful Thinking. Nur sichert das keinen Wohlstand. Es steht eher der Erkenntnis im Weg, dass die Deutschen für ihren Wohlstand irgendwann wieder arbeiten müssen. Alle Deutschen. Zig Millionen tun das jetzt schon hart und zuverlässig, halten den Laden am Laufen und finanzieren so die NGOs, Politikwissenschaftlicher in der Politik und Wohltats-Phantasien der Ampel mit. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen, das kann auf Dauer nicht gut gehen und es dauert nicht mehr lang, bis das nicht mehr gut geht.